STFJ SynthPond Test

Details

SynthPond liegt ein innovatives Sequencing-Konzept zugrunde, nicht wie gewohnt eines mit linearem Zeitlinear, sondern eines mit einer zweidimensionalen Fläche als Leerdokument, auf der mit einfachem Fingerdruck kleine Punkte (“Nodes”) eingefügt werden können. Als “Afflecter” senden diese in zwei wählbaren Grundrhythmen (jeder Schlag oder jeder zweite Schlag im gewählten Tempo) Wellen aus, die daraufhin “Reactor”-Elemente anregen. Zudem erzeugt jeder Afflecter ebenfalls beim Aussenden einen Ton, jeder einmal getriggerte Reflector sendet wiederum eigene Wellen aus.

Die Reaktoren erzeugen einen sinusähnlichen Ton, dessen Lautstärke und Abklingen von der Entfernung zum Wellen aussendenden Afflekter abhängig ist – mit der Entfernung nehmen beide Parameter ab. Alle Wellen haben im Pond eine begrenzte Lebensdauer: Sind zwei Nodes weit genug voneinander entfernt, beeinflussen sie sich nicht. Bei beiden Arten von Nodes öffnet sich mit einer längeren Berührung eine Seite, auf der Einstellungen vorgenommen werden können. Hier lassen sich beispielsweise mit Farben codiert die jeweiligen Tonhöhen eingeben – „chromatisch“ im wahren Sinne des Wortes! Außerdem kann hier mit “Color Sequence” jede Node eine eigene Sequenz spielen. Es ist dadurch möglich, eine Reihenfolge von bis zu 20 Tonhöhen (= Farben) wiederzugeben. Pausen sind per “Rest” ebenfalls möglich, andere Rhythmen als die beiden eingangs beschriebenen jedoch nicht. “Al-le mei-ne Ent-chen” wird sich also nur bis zu “Ent-” programmieren lassen, denn diese Silbe wird bekanntlich mit einer doppelt so langen Zählzeit gesungen und gespielt wie ihre Vorgänger. Allerdings können die Afflecter auch mit einer einfachen Berührung manuell getriggert werden. Um aber etwas mehr Bewegung in die ganze Chose zu bringen, kann für jede Node das “Orbiting” aktiviert werden. Zu diesem Zweck kann eine weitere Node ausgewählt werden, um die fortan gegen den Uhrzeigersinn gekreist werden soll. Das funktioniert auch dann, wenn diese Node selbst als “Planet” eine andere “Sonne” umkreist, so dass schon mit drei Einheiten sehr vielschichtige Bewegungen möglich sind.

Wenn man sich jetzt noch vor Augen hält, dass es natürlich nicht nur ein Afflecter-Reactor-Pärchen gibt, sondern dass Reflektoren auf sämtliche sie berührende Wellen reagieren, kann man sich vorstellen, dass mit nur sechs oder sieben Nodes schon äußerst komplexe Soundscapes möglich sein werden (zumal man alle Nodes immer auch frei verschieben kann). Und das kleine App kann noch viel mehr! So ist ein 3D-Sound-Modus wählbar, bei dem Spatial-Effekte zum Einsatz kommen. Das kleine Kreuz im Zentrum der Kreise auf der Grundfläche bezeichnet den Hörer (der übrigens verschoben werden kann). Was sich links von dem Hörer befindet, wird auch dort geortet. Was sich auf dem Screen unter dem Zeichen befindet, wird hinter ihm geortet, was darüber ist, wird vorne geortet. Dies ist keine Hexerei und auch keine Erfindung des Programmierers, sondern schon lange eine bekannte Technik. Wir Menschen haben unter anderem durch die Form unserer Ohrmuscheln eine so genannte “Vorne-Hinten-Ortung” (sogar eine “Oben-Unten-Ortung!”). Die spezifischen Verzerrungen durch unsere Muscheln können nachgeahmt werden und erzeugen dabei diesen Eindruck. Im 3D-Modus spielt zudem die Entfernung eines Schallereignisses vom Hörort eine Rolle – wie in der Wirklichkeit auch. Wenn man nun kleinlich wäre, müsste man sagen, dass der 3D-Modus genaugenommen nur zweidimensional ist, da die Median-Ebene (“oben/unten”) dort fehlt. Es gibt in SynthPond außerdem einen 4D-Modus, bei dem nicht wirklich eine weitere Dimension eröffnet wird, sondern die Wellen als Schallquelle durch den Hörer hindurch fliegen. So richtig advanced ist dann folgende Spielform: Im 3D- und im 4D-Modus kann zudem ein “Pitch Vector” kreiert werden, der in Pfeilrichtung liegende Töne nach oben moduliert, auf der Gegenseite liegende nach unten. Außerdem lässt sich die Stärke und Richtung in Echtzeit einstellen. Doppler-Effekt für Fortgeschrittene! Für alle diese Ortungsspäße ist es allerdings mehr als sinnvoll, mit einem Kopfhörer zu arbeiten.

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