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Rane Sixty One Test

PRAXIS

Bevor ich beim Sixty One auf den Power-Knopf drücke, installiere ich erst einmal Scratch Live 2.4.0. von der mitgelieferten CD auf mein MacBook (2,4 GHz Intel Core 2 Duo, Mac OS X 10.5.8). Mit wenigen Klick ist die „weiche Ware“ startklar. Wer´s noch nicht kennt: Scratch Live ist eine bewährte Dual-Deck DVS-Software aus dem Hause Serato, die mit diversen Plugins ausgestattet ist. Zum Beispiel DJ-FX, Video, SP6-Sample-Player oder auch The Bridge. Über dieses System könnte ich viele Seiten niederschreiben, doch erstens würde das den Rahmen dieses Tests sprengen und zweitens haben wir uns mit der Materie schon ausgiebig auseinandergesetzt, wie ihr hier nachlesen könnt. Dennoch möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass die Software Video-SL nicht mehr unterstützt wird. Video-SL wird durch Serato-Video ersetzt, das Video-SL-User als kostenloses Update downloaden und mit den Mixern Sixty One und Sixty Two verwenden können. 
Zurück zur Hardware: Nachdem ich die Stromzufuhr des Sixty One aktiviert habe, leuchten zunächst einmal alle Tasten für einen Moment hell auf. Und die bereits geöffnete Scratch Live Software meines MacBooks erkennt das Gerät umgehend als seine Audioschnittstelle an. Na, das ist doch schon mal ein guter Anfang!

In den Preferences der Software wähle ich die Eingangsquelle für meine beiden Timecode-Vinyls aus. Die Tatsache, dass der Mischer für alle vier Eingänge der Hauptkanäle Phono-Preamps bereitstellt, gefällt mir sehr gut. Das macht ihn in seinen Anwendungsmöglichkeiten ziemlich flexibel. Die Schalterstellungen der Phono-/Line-Switches am Backpanel werden erfreulicherweise auch im Scratch Live Setup dargestellt. Ein sehr nützliches Feature ist die justierbare Eingangsempfindlichkeit der Phono-Vorverstärker. Diese lässt sich per Software in 0,5 mV Schritten (16 Stufen) zwischen 2,5 mV und 10 mV einstellen. Damit kann man den Mixer optimal auf jeden Moving-Magnet-Tonabnehmer abstimmen. Top! Klanglich bilden die vier Phono-Preamps ein grundsolides Musiksignal ab. Die Reproduktion der oberen Höhen ist wirklich sehr akkurat, während das Bassspektrum für mich durchaus noch etwas druckvoller sein könnte. Der Sound ist – selbst wenn er ein wenig mehr Kraft hätte vertragen können – insgesamt jedoch als gut zu bezeichnen.

Im Grundeinstellungsmenü der Software lassen sich die Resonanzen der beiden Channel-Filter stufenlos von schwach bis sehr stark einstellen. Die Filter klingen sehr hochwertig und musikalisch. Das gilt im Übrigen auch für die Channel-EQs. Diese haben einen warmen Sound und eigenen sich zur sanften Anpassung der Songs und für effektartige Klangmanipulationen und Full-Cuts gleichermaßen. Leider vermisse ich jedoch Kill-Buttons und eine Möglichkeit zur Deaktivierung der EQs.

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Phono Pre Rane61 Phono Pre Pioneer-DJM909 Filter Resonanz mittelstark EQ Hi Cut Boost EQ Mid Cut Boost EQ Low Cut Boost

Mit Scratch Lives interner Recording-Funktion lassen sich verschiedenste Signale des Mixers in einer Qualität von maximal 24-Bit und 48-Kilohertz aufnehmen. Mögliche Quellen sind der Master, die beiden Hauptkanäle PGM 1 und PGM 2, die vier Stereo-Inputs oder der Mikrofonanschluss. Dank eines satten Headrooms kam es bei meinen Tests selbst bei gelegentlichen Signal-Peaks zu keinerlei Clipings. Die Firmware lässt sich bei Bedarf komfortabel per USB updaten.

Unser Testkandidat besticht durch ein sehr klares und aufgeräumtes Layout. Überzeugen können auch die griffigen Drehregler und die verschiedenfarbig beleuchteten Tasten. Besonders die Sektion der Fader hat eine für Battle- und Scratch-DJs ideale Aufteilung und ist frei von sonstigen Bedienelementen. Auch die sehr robusten und leichtgängigen Rane-Fader lassen Scratcher-Herzen höher schlagen. Channel-Swap und Fader-Reverse erhöhen die kreativen Möglichkeiten außerdem enorm. Die variable Arbeitskurve des Crossfaders funktioniert nahezu ideal. Schiebt man den entsprechenden Regler nach rechts, so öffnet der Crossfader schalterartig bereits nach knapp einem Millimeter. Auch „butterweiche“ Überblendungen sind möglich. Leider arbeiten die Regler der Channelfader nicht ganz so optimal. Hier wechselt die Arbeitskurve relativ rapide von einem eher linearen auf einen stark logarithmischen Anstieg. Schade! Dieses Feature wurde bei diversen anderen Mixern technisch schon besser umgesetzt. 

