Line 6 StageScape M20d Test

PRAXIS

Bevor wir ans Eingemachte gehen, sollte man sich zunächst einmal die Zielsetzung dieses Produkts vor Augen halten, die auf der Website von Line6 recht selbstbewusst ausgerufen wird. Nämlich dem tontechnisch nur mit Rumpfwissen ausgestatteten Musiker eine Gerätschaft an die Hand zu geben, mit der man in der Lage ist, auch ohne einen Funken Ahnung von Raummoden, Frequenzverhalten und Zero-Gain-Setups einen amtlichen Sound auf die Bühne und ins Publikum zu bringen. Das gesagt, betrete ich den Setup-Modus, wo man die Mischung in visueller Form einrichtet. In die zunächst leere Bühne (Stage) „zieht“ man aus der im unteren Displaybereich befindlichen „Stage Icon Gallery“ Symbole, zum Beispiel „Female Lead“, „Bass Direct“ oder „Acoustic Miced“. Dies hat zur Folge, dass in diesem Kanal eine Insert-Effektkette eingespeist wird, die für eine weibliche Leadstimme passende Effekte und Parameter enthält. Ein kleiner Hinweis noch: Trotz verschiedener Experimente mit unterschiedlichen Belichtungen ist es und nicht geglückt, das Display annähernd so definiert auf den Lichtsensorchip zu bannen, wie es einem in Wirklichkeit entgegen strahlt. Haltet also bei den folgenden Bildern im Hinterkopf, dass es am Display des M20d noch ein ganzes Stück weit knackiger aussieht.

Line6 StageScape M20d: Fast wie im echten Leben: Am Anfang ist die Bühne noch leer (und gefegt).
Line6 StageScape M20d: Fast wie im echten Leben: Am Anfang ist die Bühne noch leer (und gefegt).

Man kann auch einen anderen Weg gehen, indem man nämlich beispielsweise in Mikrofoneingang 2 ein Kabel einsteckt, woraufhin auf der virtuellen Bühne ein Mikrofonsymbol entsteht. Diesem Kanal 2 kann man wiederum ein Symbol zuordnen, das entsprechend sinnvolle Parameter, zum Beispiel für eine Snare bereithält. Alle Eingänge registrieren, ob und was für ein Kabel eingesteckt ist, was in der Main Toolbar des Setup Modes am oberen Bildschirmrand visualisiert wird. Dort kann einem Objekt durch Antippen (und anschließendem Antippen des gewünschten Eingangs) auch manuell eine Eingangsbuchse zugewiesen werden.

Line6 StageScape M20d: Schon ein bisschen wie Zauberei: Der M20d erkennt nicht nur den Steckertyp, sondern warnt durch gelbes Einfärben auch, wenn Kanäle zwar zugewiesen sind, aber kein Kabel steckt.
Line6 StageScape M20d: Schon ein bisschen wie Zauberei: Der M20d erkennt nicht nur den Steckertyp, sondern warnt durch gelbes Einfärben auch, wenn Kanäle zwar zugewiesen sind, aber kein Kabel steckt.

Auch sonst zeigt sich der M20d als überaus hilfsbereiter Zeitgenosse. Steckt man etwa an zwei aufeinanderfolgende Line-Eingänge einen Klinkenstecker ein, fragt er höflich, ob diese als Stereo-Paar zusammengefasst werden sollen – sehr schön.
Parallel zum Icon auf der Bühne entsteht am unteren Displayrand ein Controller-Strip, der den Namen (auch frei wählbar), das Symbol, den Stand des virtuellen Kanal-Faders und ein Ausgangs-Levelmeter sowie Solo- oder Mute-Schalter beinhaltet. Schalten wir nun durch Druck auf die entsprechende Hardware-Taste in den Performance Mode, wird’s übersichtlicher. Die „Stage Icon Gallery“ verschwindet und es kann nicht mehr etwas aus Versehen konfiguriert oder verschoben werden. Dieses ist der Misch-Modus. Die Encoder sind standardmäßig der Kanallautstärke zugewiesen, können aber mit zwei Fingertips in der Main Toolbar auf beispielsweise Gain oder FX-Send A umgeschaltet werden. Die Bearbeitung der Kanalsignale erfolgt im Tweak Mode, der durch Drücken des entsprechenden Hardware-Tasters oder (und das ist in der Praxis ziemlich schick) durch Doppelklicken des entsprechenden Encoders aktiviert wird. Man spart sich so das Auswählen durch Antippen des gewünschten Kanals auf dem Display.

