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My Chemical Romance

Daniel beim Interview mit MCR.
Daniel beim Interview mit MCR.

“[…] ich bin fasziniert von der Konsequenz der Band mit allem zu brechen, für das sie bisher gestanden haben”, schrieb ich 2006 in einer Albumreview zu “The Black Parade”, das mir noch heute den allergrößten Respekt abfordert. Wie My Chemical Romance eine Rockkapelle mit einem “Spielmannszug” – einer “Marching Band”, vergleicht – ist so passend wie genial. “The Black Parade” erschüttert meine Welt, ist eine Offenbarung, sowohl als Konzept, wie auch musikalisch. Vier Jahre später treffe ich die Jungs für Bonedo zum Interview anlässlich des neuen Albums “Danger Days“. Wird die Band mich wohl auch mit ihrem neuen Werk überzeugen? Soviel vorweg: ich wurde nicht enttäuscht.

‘My Chem’, wie die Band liebevoll von ihren Fans genannt wird, avanciert in Rekordzeit von einer lokalen Newcomerband aus New Jersey zum internationalen Top-Act. Ihr von der Allgemeinheit fast schon vergessenes 2002er Debütalbum “I Brought You My Bullets, You Brought Me Your Love” ist im Vergleich zum Sound der neueren Werke sicher noch etwas trashig , spricht jedoch punktgenau einer ganzen Generation von orientierungslosen Kids aus der Seele. Dort wo Fun-Punk Bands à la Blink 182 oder New Metal Kapellen wie Limp Bizkit versagen, treffen die Texte von Sänger Gerard Way, irgendwo zwischen Leid, Schmerz und Romantik mitten ins Herz der Heranwachsenden. Ein neues Musikgenre wird geboren: der Emo/Screamo tritt seinen Siegeszug an.

Sänger Gerard im Einsatz ...
Sänger Gerard im Einsatz …

Nach dem außergewöhnlichen Erfolgs des Debüts mit über 60.000 verkauften Einheiten, wird bereits 2003 der Major-Deal unterschrieben.
2004 erscheint das Album “Three Cheers For Sweet Revenge” und löst einen unglaublichen Hype um die Band aus. “I’m Not OK (I Promise)”, die erste Single des Albums erreicht Goldstatus und prägt zusammen mit dem Videoclip zur Single “Helena” den Look der Emoszene. Die Band tourt fast zwei Jahre um die Welt und befindet sich mit über 1 Million verkauften Einheiten allein in den USA an der Speerspitze der ganzen Bewegung.

Als 2006 “The Black Parade” erscheint, versetzt die Band ihren Fans zunächst einen Schock: Ab sind die Haare, ab ist der Lack! Die Band erfindet sich selbst von Grund auf neu, doch was zunächst wie der inszenierte Selbstmord der erfolgreichsten Emo-Band des Planeten erscheint, wird zum größten Triumphzug der Band bis dato und erreicht in nicht weniger als 19 Ländern eine Top-Position in den Charts. Die Single “Welcome To The Black Parade” debütiert sogar in den wichtigsten Schallplattenmärkten der Welt, den amerikanischen Billboardcharts und den englischen Singlecharts auf der #1 und wird zum größten Hit der Bandgeschichte. Auch mich packt dieses moderne “Bohemian Rhapsody” in neuer Schwarz/Weißoptik und “The Black Parade” ist auch heute noch eines von lediglich drei Album die ich in kompletter Länge auf meinen MP3-Player spazieren trage.

Gitarrist Ray als Laserrocker der Zukunft ...
Gitarrist Ray als Laserrocker der Zukunft …

Nach dem außergewöhnlichen Erfolgs des Debüts mit über 60.000 verkauften Einheiten, wird bereits 2003 der Major-Deal unterschrieben.
2004 erscheint das Album “Three Cheers For Sweet Revenge” und löst einen unglaublichen Hype um die Band aus. “I’m Not OK (I Promise)”, die erste Single des Albums erreicht Goldstatus und prägt zusammen mit dem Videoclip zur Single “Helena” den Look der Emoszene. Die Band tourt fast zwei Jahre um die Welt und befindet sich mit über 1 Million verkauften Einheiten allein in den USA an der Speerspitze der ganzen Bewegung.