Der Mikrofonkanal arbeitet ziemlich rauschfrei und liefert einen klaren, relativ druckvollen Sound. Der 2-Band-EQ klingt angenehm und eignet sich sehr gut zur Stimmenanpassung. Praktisch ist definitiv auch die Tatsache, dass man den Input auch mit Line-Signalen befeuern kann. Was ich allerdings wirklich vermisse, ist eine simple On/Off-Taste. Außerdem wäre eine Talkover-Funktion angenehm gewesen. Zumindest eines der Features darf man in der Preisklasse des Sixty One eigentlich erwarten.

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Mikrofon

Positiv erwähnen möchte ich die Flexibilität durch vier Phono-Preamps und die praktischen Input-Drehschalter der beiden Hauptkanäle. Da diese jeweils auf beide digitalen Decks zugreifen können, kommen auch DJs voll auf ihre Kosten, die gerne im Hamster-Modus (beide Seiten des Mixers vertauscht) arbeiten. Perfekt!  

Als etwas unpraktisch empfinde ich die Positionierungen der Cue-Buttons. Diese sind sich nur knapp 15 Millimeter von den beiden Mute-Hebeln entfernt. Da kann es sehr leicht mal passieren, dass man versehentlich kurzzeitig das Musiksignal unterbricht. Und das kann nicht „im Sinne des Erfinders“ sein. Außerdem lassen sich diese Hebel nicht deaktivieren. Der Kopfhörerausgang selbst liefert ein klares, rauscharmes und ausreichend lautes Signal. Hier gibt es nichts zu beanstanden.
Gefreut habe ich mich über den USB-Aux-Input, auf den ich den SP-6-Sample-Player von Scratch Live routen kann. So lassen sich komfortabel Jingles oder Loops in ein DJ-Set einbauen, wobei das Verhältnis zwischen den einzelnen Mischer-Signalen frei justierbar ist.

Die FlexFx Effekt-Sektion des Sixty One lässt sich entweder analog oder digital über USB verwenden. Den digitalen Weg habe ich mit der Software Logic (Version 8) und einem Echo Plugin getestet. In den Logic Preferences ließ sich der Mischer dank Core-Audio-Treibern kinderleicht als Soundkarte auswählen. Analog habe ich den Effekt-Weg mit einem NanoVerb von Alesis getestet. In beiden Fälle funktionierte das Beimischen der Effekte völlig ohne Probleme. Die beiden Hauptkanäle, der Mikrofonanschluss und der USB-Input ließen sich über die blau beleuchteten FlexFx-Buttons mit Effekten versehen. Dieses Feature birgt definitiv einen hohen Spaßfaktor! 
Es stellte sich die Frage, ob sich die Anschaffung des Sixty One auch für die Nutzer anderer DVS-Systeme abseits von Scratch Live lohnt. Daher habe ich ein paar Proberunden mit Mixvibes Cross-DJ gedreht. Hier konnte ich dank Core Audio im Handumdrehen die virtuellen Decks den Ein- und Ausgängen des Mixers zuordnen. Die anschließende Steuerung per Timecode-Vinyl klappte wie am Schnürchen. Selbst bei einer niedrig eingestellten Latenz wurden die Audiosignale störungsfrei übertragen. Daumen hoch! Sehr lobenswert ist die Tatsache, dass alle elektronischen Bedienelemente des Mischers MIDI-fiziert sind und somit als Software-Controller genutzt werden können.
Das Zusammenspiel von Scratch Live und Mixer (oder besser gesagt dessen Interface) funktionierte im Test wirklich hervorragend. Selbst bei einer sehr niedrigen Latenz kam das Audiosignal nicht ins Straucheln und wurde fehlerfrei übertragen. Klanglich liegt am Master des Sixty One ein wirklich sattes Musiksignal an. Hört selbst:

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Rane-61 Output Rane-SL-1 Output

Obwohl unser Testkandidat mit einem symmetrischen Stereo-Ausgang bestückt ist, fehlt mir definitiv ein zusätzlicher Master-Cinch-Ausgang. Vor allem, wenn ich mir den Preis von 1799 € UVP vor Augen führe. Der Session-Out muss schließlich im Bedarfsfall als Record oder Booth herhalten können. Es bleibt die große Frage, warum Rane beim Sixty One vollständig auf zusätzliche MIDI-Controller verzichtet hat, obwohl es sich um ein Gerät handelt, das explizit auf das Zusammenspiel mit Scratch Live ausgelegt ist. Ich finde in der Preisklasse hätte man ein Minimum an Steuerungsmöglichkeiten erwarten können. Zum Beispiel für den Song-Browser. So ist der Mischer hauptsächlich für DVS-User interessant, die entweder gänzlich ohne Controller spielen oder mit zusätzlichen externen Kommandozentralen liebäugeln (Novation Dicer – Test hier , Denon DN-HC1000S – Test hier, etc.). 

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