Line6 StageScape M20d: Der Performance-Modus.
Line6 StageScape M20d: Der Performance-Modus.

Das ganze Prinzip dürfte einem gestandenen Saaltechniker anfänglich sicherlich komplizierter vorkommen als die gute alte, durchnummerierte Patchbay und es braucht unter Garantie seine Zeit, bis man mit der aufmerksamen Eingangsmatrix „auf Du und Du“ ist. Für Musiker, bei denen sich gedanklich noch keine über Jahrzehnte gewachsene Routine eingeschleift hat – wir erinnern uns an den Anfang dieses Abschnitts, wo es darum ging, dass sich der M20d auch an völlige Laien richtet – bietet das System allerdings unbestreitbare Vorteile.
Ich kam beispielsweise aus dem Stehgreif nicht ansatzweise darauf, wie man eine Subgruppe bildet, ein Arbeitsschritt, der mir an 99,1 Prozent aller Standard-Konsolen auch ohne Konsultation des Handbuchs gelingt. Nicht so beim M20d. Denn hier ist das Vorgehen, im Setup-Modus einen unbelegten Encoder doppelt zu drücken, woraufhin sich ein Untermenü öffnet, in dem sich alle zusammen zu fassenden Kanäle höchst komfortabel auswählen lassen. Sehr schick, wenn man weiß, wie’s geht.
Besonders sinnvoll wird die bildliche Darstellung vor allem dann, wenn man Monitore hinzufügt, da jetzt schön veranschaulicht wird, welches Signal auf welchen Monitor geleitet wird.
Die Symbole auf der Bühne können dabei beliebig angeordnet und sowohl einzeln als auch zusammen in ihrer Größe verändert werden. Sogar für die Stage selbst hat man die freie Auswahl. Geboten wird hier ein ganzes Arsenal von Bildern, das von einem schlichten grauen Raum, über diverse Bühnen bis hin zu Stonehenge reicht – eine Auswirkung auf das klangliche Geschehen hat dies allerdings nicht.

Fotostrecke: 3 Bilder Line6 StageScape M20d: Subgruppen bilden – nicht einfach als das, wenn man weiß, wie’s geht.

Wirklich spannend wird es dagegen, wenn man L6-Link-kompatible Lautsprecher an den integrierten Digital-Bus klemmt. Ist dies geschehen, vergibt der M20d automatisch eine laufende Nummer zur eindeutigen Identifikation, die auch automatisch am Speaker erscheint. Mehr noch: Sobald der Lautsprecher in Betrieb ist (in unserem Test der L3t), wird ein grafischer 31-Band-EQ aktiv und kann zur Klangentzerrung herangezogen werden.

Fotostrecke: 2 Bilder Line6 StageScape M20d: Verdammt schick: L6-Link-kompatible Lautsprecher nummerieren sich automatisch durch.

Quick Tweak
In der Grundeinstellung landet man beim Betätigen des Tweak-Tasters im sogenannten Quick-Tweak-Modus. Auch hier versuchen die Line6-er ihr Versprechen einzulösen, dem Laien eine besonders einfache Art der Klanggestaltung zu ermöglichen: Über ein XY-Pad steuert man nämlich gleich mehrere Parameter auf einmal, wobei die Attribute der Klangänderungen, die in den vier Ecken des Pads beheimatet sind, keine technischen, sondern alltagsgebräuchliche Begriffe wie „Clarity“, „Air“ oder „Punch“ umfassen. 

Line6 StageScape M20d: Mal was ganz anderes: „Basekick-EQ-ing“ mit Attributen.
Line6 StageScape M20d: Mal was ganz anderes: „Basekick-EQ-ing“ mit Attributen.

An dieser Stelle rüffele ich, dass der M20d (derzeit noch – denn via Software-Update dürften durchaus Lokalisierungen möglich sein) komplett monolingual an den Start geht. Sprich, wer kein Englisch versteht, hat eben Pech gehabt. Schade eigentlich. Aber legen wir den Finger – im Wortsinn – mal auf eine kurze Vocal-Spur. Wer sich wundert, warum kein Finger zu sehen ist: Ich habe die Bearbeitung vom iPad aus vorgenommen und die entsprechende Seite im M20d geöffnet, damit meine Hand nicht das Bild verdeckt. Ja, man hat manchmal auch helle Momente.

