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Orange OR100 Test

Praxis

Ich habe meine ersten Erfahrungen mit Verstärkern von Orange vor einigen Jahren bei einem Testbericht gemacht und bin seitdem immer wieder aufs Neue von den Orangenkisten entzückt. So auch vom OR100. Der Amp generiert eine geschmackvolle Mixtur aus klassischen und modernen Sounds , die man so nur selten zu hören bekommt. Die Klangregelung des verzerrten Kanals ist wirklich klasse und bietet genau das, was man braucht, um zwischen Rock- und Metallsounds stufenlos wählen zu können. Dabei bringt die Endstufe einen ungeheuren Schub, mit dem man sich locker auf jeder Bühne durchsetzen kann. Damit meine ich nicht nur die massive Lautstärke, denn auch leise klingt der Amp sehr „groß“. Er reagiert unglaublich schnell auf den Spieler, ähnlich wie ein Auto mit vielen Pferdestärken, das jede Veränderung des Gaspedals sofort registriert. Gleichzeitig wird beim OR100 nichts schöngefärbt und alle Nuancen des Spielers werden gnadenlos zutage gebracht.
Der Amp bietet diverse Möglichkeiten, die Ausgangslautstärke zu drosseln, allerdings bleiben diese Bemühungen nicht ohne Nebenwirkungen. Schon beim Abschalten zweier Endstufenröhren mit dem rückseitig gelegenen Output Valves Toggle Switch geht ein kleiner Teil der Dynamik flöten und der Amp klingt etwas kleiner – was nicht dem Weniger an Lautstärke geschuldet ist. Damit kann ich aber gut leben, denn je nach Stilistik ist man ganz froh, wenn der Sound etwas gezähmter daherkommt. Das ist für mich beim OR100 aber die einzige noch vertretbare Art der Drosselung, denn wenn man am Bedienpaneel auf 30 Watt schaltet, klingt es für meinen Geschmack einfach zu kastriert.
Der entscheidende Regler im High Gain Bereich ist das Mittenpoti. Hier kann man quasi stufenlos von fusiger Flitzefingerzerre über klassischen Rock bis hin zu Metallsounds den wichtigen Frequenzbereich je nach Einsatzgebiet sehr feinfühlig featuren oder aber herausdrehen – je mehr Mitten, um so besser fürs Solieren. Im umgekehrten Fall lässt ein Mittenloch mehr Platz für den Gesang oder andere Leadinstrumente. Um die Wirkungsweise des Mittenpotis zu demonstrieren, habe ich ein Lick mit drei unterschiedlichen Mitteneinstellungen eingespielt. Die verwendete Gitarre ist eine Stratocaster mit einem Seymour Duncan Jeff Beck in der Stegposition.

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Max Gain, Mitten 9 Uhr, Strat HB Max Gain, Mitten 12 Uhr, Strat HB Max Gain, Mitten 15 Uhr, Strat HB

Der OR100 reagiert sofort auf die jeweilige Gitarre und auf den Ausgangspegel der Pickups. Als ich meine Les Paul mit den eher schwachen Dommenget-Pickups anschloss, wurde der Sound sofort klassischer. Im Gegensatz zum mittigeren  Humbucker meiner Strat kommt die Saitentrennung hier trotz hoher Gaineinstellung noch besser zur Geltung.

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Max Gain, Mitten 13 Uhr, Les Paul

Dreht man den Gain weiter zurück, erhält man weniger Zerre und gleichzeitig mehr Dynamik. Bei Halbgasgain werden sich AC/DC Fans und Riffgitarristen wie Fische im Wasser fühlen. Der Amp drückt hier mehr als amtlich und die Interaktion mit dem Anschlag ist in dieser Einstellung auf dem Höhepunkt des OR100.

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Half Gain, EQ Regler alle 12 Uhr

Weiter zurück, wie man vielleicht erwarten könnte, in eine „voxige“ Zwischenwelt, in der man nicht genau weiß, ob der Sound noch clean oder doch schon angezerrt ist, kommt man mit dem Gainpoti nicht. Der Ton verliert allmählich an Substanz und wirkt schließlich bröselig. Für mich liegen hier klar die Schwächen des OR100. Aber auch das finde ich nicht wirklich schlimm, denn der Amp ist weder eine eierlegende Wollmilchsau noch eine Voxkopie. Trotzdem wollte ich diesen Bereich einmal abchecken und bin in einer Einstellung etwa bei der 10 Uhr Position des Gainreglers gelandet.

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Gain 10 Uhr, Treble 14, Mid 12, Bass 13

Kommen wir zum cleanen Kanal des OR100. Auch hier verhelfen die Röhrenschaltung und die fette Endstufe dem Amp zu einem mächtigen und klaren Sound. Die Klangregelung, bzw. der Höhenregler, zeigt sich sehr weich und muss mit der Les Paul komplett aufgerissen werden. Clean präsentiert sich unser Kandidat ohnehin sehr viel softer als vergleichbare Röhrenamps, das Gegenteil wäre in diesem Fall der Fender Twin, der im oberen Frequenzbereich wesentlich schärfer daherkommt. Der Kanal hat übrigens keinen Masterregler und lässt sich daher nur unter verschärften Bedingungen mit einer höllischen Lautstärke zum Zerren bewegen. In den beiden cleanen Soundbeispielen hört ihr eine Vintagestrat, die mit Kloppmannpickups bestückt ist. Bei ihr konnte ich im Gegensatz zur Les Paul den Trebleregler auf die 15-Uhr-Position zurücknehmen. Der Sound ist röhrenmäßig fett, aber klar, ohne steril zu wirken.

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Clean 1, Treble 15, Bass 12 Clean 2, Treble 15, Bass 12
Der Orange OR100 konnte im Test überzeugen
Der Orange OR100 konnte im Test überzeugen
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