Sontronics STC-1 Test

Praxis

Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die einem zuerst ins Auge fallen. Manchmal sind es auch die kleinen abstehenden Drähte eines Mikrofonkorbs, die einem in die Fingerkuppe pieksen. Unter dem Gesichtspunkt des “Erstkontakts” gesehen ist das eine kleine Katastrophe, insgesamt aber nicht: Wer nicht allzu viel Geld ausgibt, ist eher froh, dass an Verarbeitungskleinigkeiten gespart wird und nicht an klanglich relevanten. Und so finde ich es nicht sonderlich schlimm, dass beim doch recht geringen Paketpreis auch das Innenfutter des Koffers keine handwerkliche Glanzleistung darstellt. Es ist eher der Blick auf den Frequenzgang, der meine Sorgenfurchen zum Auffalten bewegt hat: Ist es bei den STC nicht wie bei eigentlich allen preiswerten Kleinmembranern, dass diese extreme Bell, die so oft um die 10 kHz liegt, verschleiern soll, dass das Air-Band so schwach und das Signal so behäbig ist? Vorgegaukelte Auflösung also auch hier? Ich bin verwundert, als ich die Signale der Nierenkapseln höre, denn einen dieser extremen, plastikmäßigen und unnatürlichen Boosts, die bei manchen Mikrofonen wie aufgesetzt wirken, kann ich nicht ausmachen. Natürlich fehlt es auch den STC etwas an Frische und Luftigkeit, die Auflösung ist nicht sonderlich fein, und das Klangbild ist in den Höhen so wenig grazil wie die äußere Erscheinung der wuchtigen Mikrofone, doch bin ich einigermaßen zufrieden. Die Akustikgitarre als Schallquelle ist diesbezüglich zwar gnadenlos, doch weniger feine Signale wie Schlaginstrumente funktionieren recht ordentlich. Nach weiterem Hineinhören kann ich jedoch ein wenig “Phasigkeit” im Signal ausmachen, welche den Klang weniger hohl und löchrig, sondern eher etwas in Richung “eckig” und “kantig” drückt – außerdem klingen Transienten gelegentlich etwas verschmiert. Wenn ich gerade bezüglich der Optik der Mikrofone von Wuchtigkeit geschrieben habe, dann lässt sich das auf ihren Klangcharakter nicht übertragen. Ich finde sogar eher, dass sie ein wenig mehr Volumen vertragen könnten. Die Filterungen – bei 75 Hz mit deutlich weniger Einfluss auf das Nutzsignal – sind somit eher dann relevant, wenn es gilt, den Nahbesprechungseffekt bei geringem Mikrofonierungsabstand zurückzunehmen. Und wie versprochen sind die beiden großen Mikrofonstäbe auch in der Praxis durchaus pegelfest.

Fotostrecke: 2 Bilder Sontronics STC-1S im Praxistest

Mit Kugelkapseln ausgestattet, macht sich der “kantige” Klang der Mikrofone ebenfalls bemerkbar; tendenziell wirken sie etwas mittig, einen Touch blechern und lassen sogar etwas an Tiefbass vermissen. Das ist erstaunlich für Druckempfänger, die damit konstruktionsbedingt eigentlich keinerlei Problem haben – DE-Kugeln könnten sogar 0 Hz aufzeichnen, wenn das gewünscht wäre. Bei den STC ist dort also entweder die Kapillare zum Druckausgleich zu groß (was ich mir nicht vorstellen kann) oder die Elektronik des Impedanzwandlers ist im Tiefbass schwach aufgestellt. Mit Druckempfängern ausgestattet, hat man zwar nicht das Gefühl, dass die STC-1 den hochwertigeren Vertretern unter den Mikrofonen hinsichtlich von Auflösung und Höhenwiedergabe das Wasser reichen könnten, doch kommt gibt es auch keine gravierenden Probleme wie Verschleifen und Verwaschen: Druckempfängermembranen werden für gewöhnlich sehr straff eingespannt und neigen weniger zum Nachschwingen als bei Gradientenempfängern. Preiswertere Kugeln werden von den Usern wohl eher im Nahbereich von Instrumenten eingesetzt, so dass die Höhenarmut der Sontronics durch den Druckstau-Effekt wieder halbwegs wett gemacht wird. Da die Mikrofone mit einem vernünftigen Pad ausgestattet sind, ist auch nicht zu befürchten, dass die Elektronik zu schnell überfahren wird und die Signale zu clippen beginnen. Das auf der anderen Seite der Pegelskala liegende Rauschen ist generell ok, für sehr verhaltene Signale sind die STC-1 jedoch schlichtweg nicht optimiert worden, wie auch der Kugel-Frequenzgang zeigt.  

Audio Samples
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Sontronics STC-1S Nieren Referenz Schoeps CMC-64 Sontronics STC-1S Kugeln Referenz Schoeps CMC-62 Referenz DPA 4009 Diffusefield-Grid

Die für Kleinmembranen ungewöhnlich große Bauform macht so manche Positionierung nicht leicht. Bei Einzelmikrofonierung und AB-Anordnungen ist das natürlich schnurzpiepe, doch möchte man ein XY oder auch nur ein ORTF bewerkstelligen, stehen sich die fetten Prügel immer etwas selbst im Weg. Dafür wird sie allerdings so mancher richtig schön finden – ob in Schwarz oder im Nickelfinish.  

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