Tatsächlich lässt sich mit der hier angebotenen Methode relativ spielerisch zu einem durchaus gut klingen Ergebnis gelangen. Basis für die jeweiligen Soundänderungen ist der zuvor ausgewählte Parametersatz, der durch das im Setup-Modus gewählte Preset vorgegeben ist. Ein Blick in den Deep-Tweak-Bildschirm zeigt, dass auch in der Neutralstellung bereits eine instrumentenspezifische Frequenzbearbeitung stattfindet. So senkt der EQ in der Einstellung „Female Lead“ den Bereich um 350 und 2700 Hz um knapp vier dB ab. Regelt man von da aus in die Maximalbereiche des jeweiligen Klangattributes wie beispielsweise „Clarity“, gibt das Preset bis zu zehn dB Schub in einzelnen Bändern (im Fall von „Clarity“ bei 5238 Hz). 
Im Ergebnis erreicht man in den meisten Fällen tatsächlich die gewünschte klangliche Färbung. Und auch wenn irgendwas in meiner Magengegend vernehmlich grummelt, dass ich irgendwann mal gelernt habe, mich auf nichts anderes als meine Ohren zu verlassen: Es gibt nun einmal auch Erfahrungswerte, was dem Klang „in der Regel“ gut tut (und Ausnahmen bestätigen eben diese) und die werden hier sinnvoll zum Einsatz gebracht. Das Prinzip zieht sich durch alle Klangmodule, so auch durch die Dynamiksektion. Werfen wir also zum Abschluss noch einen Blick und ein Ohr auf die Bearbeitung des Schlagwerks.

Fotostrecke: 5 Bilder Line 6 StageScape M20d: Auch in der Neutralstellung erfolgt bereits eine Klangbearbeitung

Deep Tweak
Wem das alles nicht zusagt, der wählt den Deep-Tweak-Modus, wodurch einem augenblicklich die ganze Pracht der Klangchirurgie zur Verfügung steht. Links ist dargestellt, welche Instanzen das Signal von oben nach unten durchläuft, gefolgt von Ausspielwegen für Monitor und Send-Effekten.
Den Anfang machen der Gain-Regler und die Auto-Trim-Funktion (beides nicht für Kanal 17 und 18 – also dem Miniklinken-Eingang), ein bis 300 Hz durchstimmbares Hochpassfilter und – bei XLR-Belegung – ein Phasen-Inverter sowie die zwölfbandige Feedback-Unterdrückung. Diese ist vom potenten Vocal auf einen etwas weniger aggressiven Algorithmus umschaltbar, der hilft, Falschkorrekturen (wie beispielsweise stehende Töne eines Gitarrensolos) zu vermeiden. Wer die Auto-Trim-Funktion, sei es aus Gewohnheit oder Misstrauen gegenüber Automatik-Funktionen, nicht bemühen möchte, dem hilft die Input-Level-Anzeige. Zugegeben, hilfreich ist die Funktion in jedem Fall und pegelt jeden Kanal auf einen brauchbaren Arbeitslevel. Auch die gleichzeitige Analyse aller Eingangskanäle ist möglich abhängig vom Eingangsspitzenpegel. Man kann also hingehen, die Band verkabeln und sagen „so Leute, jetzt lasst mal eine Minute lang die Hölle losbrechen“ und erhält eine „sichere“ Ausgangsbasis, um von da aus feinzupegeln. Dabei ist so viel Vorsicht gar nicht erforderlich, denn die sehr rauscharmen Preamps, die ohne werbewirksamen Namen auskommen, erweisen sich als extrem übersteuerungsfest und verzeihen einem so einiges. 

Line6 StageScape M20d: Der M20d kann das Autotrimming auf allen Kanälen gleichzeitig ausführen.
Line6 StageScape M20d: Der M20d kann das Autotrimming auf allen Kanälen gleichzeitig ausführen.

