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STAX SRS-2050 Test

Praxis

Verwendungszweck

Bei den STAX-Modellen der Lambda-Serie handelt es sich um audiophile Kopfhörer in der offenen Bauart. Im Vergleich zu anderen offenen Kopfhörern könnte man den SR-202 als “super-offen” bezeichnen, da kein anderes mir bekanntes Modell (Ausnahme: AKG K1000) die Umgebungsgeräusche derart ungefiltert ans Ohr lässt. Während ich beispielsweise mit meinem AKG K812 bedenkenlos bei geöffneter Studiotür und laufendem Küchenradio eine Etage tiefer arbeiten kann, so empfinde ich mit dem STAX-Kopfhörer diese Geräuschkulisse als störend. Eine gewisse Geräuschdisziplin und “Abhörzeremonie” ist mit dem SR-202 erforderlich. Dafür wird man – soviel vorweg – mit einer erstklassigen Wiedergabe belohnt, die vollkommen zu Recht von audiophilen Musikliebhabern gelobt wird und für Studioanwendungen wie Mix und Mastering uneingeschränkt zu empfehlen ist.

Tragekomfort

Bei einem Gewicht (ohne Kabel) von knapp 300 g ist der STAX SR-202 das Leichtgewicht in unserem Testmarathon, was sich erwartungsgemäß positiv auf den Tragekomfort auswirkt. Unter einem angenehm ausbalancierten Anpressdruck umschließen die Ohrpolster aus Kunstleder meine Ohren optimal und auch das unterhalb des Bügels freiliegende Kopfband ist eine ausgesprochen komfortable Lösung, wie man sie auch bei einigen AKG-Kopfhörern, wie beispielsweise dem K812 vorfindet. Einen aufliegenden Kopfbügel, dessen Form nicht der Kopfform entspricht, kann man noch so gut polstern, irgendwann fängt er an zu drücken, was beim STAX-Kopfhörer nicht der Fall ist. Die Größenanpassung ist beim SR-202 stufenlos einstellbar.

Fotostrecke: 2 Bilder Die großflächigen Ohrpolster des STAX-Kopfhörers.

Klang

Testbedingungen
Im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern unseres Testmarathons “Referenzkopfhörer fürs Studio” fand der Hörtest erwartungsgemäß ausschließlich mit dem im Lieferumfang befindlichen Verstärker SRM-252-II statt.
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix vertrauter Eigen- und Fremdproduktionen über den STAX SR-202 angehört und analysiert.
Der erste Eindruck
Vor Jahren hatte mir bereits ein befreundeter Mastering Engineer einen Kopfhörer von STAX aufgesetzt, allerdings ist mir dies nicht als prägendes Ereignis in Erinnerung geblieben, wobei das Thema Kopfhörer zu dieser Zeit für mich (im Gegensatz zu heute) auch nur von sekundärem Interesse war. Aus heutiger Sicht muss ich sagen, dass ich bisher nur wenig Gleichwertiges gehört habe. Einstiegsmodell hin oder her, der elektrostatische STAX SR-202 setzt die Messlatte für die mir zeitgleich vorliegende dynamische und magnetostatische Konkurrenz unseres Testmarathons sehr hoch!
Frequenzgang
Der STAX-Kopfhörer trifft den Nagel schon ziemlich auf den Kopf. Im direkten Vergleich zur Mehrzahl meiner klanglichen Favoriten mit dynamischen oder magnetostatischen Treibern wirkt der SR-202 etwas heller und klarer, allerdings absolut nicht im Sinne von übertriebenen Höhen, sondern auf eine natürliche Art und Weise, die schwierig in Worte zu fassen ist. Der Elektrostat bietet mehr Information, ohne dass die Wiedergabe anstrengend wirkt – das Gegenteil ist der Fall, ähnlich einer scharfen Brille, mit welcher man die Augen zum Fokussieren nicht angestrengt zusammenkneifen muss. Am gegenüberliegenden Ende des Übertragungsbereichs, dem Bassbereich verhält es sich ähnlich positiv. In der Vergangenheit habe ich in einigen Foren Gerüchte aufgeschnappt, dass elektrostatische Kopfhörer eine Tendenz zum quantitativen “Schwächeln” im Bassbereich aufweisen. Der STAX SR-202 kann hiermit nicht gemeint sein. Er spielt deutlich vernehmbar bis in den Subbereich, der bei manch anderem Kopfhörer lediglich auf dem Datenblatt existiert und gibt den gesamten Bassbereich druckvoll und präzise wieder, sofern das Klangmaterial auch Druck im Bass besitzt – beschönigt wird hier nichts! Die gesamte Frequenzwiedergabe eignet sich hervorragend zum professionellen Agieren und Beurteilen während des Mix- und Masteringprozesses. Im unmittelbaren Vergleich zur hochkarätigen Konkurrenz, beispielsweise dem Sennheiser HD 800 S, ist eine leichte Ausprägung der oberen Mitten zu attestieren, auf welche man sich aber binnen kürzester Zeit “einhört”, womit dieser Frequenzbereich (spätestens im Abgleich mit Referenzproduktionen) problemlos nach professionellen Kriterien bewertbar ist.
Impulsverhalten
Die Impulstreue des STAX SR-202 ist absolut präzise und markiert mit dem HD 800 S die Spitzenposition in unserem Testmarathon. Hier verhält es sich ähnlich wie bei der Frequenzwiedergabe, der Detailreichtum wirkt stets natürlich, exakt und trotzdem unaufdringlich, im Gegensatz zu anderen Modellen, die diesen “Detailreichtum” mit einer Überzeichnung hoher Frequenzen erkaufen. Die Qualität der Impuls- und die Dynamikwiedergabe des STAX-Kopfhörers hebt sich nicht meilenweit von dynamischen und magnetostatischen Spitzenmodellen wie dem Audeze LCD-X und dem überraschend preiswerten HIFIMAN Sundara ab, der hochauflösende SR-202 wirkt in dieser Disziplin aber noch einen Hauch müheloser und leichtfüßiger.
Räumliche Abbildung
Auch hier erreicht der Elektrostat ein herausragendes Resultat und ist für mein Empfinden neben dem Sennheiser HD 800 S einer der wenigen mir bekannten Kopfhörern, welcher dem AKG K812 mindestens ebenbürtig ist. Die Luftigkeit und die natürlich wirkende Bühne kommt der Lautsprecherwiedergabe schon ziemlich nahe, wobei der hardwareseitig nicht zu bewerkstelligende Einsatz einer Crossfeed-Funktion, die lediglich von Kopfhörerverstärkern andere Hersteller angeboten wird, zusätzliche Vorteile schaffen würde. Einzelne Elemente/Instrumente lassen sich aber dennoch präzise orten und auch extreme Pannings wirken noch weitgehend natürlich. Die Tiefenstaffelung und Separierung hintereinanderliegender Mixelemente ist dank der hohen Auflösung der elektrostatischen Wandler hervorragend!