Vier Jahre später treffe ich in Hamburgs bester Adresse auf der Reeperbahn, in der Großen Freiheit 36, auf vier gutgelaunte und redselige Jungs. Auch nach einem viermonatigen Pressemarathon scheinen sie sich immer noch darauf zu freuen von ihrem neuen Album “Danger Days: The True Lives Of The Fabulous Killjoys” zu berichten.
„Ihr seht wesentlich frischer aus, als ich es nach dieser langen Tour erwartet hätte. Ist dies schon die Vorfreude auf Zuhause?”, frage ich die Band zu Beginn unseres Gesprächs. „Die ersten Monate haben wir eigentlich permanent mit Pressearbeit verbracht. Wir sind viel hin und her geflogen und waren Ende des Jahres schon ein wenig verbrannt. Wir hatten aber um Weihnachten ein paar Tage frei – und jetzt auf der regulären Tour ist alles sehr viel entspannter”, antwortet ein überraschend gesprächiger Frank Iero – gilt der Gitarrist doch sonst als eher stiller Zeitgenosse.

Beim Gig in Hamburg ...
Beim Gig in Hamburg …

„Warum hat es eigentlich vier Jahre gedauert bis ihr euer neues Album veröffentlicht habt, bisher habt ihr euch ja bei euren Alben strikt an den Zweijahreszyklus gehalten?”, frage ich.
„Man darf nicht vergessen, dass wir zwei Jahre am Stück mit ‘The Black Parade’ getourt sind. Nach dieser Zeit haben wir uns eine längere Auszeit von 6-7 Monaten genommen um für uns selbst wieder rauszufinden, was uns am Musikmachen am meisten Spaß macht.”, sagt Frank dazu. „Einige von uns haben in der Zwischenzeit geheiratet oder Kinder bekommen – und wir haben auch ein wenig Abstand von der Musik gebraucht. Ende 2008 wurden wir gefragt, ob wir einen Titel zum Filmsoundtrack von ‘Watchmen’ beisteuern würden, und so trafen wir uns im Studio wieder um eine Coverversion des Bob Dylan Songs ‘Desolation Row’ aufzunehmen. Die Arbeit im Studio hat in uns dann den Wunsch wieder geweckt zusammen Musik zu machen, und so haben wir kurze Zeit später mit der Arbeit an einem neuen Album begonnen.”
„Ihr habt dann ja aber die erste Version des Album nie veröffentlicht?”, frage ich Frank. „Nach ein paar Monaten fanden wir uns inmitten des Mix-Prozesses wieder und fragten uns, ob dies nun das Album ist, mit dem wir für die nächsten zwei Jahre leben wollen – schließlich haben wir ‘The Black Parade’ zwei Jahre lang jeden Abend von Anfang bis Ende gespielt. Die Antwort war bei Allen ein überwältigendes ‘Nein’.” „Welche Rolle spielte Produzent Rob Cavallo dabei?“ will ich wissen (Rob Cavallo produzierte schon ‘The Black Parade’).„Wir haben erstmal einen Break gemacht und sind mit Rob, der mittlerweile andere Projekte beendet hatte, und somit für uns wieder verfügbar war, zurück ans Songwriting gegangen. Nach vier Songs haben wir gemerkt, dass jeder dieser Songs wesentlich besser war, als alles was wir zuvor für das Album geschrieben hatten”, erzählt Frank weiter. „Als wir mit Rob von Neuem begannen, stellten wir schnell fest, dass wir alle einen wesentlich klareren Kopf und eine genauere Vorstellung von dem hatten, was wir mit unserem nächsten Album würden erreichen wollen!”, ergänzt der zweite Gitarrist Ray Toro.

„Welchen Einfluss hatte Produzent Rob auf die neuen Songs?“
„Rob holt einfach das Beste aus uns raus”, schaltet sich Sänger Gerard in das Gespräch ein. „Rob fordert immer das Beste ab, jedoch auf eine Art und Weise die niemals negativ ist. Von Album zu Album bringt er uns immer wieder dazu, neue Wege zu beschreiten. Dinge zu wagen, die wir uns zuvor nicht getraut hätten. Doch gerade die gewagten Songs wie ‘Planetary’ oder ‘Sing’ rufen live die besten Reaktionen bei den Fans hervor.” „Das Besondere an einem Produzenten wie Rob ist, dass er sehr genau spürt, an welcher Stelle er eingreifen muss, und wo nicht.”, ergänzt Ray. „Manchmal sind es ganz kleine Dinge, die einen großen Unterschied machen. Dass er z.B. eine Frage zu einer Textzeile stellt – uns selbst dann aber die Aufgabe überlässt, die Antwort hierzu zu finden.”
„Wenn ich mir euren Tourplan so ansehe, gönnt ihr euch sehr wenig Auszeiten. Habt ihr ein Patentrezept, wie man es zusammen über solch eine lange Zeit zusammen aushält?”, frage ich weiter. „Jeder von uns hat mal gute oder schlechte Tage, doch wir sind dann für einander da”, antwortet Gerard. “Wenn es einem von uns mal nicht so gut geht, kümmern wir uns um ihn oder räumen ihm mehr Freiraum ein – je nachdem was gerade richtig ist!” (Einhelliges Zustimmungsgemurmel der ganzen Band bekräftigt diese Aussage.)
„Ein großer Teil des Geheimnisses ist allerdings auch, dass wir einfach einer wirklich schönen Arbeit nachgehen. Wir genießen jeden Tag und wenn doch mal was uncooles ansteht, haben wir inzwischen gelernt `nein` zu sagen, und uns selbst dadurch zu schützen.”

