Native Instruments Komplete 11 Ultimate Test

Praxis

Vereinfachte Installation

Bei den vorigen Versionen war die Installation schon eine etwas umständlichere Angelegenheit. Doch das ehemalige Software Center, mit dem die Produkte verwaltet wurden, wird durch Native Access abgelöst. Das Schöne: Es ist unerheblich, ob man sich beim Kauf für die Boxed-USB-Version oder den Download entschieden hat; die gesamte Installation wird über Native Access durchgeführt. It’s just that simple: Man loggt sich mit seinem NI-Account ein, gibt die Seriennummer des Bundles ein, woraufhin die Software alle verfügbaren Downloads und Updates anzeigt. Mit einem Klick auf „Installieren“ lädt Native Access alle benötigten Inhalte (auch Updates) und installiert diese auch ohne Weiteres! Im Vergleich zu diversen anderen Installation-/Activation-Tools und iLok-Geschichten erledigt Native Access diesen Job also fast von alleine.

Native Access vereinfacht Aktivierung, Installation und Update-Pflege on NI-Produkten und mehr.
Native Access vereinfacht Aktivierung, Installation und Update-Pflege on NI-Produkten und mehr.

Symphony Essentials

Die Essential-Variante der Symphony Series punktet mit einem simplen Bedienkonzept, das mit wenigen Parametern zu hochqualitativen Ergebnissen führt. Die Libraries ermöglichen Zugriff auf viele Artikulationen, wenngleich einige der Symphony Series ausgelassen wurden. Wer also die volle Ladung Symphony Series benötigt, wird in den sauren Apfel beißen und weitere 599 Euro (Upgrade von Essentials) hinblättern müssen. Doch auch die Essentials versorgen Kontakt mit umfangreichen Orchester-Sektionen. So kommt jede der fünf Libraries mit mehreren Kontakt-Instrumenten, die für viele Belange mehr als ausreichend sind. Als da wären:

  • Brass Solo: Brass Quartet, Horn 1, Horn 2, Trombone, Trumpet, Tuba
  • Brass Ensemble: Brass Ensemble, Horns, Trombones, Trumpets, Tubas
  • Woodwins Solo und Ensemble: Bassoon, Clarinet, Contrabassoon, Flute, Oboe, Saxophone, Woodwind Quintet
  • String Ensemble: Basses, Cellos, String Ensemble, Violas, Violins 1, Violins 2
Die Klänge lassen sich authentisch artikulieren.
Die Klänge lassen sich authentisch artikulieren.

Die jeweiligen Kontakt-Instrumente verfügen wiederum über acht Artikulationen. Bei den Brass Ensembles sind dies Sustain, Staccato, Staccato Velocity, Crescendo, Decrescendo, Sforzando, Blast FFF und Swell. Der Aufbau der Essentials ist simpel und übersichtlich gehalten: In der Mitte befindet sich ein großer Dynamik-Drehregler, der auf das Mod-Wheel eines Controllers gemappt ist. So lässt sich die Dynamik eines Instruments oder gar eines ganzen Ensembles vom Controller aus regeln – sehr praktisch!  Hinzu kommt eine rudimentär gehaltene Effekt-Sektion mit Kompressor, Filter, 3-Band-EQ und Reverb. In einer weiteren Repetition-Sektion lässt sich eine Art Arpeggiator hinzufügen – so authentische Ergebnisse wie die Phrasen der Session oder Action Strings liefert dieser allerdings nicht. Die Essentials sind also eher dazu geeignet, „selbst gespielt“ zu werden. Alles, was aus den Libraries herauskommt, klingt nach großem Orchester-Sound! Bei jeder gespielten Note wird ein weiteres der verfügbaren Round-Robin-Samples angesteuert, was für wirklich dynamische, authentische Ergebnisse sorgt. Der Profi-Arrangeur wird eventuell einige Artikulationen vermissen. Wer in diesem Bereich weniger hohe Ansprüche stellt, ist aber auch mit den Essentials gut beraten. In den ersten beiden Klangbeispielen hört ihr ein String Ensemble, das ich einmal ohne und einmal mit dem Dynamic-Regler gespielt habe – so kann man die Streicher „atmen“ lassen.