Die sich nach unten anschließenden Effekte werden durch Tippen auf das jeweilige Kästchen getweakt. Zur Auswahl stehen: Noise Gate, Deesser, Kompressor, Multibandkompressor, Limiter, dynamischer EQ, 3-Band-EQ (Mittenband vollparametrisch, Seitenbänder mit Shelving-Charakteristik), 4-Band-EQ (zweimal vollparametrisch plus zweimal Kuhschwanzenden), 6-Band-EQ (vier vollparametrische Bände plus Shelving-Seitenbändern), Sub Boost, Chorus, Flanger, Megaphon und Monodelay – da kann man schon ordentlich Alarm mit machen. Negativ fiel auf, dass die Bedienung im Deep-Tweak-Modus stellenweise etwas träge von den Fingern geht. Besonders im 6-Band-EQ-Modus, der mit seinem schicken, aber wohl offenbar recht DSP-intensiven Echtzeit-Frequenz-Analyzer aufwartet, gönnt sich die Anzeige zwischendrin mal einige Millisekunden Bedenkzeit, bevor sie zur nächsten Fingerposition gleitet. Wir gehen davon aus, dass hier sicherlich noch Optimierungen möglich sind und über Firmware-Updates erfolgen werden. Fairerweise muss man anmerken, dass wir eines der ersten Testgeräte mit der noch taufrischen 1.0er Version unter den Fingern hatten.

Den Insert-Effekten folgen die Aux-Ausspielungen. Zunächst die Monitorwege. Hier wird festgelegt, ob das Signal Pre- oder Post-Fader abgegriffen werden soll. Die Grundeinstellung ist Post, was bei einer Verwendung als physikalischer Ausgang, beispielsweise für das externe Lieblingseffektgerät natürlich sinnvoll ist. Für einen klassischen, unabhängigen Monitormix würde man hingegen auf Pre, hier „unlink“ genannt, schalten. Getweakt werden hier ferner die Parameter der Monitor-Effektkette, die aus Highpass-Filter, 6-Band-EQ, Limiter und bei Verwendung des L6 Link-Anschlusses, einem 30-Band-Grafik-Equalizer bestehen. Der 6-Band-EQ steht auch hier wieder im Quick-Tweak-Modus, also mit XY-Pad zu Verfügung. Auch die Gesamtlautstärke des Monitorwegs und der Send-Level des Kanals können hier „im Vorbeigehen“ bestimmt werden.

Fotostrecke: 3 Bilder Line6 StageScape M20d: Der vollparametrische 6-Band-EQ in ganzer Pracht. Besonders hübsch: der Echtzeit-Frequenz-Analyzer. Leider reagiert dieses Plug-in stellenweise etwas träge.

Es folgen die Effektwege, Global FX genannt. Global FX beinhaltet vier eigenständige Effektsektionen. Die ersten beiden Abteilungen entsprechen zwei unterschiedlichen Hallgeräten. Gut mitgedacht, denn Lead-Vocals und Snare beispielsweise teilen sich ungern denselben Hall.
Weiter geht es mit einer Modulations-Effekteinheit und einem Delay-Gerät. In allen FX-Einheiten lassen sich Presets auswählen, deren Parameter wiederum mit einem Antippen des Tweak-Kästchens genauer bearbeitet werden können. Dies geschieht auch hier wieder im Quick-Tweak- oder im Deep-Tweak-Modus.

Fotostrecke: 2 Bilder Line6 StageScape M20d: Die Global FX-Sektion.