Das Album “Danger Days” versetzt den Hörer in ein virtuelles Kalifornien des Jahres 2019. Es beschreibt den Kampf der Musiker – alias der “Killjoys” und des Piraten-Radiosender-DJs  ‘Dr. Death Defying’ gegen den übermächtigen Weltkonzern “Better Living Industries”, dessen Leitspuch “Nachwirkungen sind nebensächlich” auch unserer Zeit entsprungen sein könnte.
„Wie verhält es sich mit der Arbeit an euren Bandkonzepten? Ihr habt euch auch für ‘Danger Days’ wieder sehr viele konzeptionelle Dinge einfallen lassen, wie z.B. das Feindbild in Form des ‘Better Living Industries’ Konzerns”, befrage ich die Band.
„Wir sehen das Album selbst gar nicht so sehr wie ein Konzeptalbum. Es macht uns einfach Spaß, uns zusätzlich zur Musik eine Geschichte einfallen zu lassen”, erklärt Gerard weiter, der vor seiner Zeit als Sänger bei My Chem als Comiczeichner gearbeitet hat. „Die Story des Albums wird eingerahmt von der Geschichte von dem Piratenradio-Sender im Kampf gegen diesen Mega-Konzern. Beim Machen des Albums ist uns dann jedoch aufgefallen, dass auch wir als Band dieser Mega-Konzern sein könnten. Es geht nicht um die Guten gegen die Bösen.”
„Und doch erfindet ihr euch selbst mit jeden Album scheinbar wieder komplett aufs Neue. Wagt den Schritt, alle Erfolge des vorherigen Albums hinter Euch zu lassen, und etwas komplett Neues zu machen.”
„Als wir erstmals in Erscheinung traten, war der Look  der Emoszene noch ein komplett anderer doch irgendwann schien unser Look plötzlich für Emo zu stehen. Wir versuchten wieder etwas komplett Anderes zu machen als alle anderen, doch jetzt heißt es schon wieder ‚oh, Emo ist dann wohl gefärbte Haare und amerikanische Hot Rod Muscle Cars’ – aber für uns ist es von grundsätzlicher Wichtigkeit, uns immer wieder neu zu definieren. Schließlich planen wir zwei Jahre unseres Lebens mit diesem Konzept zu verbringen.”, erklärt Gerard die wiederholte Neuerfindung der Band. „Wir sehen unsere Charaktere als Verlängerung unserer echten Personen und unserer Kunst.”, ergänzt Frank. „Wir sind tatsächlich diese Menschen – und fühlen uns deshalb alle wohl in diesen Rollen!”

Checkt den Workshop: Frank und Ray zeigten uns auch ein paar Licks!
Checkt den Workshop: Frank und Ray zeigten uns auch ein paar Licks!