Audio Samples
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01. Symphony Essentials: Strings Legato 02. Symphony Essentials: Strings Legato + Dynamic 03. Symphony Essentials: Strings Tremolo 04. Symphony Essentials: Strings Staccato 05. Symphony Essentials: Strings Pizzicato 06. Symphony Essentials: Brass Staccato 07. Symphony Essentials: Brass Crescendo 08. Symphony Essentials: Brass Sforzando

Emotive Strings 

Wer bereits mit den Actions Strings gearbeitet hat, kommt mit den Emotive Strings schnell zurecht. Mit der linken Hand werden die Phrasen ausgewählt und mit der rechten in der gewünschten Tonhöhe gespielt. Zwischen Dur- und Moll-Tonarten wird per Anschlagstärke gewechselt. Das Mod Wheel ist so belegt, dass sich die Streicher wahlweise Crescendo oder Decrescendo spielen lassen.

Mehrere Phrasen lassen sich in eine Instanz laden und per Key-Switches auswählen.
Mehrere Phrasen lassen sich in eine Instanz laden und per Key-Switches auswählen.

In einer Playback-Sektion können sie auch Double-Time und Half-Time abgespielt werden. Letztere Variante klingt je nach Tempo des Songs aber nicht artefaktfrei, was wohl dem Timestrech-Algorithmus geschuldet ist. Eine zusätzliche Sound-Sektion ermöglicht, die Mikrofonposition wahlweise Close oder Stage zu schalten – das sorgt für einen direkten oder differenzierten Klang. Hinzu kommt ein EQ mit zwei vorgefertigten Settings und das Stereo Image lässt sich breit oder schmal schalten.

Audio Samples
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09. Emotive Strings: Preset Bulgarian 4th Low (Close Mic) 10. Emotive Strings: Preset Bulgarian 4th Low (Stage Mic) 11. Emotive Strings: Preset Arp 4th Figure 12. Emotive Strings: Preset Arp 16th Figure (Triads)

Una Corda

Die Library bietet drei Soundbänke: Pure, Cotton und Felt. Wie der Name bereits vermuten lässt, liefert „Pure“ den reinen, resonanten Klang des Instruments, der daraus entsteht, dass jeder Klavierhammer eine einzelne Saite anschlägt. Bei den beiden anderen Soundbänken haben die Entwickler präpariertes Material zwischen Hammer und Saite gesteckt. Felt liefert sanfte, weniger attackreiche Klänge. Die Cotton-Klänge kommen mit mehr Obertönen daher und klingen perkussiver – man hört schon sehr deutlich, dass hier viel Sounddesign betrieben wurde.

Die Klänge können mit Obertönen und Layerings angereichert werden.
Die Klänge können mit Obertönen und Layerings angereichert werden.

Auf der Hauptansicht der Bedienoberfläche befinden sich lediglich drei Regler, mit denen der Gesamtsound bearbeiten lässt. Der Teufel steckt im Detail: So lässt sich der Grundsound editieren und Obertöne und zusätzliche Layering Sounds, die durch das präparierte Material kommen, lassen sich hinzumischen. Weiterhin stehen Effekte wie 3-Band-EQ, Kompressor, Delay und Reverb bereit. Man hat also noch jede Menge Möglichkeiten, den Klang an die eigenen Vorstellungen anzupassen.

Audio Samples
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13. Una Corda: Pure 14. Una Corda: Cotton 15. Una Corda: Felt 16. Una Corda: Cotton – Preset Fading In

Session Guitarist – Strummed Acoustic

Der virtuelle Gitarrist Strummed Acoustic liefert Riffs in 3/4, 4/4 und Tribblets, die mit einer Western-Gitarre gespielt wurden. Bis zu acht Pattern-Artikulationen lassen sich in eine Instanz laden und sind auf dem Keyboard via Key Switches auswählbar – so hat man viele Möglichkeiten, einen kompletten Song zu performen, ohne dabei eine Instanz wechseln zu müssen. Zwischen tiefen und hohen Voicings wird mit dem Mod Wheel nahtlos übergeblendet.

Für viele Genres stehen Riffs bereit, welche sich per Key-Switches auswählen lassen.
Für viele Genres stehen Riffs bereit, welche sich per Key-Switches auswählen lassen.

Ebenfalls per Key Switches erreichbar sind andere Ausdrucksformen, wie Slides und weiteres, die sich beispielsweise gut für Endings eignen. Das ermöglicht wirklich ausdrucksstarke Performances, wie sie kaum mit einer anderen Library spielbar sind. So hat man sich – ähnlich wie mit Action Strings und Co. – schnell ein authentisches Arrangement zusammengebaut.