In den Bereichen Global FX A Vokal Reverb und Global FX B Basic Reverb stehen ausreichend Presets zu Verfügung, um jeglichen Live-Bedarf zu decken. Global FX C Modulation bietet Chorus, Flanger, Doubler und Four Voices, mit denen sich der Sound schön in die Breite ziehen lässt. Global FX D Delay bietet Analog Delay, Filter Delay, Rockabilly Slap und Stereo Delay. Eine vollständige Auswahl, aber wo ist die Tap-Tempo-Taste? Wie schon beim Mono-Delay in den Inserts fehlt auch hier eine Synchronisationshilfe mittels Einklopfens (ein Fauxpas, das wir übrigens bereits am Mackie gerügt haben). Das geht ehrlich gesagt gar nicht, zumal zwei Footcontroller, sowohl Taster und auch Schalter, anschließbar sind, die aber mit anderen Aufgaben betraut werden. So schaltet man zum Beispiel mit dem einen von einer Szene zur nächsten, während man mit dem anderen, bei den Ansagen zwischen den Stücken, alle Effekte stumm schaltet. Oder man springt zum nächsten Track auf dem Media Player und durchläuft mit dem zweiten eine Aufnahmeroutine des 20-Kanal-Samplers (Quick Capture), auf den wir noch kommen werden. Klanglich konnte uns die Sektion bestens gefallen – hier merkt man einfach, dass Line6 schon eine ganze Menge Erfahrung in der Programmierung aufwändiger und gutklingender DSP-Algorithmen gesammelt haben. Besonders der kritische Bereich der Vocal-Verhallung wurde klanglich bestens gelöst: Durch die Bank klingen die Presets schön dicht, breit und reagieren ausgesprochen musikalisch auf die ihnen zugeführten Rohsignale. Hören wir dazu einmal in eine Auswahl von Vocal-Effekten rein.
Unterhalb der Global FX befinden sich Felder für Mute und PFL, was recht schön ist, da man im Performance Mode nur auf eins von beiden direkt zugreifen kann, je nachdem, was man in der Main-Toolbar ausgewählt hat, ein Kompromiss zugunsten der Übersichtlichkeit. Es folgen noch Pan- und Level-Anzeigen, die grundsätzlich den darunter angeordneten Encodern zugeordnet sind, sodass man auf diese Parameter immer und fortwährend an der gleichen Stelle Zugriff hat. So, genug getweakt, wir wollen was hören!

Audio Samples
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Der Four-Voice Doubler in Aktion (hier in einer sehr extremen Einstellung)

Monitoring
Wie eminent wichtig die Kontrolle über den eigenen Sound, aber auch das (proportional angemessene) Lauschen auf die Klänge seiner Mitspieler für das exakte Zusammenspiel ist, weiß jeder, der schon einmal auf einer Matschsound-Bühne gespielt hat. Um dieses zu erreichen, muss der klangverantwortliche Tonmensch in erster Linie genau wissen, was er tut. Besonders die gedankliche Transferleistung zwischen Instrumenten-Kanal und Aux-Weg-Zuordnung der betreffenden Monitor-Box (ah, auf Kanal 8 liegt der Bass, der Monitor des Bassisten liegt auf dem Aux 3) ist für viele Tonneulinge ein echtes Problem. Um die Übersicht zu bewahren, bietet der StageScape einen eignen Monitor Mode. Zu ihm gelangt man wieder durch Druck auf den entsprechenden Hardware-Taster. Es ist möglich, aus dem Performance-Modus den Monitor Send für jeden Weg im jeweils ausgewählten Kanal zu bestimmen (dies geschieht über die Auswahl des Encoder Assigns in der Main Toolbar – auch der im Tweak-Mode beschriebene Weg ist machbar). Jedoch bietet ein Umschalten in den dezidierten Modus deutlich mehr Übersichtlichkeit. Hier tippt man nämlich einfach am Bildschirm den Monitor an, dem man ein Signal zuflanken möchte, woraufhin sich um ihn ein Leuchtkreis dreht. Dann tippt man das entsprechende Bühnen-Symbol an, das als Signalquelle dienen soll, dreht am Encoder und augenblicklich machen sich virtuelle Klangpartikel auf den Weg zum ausgewählten Lautsprecher – fantastisch. Nachdem der Wunsch nach „mehr Gitarre für Wolfgang“ befriedigt worden ist, geht’s mit einem Druck auf Performance Mode weiter im Misch-Geschäft. „Aber ich will Hall“, schreit Theo „und dem Gert sein Delay“. Kein Problem, einmal drücken, zweimal tippen, zweimal drehen, fertig.

Line6 StageScape M20d: Monitor-Mischung via virtueller Quellen-Pfade – das ist nicht nur optisch ein Schmankerl, sondern ist auch praktisch bestechend übersichtlich.
Line6 StageScape M20d: Monitor-Mischung via virtueller Quellen-Pfade – das ist nicht nur optisch ein Schmankerl, sondern ist auch praktisch bestechend übersichtlich.