Ein bemerkenswertes Duo – SR-202 und SRM-252II
Ein bemerkenswertes Duo – SR-202 und SRM-252II
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Profilbild von Martin

Martin sagt:

#1 - 16.12.2023 um 06:24 Uhr

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Ich besitze dieses Modell seit 14 Jahren und kann mich dem Urteil weitgehend anschließen. Ich bin nicht beruflich in der Musikproduktion, habe aber doch einiges damit abgemischt und natürlich viel gehört. Ich schiele seit Jahren immer wieder nach vergleichbaren dynamischen Hörern, um mir das Leben einfacher zu machen, bleibe aber doch immer wieder beim Stax hängen. Über Abstimmung kann man sich immer streiten, wo ich aber den Test bestätige ist die Einschätzung des Bassbereichs. Viel ist nicht besser, die Kernfrage ist, wie weit runter es geht. Und ich habe mit noch keinem dynamischen so klar Fehler durch Tritt- oder Griffgeräusche bei Filmtonaufnahmen gehört! Dynamische, auch in der 1000+ € Klasse verwaschen das (natürlich mal mehr mal weniger). Die akustische Lupe wirkt aber auch in anderen Bereichen. Ich mache derzeit noch am häufigsten Choraugnahmen beim Chor meiner Frau. Meist mit geringem Aufwand eines einfachen Stereomikrofonpaars. AIF diesem Stax hört man wunderbar den Raum. Für die Wiedergabe auf durchschnittlichen Lautsprechern oder Kopfhörern mag ich abereist noch etwas Hall hinzufügen. Am Stax kann ich den Hall der Aufnahme extrem präzise nachbauen und kann ihn dann auf einer Durchschnittsabhöre angemessen zu mischen. Soviel zur Lobhudelei. Wo ich nicht mitgehen ist die generelle Eignung zum Mastering. Die Auflösung ist so gut, dass ich sie einfach nicht auf schlechte, oder auch nur schlechtere Alternativabhören (mal nen Shure SE535 im Ohr oder die kleine einfache Hifi-Anlage zu Hause) übersetzen kann. Beispiel: Die letzte Choraufnahme wurde aus Platzgründen nur in näherer Groß-AB mit Niere gemacht. Macht man nicht, klar, ging aber um nix, wird nicht veröffentlicht, nur intern und war einfach nur ein Versuch zur Erfahrungsmehrung. Auch hier bastelte ich nach dem EQ noch erfolgreich etwas Hall nach. Ergebnis relativ zur Aufnahmequalität ok. Auf Durchschnittsabhöre zerfiel alles, Man konnte die Worte nicht mal mehr richtig verstehen, wo der Stax sogar noch Stimmen separieren konnte. Trocken (nur EQ) waren die Stimmen aber auch auf Mistabhören verständlich und ausreichend schön. Diesmal habe ich es mit dem Zusatzhall gelassen. Entweder die Chormitglieder haben gute Abhören und können sich am natürlichen Hall erfreuen oder es klingt halt (für eine Kirche) recht trocken. Hätte ich mich nur auf den Stax verlassen, wäre die Mischung, insbesondere für die Zielgruppe der Chormitglieder, gescheitert. Und das geht mir mit dem Hörer häufig so. Musikhören ist toll. Fehler finden - perfekt, wenn man weiß, wie. In Details verlieren, die kaum jemand sonst hören wird - ein Kinderspiel. Ein Tool für konkrete Aufgaben. Für mich aber kein schweizer Mastering-Taschenmesser.

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