Audio Samples
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17. Strummed Acoustic: Preset Brit Pop 18. Strummed Acoustic: Preset Strummed

Discovery Series: India

16 Kontakt-Instrumente bringt die Library mit, in der sich perkussive, melodische und auch Ensembles, zusammengesetzt aus beiden, befinden. In einem Groove-Player lassen sich die Rhythmen editieren. Mit „Groove“ wird die Komplexität des Rhythmus variiert, mit „Feel“ lässt sich eine Art Humanize hinzufügen und mit Intensity wird die Dynamik der Anschläge justiert. Die Variationen lassen sich dann nahtlos mit dem Mod Wheel regulieren. Möchte man einen Groove in der DAW ausarbeiten und arrangieren, ist auch das via Drag and Drop als MIDI-File möglich!

Die Ensembles lassen sich im Mixer aufeinander abstimmen.
Die Ensembles lassen sich im Mixer aufeinander abstimmen.

Damit man sich den „Klang Indiens“ auch authentisch in die Produktion holt, setzt ein integrierter Faltungshall mit den Impulsantworten des Taj Mahal dem Ganzen noch die Krone auf. Nicht nur die perkussiven Klänge, sondern auch die traditionellen melodischen Instrumente Indiens liefern durch den Einsatz von Round-Robins und auswählbaren Artikulationen einen sehr expressiven, realistischen Sound. Es ist fraglos eine sehr spezielle Library. Ob ihr die Sounds der Library in eurer Produktion braucht? Mit den folgenden Klangbeispielen könnt ihr euch einen kleinen Einblick davon verschaffen.

Audio Samples
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19. India: Santur 20. India: Dhol Baldeep 21. India: Ghatam Aditya

Form

Form wird als Instrument in Reaktor 6 bzw. die Player-Variante eingefügt. Der samplebasierte Synth hat über 200 Sounds an Bord und lässt sich via Drag and Drop mit eigenen Samples füttern – sehr gut! Die Sounds können mono- oder polyphon gespielt werden. Zur Klangerzeugung stehen additive Synthese und ein sogenannter Form-Oszillator bereit. Mit Formant- und Pitch-Shifting sowie einer ausgiebigen FM-Synthese kann das Material komplett verfremdet werden. Man kann sich vorstellen, welch metallische und obertonreiche Ergebnisse bei dieser Konstellation herauskommen können. Hinzu kommen zwei Envelopes, zwei LFOs und ein sogenannter Sidechain-Modulator, in dem sich viele Parameter in einer Art Matrix kombinieren lassen.

Form hält viele Möglichkeiten bereit, um Audiomaterial zu verfremden.
Form hält viele Möglichkeiten bereit, um Audiomaterial zu verfremden.

Abspielgeschwindigkeit und -richtung des Samples lassen sich mittels internem Timestretching justieren und ebenfalls modulieren. Dazu kann auch eine Kurve gezeichnet werden oder aus fertigen Wellenformen ausgewählt werden. In einer Performance-Sektion erlaubt der Synth bis zu zwölf Settings abzuspeichern, die sich per Knopfdruck oder Key Switches auf dem Keyboard abrufen lassen. Die Effekt-Sektion bietet 2-Band-Frequenzshaping, Kompressor, Delay, Reverb und Saturation.

Audio Samples
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22. Form: Acrobat 23. Form: Aeon 24. Form: Eigenes Sounddesign

Flesh

Der Performance-Synth Flesh nutzt ebenfalls Samples zur Klangerzeugung. Hierbei stehen vier Oszillator-Slots und ein FX-Slot bereit. Hinzu kommen interne Oszillatoren, die in Kombination mit den Samples kleine Live-Kompositionen entstehen lassen können. Um Flesh als Remix-Tool bei einer Live-Performance zu nutzen, nutzt man idealerweise melodische oder perkussive Loops. Diese werden synchron zum Host abgefeuert, damit alles schön im Timing bleibt. Jeder Sample-Slot lässt sich modulieren und mit Effekten bearbeiten, die fleißig unter der Haube werkeln. Daraus entstehen im Handumdrehen Aphex Twin-mäßige Arrangements.

In der Makro-Sekltion sind die Modulationen regelbar.
In der Makro-Sekltion sind die Modulationen regelbar.
Audio Samples
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25. Flesh: Defrag 26. Flesh: Biofilla

Replika XT

Das Multimode-Delay Replika XT vereint viele Delay-Effekte und mehr in einem Plug-in. Die Bedienoberfläche ist dabei sehr übersichtlich gehalten und erinnert optisch ein wenig an die des alten KORE-Controllers. Auf der linken Seite ist aus einem der fünf Delay-Modi auswählbar. 