Bleibt noch der Record Mode, dessen Mehrspuraufnahme-Möglichkeiten wir im Intro schon weitestgehend abgefrühstückt haben. Eine Funktion jedoch noch nicht und die hat’s in sich.
Quick Capture
Folgendes Szenario: Die Band kommt (wieder mal) eine Stunde und sechseinhalb Minuten zu spät am Veranstaltungsort an und vom Essen reden sie auch noch die ganze Zeit. Der Saal ist schon halb voll und in einer halben Stunde muss der Sound sitzen. Kurze Blindflug-Monitor-Voreinstellung, Drumfill, Refrain und keine 30 Sekunden später zeigt der FOH-Daumen hoch und die Band darf sich bereits im Backstage-Bereich umziehen. Was ist passiert? Der Klangverantwortliche kannte den richtigen Knopf. Quick Capture stand da drauf und der macht in nicht weniger als eine 20 Sekunden dauernde 20-Kanal-Aufnahme in den internen Speicher des M20d und spielt diese über die zugehörigen Kanäle in einer Endlosschleife ab. Die Band kann sich frisch machen und der Engineer schraubt in der Zwischenzeit in aller Ruhe über Kopfhörer am Megasound – sehr schick!
Mackie vs. Line6
Eine kleine Seitenbetrachtung, die mit dem eigentlichen Test nur am Rande etwas zu tun hat, möchten wir kurz vor dem Fazit noch anstellen. Nämlich ein paar Überlegungen zu verschriftlichen, die vielleicht als Anregung für all jene Leser dienen können, die sich völlig verzweifelt fragen, ob sie ihr hart erspieltes Band-Budget nun in einen Mackie DL1608 oder einen Line6 SoundScape M20d investieren sollen. Nun, erstmal: Beide Konzepte sind sehr unterschiedlich und dennoch können beide Geräte in jedem Fall dabei helfen, den Soundcheck dramatisch zu verkürzen, weniger Equipment durch die Gegend kutschieren zu müssen und Konzerte konsistenter – also mit gleichbleibendem Sound – spielen zu können. Auch sind mit beiden Mischern radikale Soundwechsel innerhalb eines Konzerts möglich, die mit klassischem Analog-Equipment kaum zu realisieren wären. Der M20d ist dabei so etwas wie die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“, die rein von der schlichten Vielfalt der Plug-ins (ich nenne die Klanggestaltungsmodule wie Equalizer oder Dynamik an dieser Stelle einfach mal so) den Mackie locker abledert. Auch das einsteigerfreundliche Konzept muss man – gerade als Nicht-Tontechniker – ganz klar auf der Habenseite buchen. Das gilt wohlgemerkt für diese Käufergruppe, erfahrene Engineers dürfte es wohl eher abschrecken. Entsprechend wirkt der Mackie weitaus weniger verspielt oder anders gesagt: aufgeräumter. Und das ist auch am Bildschirm sichtbar und findet seine Entsprechung in der Bedienung. Egal, welche Seite oder welches Modul man beim Mackie aufruft, alles wird flüssig dargestellt und die Navigation geht einem innerhalb kürzester Zeit leicht von der Hand. Anders der Deep-Tweak-Modus des Line6: Hier finden sich zwar weitaus mehr Stellschrauben zur Klanggestaltung, die Darstellung und auch die virtuelle Haptik wirken dann aber stellenweise doch so, als ob die integrierten DSPs alle Register voll zu tun haben, die aufwändige Wellenformdarstellung zu rendern. Nicht zu vergessen dagegen die Tatsache, dass der M20d auch als vollwertiges 20-Kanal-Recording-System eingesetzt werden kann. Die komplette Tour Abend für Abend mitschneiden und am Ende ein Live-Album aus den besten Gigs zusammenschneiden? Kein Problem. In ihrer ganzen Bedienlogik trennen die beiden Digitalmischer am Ende tatsächlich Welten: Hier (am M20d) eine die realen Gegebenheiten wirklichkeitsgetreu abbildende „Stage“ mit unzähligen halbautomatischen Hilfestellungen, um das Verkabeln und Mischen zu vereinfachen. Dort (am DL1608) ein einfach zu bedienendes virtuelles Mischpult mit einer klugen Aux-Weg-Steuerung. Gelernte Tontechniker könnten wohl das Letztgenannte als vertrauter und entsprechend zugänglicher empfinden. Laien, aber auch Technik-affine Musiker gleichermaßen, werden vielleicht eher dem spielerischen Gedanken hinter dem Line6-Gerät folgen wollen. Dies nur als kleine, durchaus subjektive Betrachtung. Das intensive Antesten und die Entscheidung, welcher Ansatz einem am Ende mehr liegt, können wir euch nun mal nicht abnehmen.

Fotostrecke: 2 Bilder Line6 StageScape M20d: Virtuelle Stage beim M20d.
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