Der letzte Song des Albums ‘Vampire Money’ hat auf dem Album eine Sonderrolle. Nicht nur da er nach der eigentlichen Geschichte kommt – das Konzept endet bereits beim Track davor – jedoch scheint er trotzdem ins Konzept zu passen. Er beschreibt, dass sich die Band bewusst gegen die Teilnahme am ‚Twillight’ Film-Soundtrack verweigert hat. Also dem großen Konzern und dem Duft des “Vampire Moneys” widerstehen konnte: „Vamipre Money” hatte zunächst nichts mit dem Album zutun,” erinnert sich Gerard, “am Ende aber doch alles: Danger Days ist unser erhobener Mittelfinger. Der Song gab uns ein Gefühl von Freiheit zurück. Wir fühlten uns wieder wie die Kids von damals. Wir begaben uns einfach ins Studio und rocken Live drauf los.” „Ja, schon der zweite Take den wir aufnahmen, ist im Endeffekt auf dem Album gelandet”, ergänzt Bassist Mikey Way.
„Da stellt sich mir die Frage, wie sehr ihr selbst Einfluss auf eure Promotionaktivitäten nehmen könnt – oder auch nehmen wollt?” Da lacht die komplette Band mit einem Blick auf ihren Labelmanager, der das Interview im Hintergrund mit verfolgt. „Wir haben das Glück schon sehr lange mit denselben Leuten zu arbeiten, denen wir blind vertrauen können. Wir wissen untereinander mittlerweile sehr genau, was uns Spaß macht und wann wir auch mal eine Pause brauchen”, sagt Gerard weiter.
Ray ergänzt: „Wir nehmen gerne auf alle Entscheidungen Einfluss, wenn wir können, so sind wir auch in alle visuellen Dingen wie Merchandising oder Videoclips stark eingebunden. Manchmal ist es etwas scheinbar Unwichtiges wie eine leichte Änderung der Farbe bei einem T-Shirt Druck, am Ende bedeutet es jedoch das wir zusammen ein Produkt besser machen. Nehmen wir mal unsere Special Edition des Albums als Beispiel, bei dem die Laserpistolen aus Artwork und Videoclip beiliegen sollten. Die ersten Muster waren von der Qualität her einfach nicht gut genug. Wir haben das dann überarbeiten lassen, was zwar ein paar Monate länger gedauert hat, dafür den Fans jetzt aber ein besseres Produkt liefert.”
„Was bedeutet der Satz: “Art Is The Weapon” für euch?”, ein Ausdruck der sich sowohl im ersten Videotrailer zum Album und auf dem Merchandising wiederfindet. „Musik ist unsere Waffe, unser Gut das es zu beschützen gilt.”, antwortet Frank. „Kunst, und was wir als Musiker tun, kann die Welt verändern und Dinge zum Einsturz bringen. Deswegen war es für uns auch so wichtig dieses Album nochmals zu verbessern. Kunst muss das Wichtigste in unserem Schaffen bleiben, denn wenn wir anfangen, in unserer Kunst Kompromisse einzugehen, werden auch alle anderen Dinge die wir tun, bedeutungsloser.”
Ein schöner Schlusssatz zu einem sehr inspirierenden und aufschlussreichen Interview. Auch hinter der Fassade dieser durchgeknallten Rockstars verbirgt sich der unbedingte Wille etwas von Bedeutung zu schaffen. Der tiefgründige Hintergrund den ich glaubte schon in “The Black Parade” erkannt zu haben, hat sich an diesem Tage bestätigt und weiter gefestigt – und der anschließende Konzertabend rundete einen phantastischen Tag ab. Ich glaube, dass die Band, obwohl sie bereits den Gipfel ihres Genres erklommen hat, noch lange nicht am Höhepunkt ihrer Bandgeschichte angekommen ist. Und ich möchte wirklich jedem empfehlen, der Band ein oder auch zwei offene Ohren zu schenken – ich glaube, ihr werdet es nicht bereuen!
Und wenn ihr nun auf den Emotrip gekommen seid, dann solltet ihr unbedingt einmal den Nummer 1 Emo Treffpunkt im Internet besuchen. – emostar.de – Blogs, News und Forum bieten euch umfassende Infos zum Emoversum!

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TheMan sagt:

#1 - 20.04.2011 um 18:49 Uhr

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Rod sagt:

#2 - 21.04.2011 um 19:13 Uhr

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Super Story! Aber schade, dass nur die Gitarristen was gezeigt haben ... Drummer wäre auch cool gewesen!

Profilbild von Aitch

Aitch sagt:

#3 - 16.05.2011 um 15:57 Uhr

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Ich würde nicht sagen dass Limp Bizkit "versagt" es ist einfach ein ganz anderes Gefühl bzw ne andere attitüde die die band vertritt.
Und ich schreibe hier nicht als Limp Bizkit fan sondern als aufmerksamer Leser.Die fähigkeit sich immer zu verändern ist aber wirklich großartig.grußaitch

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MM sagt:

#4 - 31.05.2011 um 16:38 Uhr

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@RodEinen festen Drummer haben sie derzeit nicht und der "Tour-Drummer" gibt soweit ich weiß, keine Interviews. ;-)

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