  • Modern: cleane, präzise regelbare Delays
  • Vintage Digital: Emulation digitaler Hardware-Delays inklusive Bit-Crusher
  • Analogue: Emuliert Eimerketten-Delay-Pedale mit weichem Charakter
  • Tape: bildet die organischen Klangeigenschaften von Tape-Delays nach
  • Diffusion: nachhallende Echos mit Digital-Reverb-Charakter

Je nach Modus stehen entsprechende Parameter bereit. Beispielsweise lassen sich beim Tape-Delay die Parameter Sättigung, Alter des Tapes sowie Wow und Flutter justieren und Rauschen hinzuschalten. Jeder der Modi ist mit einem Low- und High-Cut-Filter versehen. Das Delay kann mono oder stereo, standard oder ping pong sowie single oder dual genutzt werden. Bei letzterer Variante stehen zwei Delays bereit, die jeweils unterschiedliche Delay-Geschwindigkeiten und weitere Settings erhalten können. Diese Einstellungen lassen sich in der Mitte der Bedienoberfläche vornehmen, die auch die Delayfahnen im LCD-Style übersichtlich visualisiert. Hier erhält man Zugriff auf Groove, Panorama-Position und Balance der Delays. Man kann also nicht nur auf den Klang, sondern auch auf den Rhythmus der Wiederholungen sehr präzisen Einfluss nehmen, genial! Auf der rechten Seite befindet sich eine Modulations-Sektion, in der sich eines der glorreichen sieben Modulationsmodule laden lässt. Weitere Insert-Slots wären hier wünschenswert gewesen, um die Effekte zu kombinieren. Neben den typischen Delay-Klangveredlern Phaser, Flanger und Chorus sorgen die eher untypischen Frequenzshifter, Pitchshifter und Micro-Pitch für besonders kreative Effekte. Im folgenden kurzen Video könnt ihr euch einen Überblick über die Klangeigenschaften der Delay- und Modulations-Modi verschaffen. 

Für wen lohnt sich das Update?

Der Fokus des Updates liegt ganz klar auf Sample-Libraries, die allesamt mit Kompositionshilfen à la Phrasen, Patterns und Arpeggios ausgestattet sind. Wer Samples sucht, die sich nach Baukastenprinzip zusammenstellen lassen, wird mit Strings und Brasses bereichert, die durchaus Hollywood-Charakter mitbringen. Eine sinnvolle Ergänzung ist in jedem Fall auch der virtuelle Gitarrist Strummed Acoustic, der sicherlich in wesentlich mehr Genres als nur Rock, Pop und Country seinen Platz findet. Die Weltmusik-Library India sowie die Piano-Library Una Corda sind dagegen schon sehr speziell. Auch die beiden Synths sind eine Nummer für sich. Form ist für den täglichen Bedarf bzw. typische Klänge in Musikproduktionen nicht wirklich geeignet. Da fährt man mit den altbekannten NI-Mitgliedern Rounds, Massive, Monark und Co. immer noch gut. Replika XT ist mein persönliches Highlight und ganz sicher auch einen Einzelkauf wert. 
Ob man die Neuheiten nun braucht oder nicht, kommt darauf an, was man damit machen möchte. Wer nur wenige Ergänzungen des Updates benötigt, sollte einen Einzelkauf in Betracht ziehen. Auch wenn der Update-Preis gerechtfertigt ist, sind die absoluten Innovationen nämlich nicht dabei. Viele weitere Hersteller bieten im Übrigen ähnliche Sample-Libraries, deren Qualität auf gleichem Level ist. Wer mit den Keyboards der Komplete Kontrol S Serie oder Maschine arbeitet, möchte eventuell nicht auf die aufeinander abgestimmte Controller-Software-Lösung verzichten – da lohnt es sich natürlich, bei NI zu bleiben. 
Wer als Neuling in Native Instruments’ Komplete-Universum eintaucht, erhält mit beiden Varianten Komplete und Komplete Ultimate ein preislich unschlagbares Gesamtpaket, das es in der Form kein zweites Mal gibt – besonders im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Viel Luft nach oben ist nämlich nicht mehr, da alles im Paket enthalten ist, um in sämtlichen Genres mit Top-Sounds zu arrangieren und Produktionen mit qualitativ hochwertigen Effekten abzumischen. Höchstens eine Ultimate-Premium-Variante mit allen großen Versionen der Libraries könnte das Alles-in-einem-Paket noch toppen.
Zu guter Letzt habe ich noch ein kurzes Klangbeispiel vorbereitet, in dem ich bis auf Flesh alle neuen Klanglieferanten eingesetzt und zu einem kleinen Arrangement zusammengestellt habe.

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NI_Komplete_11_Ultimate_Audio_27_Song.wav
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