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Moog Voyager Test

Praxis

Die Oszillatoren
Der Voyager verfügt über drei Oszillatoren, die im Vergleich mit den Minimoogs bis Seriennummer 10174 stimmstabil arbeiten, was jeder Keyboarder besonders im Live-Einsatz zu schätzen wissen dürfte. Ich für meinen Fall verlasse mich auf der Bühne zusätzlich auf die Anzeige des ständig angeschlossenen Stimmgeräts, da größere Temperaturschwankungen durch Bühnenscheinwerfer die Stimmung beeinflussen können.

Der Grundsound der Oszillatoren ist mächtig, und schon die Wellenformansicht im Recording-Programm erscheint wie ein Kunstwerk und lässt die virtuell-analogen Geschwister eher niedlich aussehen.

Eine Besonderheit der Oszillatoren stellt die Möglichkeit der stufenlosen Überblendung von Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Puls dar, was das Klangspektrum enorm erweitert.

Die Oszillatoren 1 und 2 lassen sich in der üblichen Weise synchronisieren und liefern so Klänge und Klangverläufe, die beim alten Minimoog nicht möglich waren. Oszillator 3 kann als Quelle zur Frequenzmodulation von Oszillator 1 eingesetzt werden und sorgt so für interessante „metallische“ Klänge. Außerdem kann man Oszillator 3 von der Steuerung durch das Keyboard lösen und so sinnvoll als zusätzlichen Steueroszillator verwenden. Die Signale der Oszillatoren sind breit und wuchtig, sodass sie bei entsprechender Einstellung im Mixer das Filter übersteuern können und so Garant für den legendären Moog-Sound sind. Neben dem Lautstärkemischverhältnis der drei Oszillatoren kann man im Mixer ebenfalls den Pegel des Rauschen (Noise) sowie den des extern anliegenden Audiosignals bestimmen. Ich verwende diesen Eingang gerne, um das interne Signal des Instrumentes wieder einzuschleifen und den Sound somit schön zu überfahren – bekanntlich ein alter Minimoog Trick von Manfred Mann und anderen Moog Experten

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Deep & Fat Deep Lead Glide Lead Variation Soft Lead

Der LFO
Die komplett eigenständige LFO-Einheit erzeugt wahlweise Dreieck, Rechteck oder Sample&Hold Steuersignale im Frequenzbereich von 1 bis 50Hz und lässt sich dank MIDI-Clock durch externe Geräte synchronisieren. Per Tastenanschlag oder durch einen externen Gate-Impuls kann der LFO jeweils neu gestartet werden.

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Gurgel LFO Flute Lead LFO

Modulation
Jetzt wird es wild! Beim Thema Modulation und Steuermöglichkeiten entpuppt sich der Voyager als echter Könner, denn mit den bereits angesprochenen Pedalanschlüssen oder dem Touchpad kann man unendlich viel Spaß haben. Zwei Modulations-Busse stehen beim LFO zur Verfügung: zum einen zur Steuerung der Modulation über das Handrad, zum anderen für einen fest eingestellten Wert oder per Pedal. Beide Modulationsverfahren beeinflussen entweder Tonhöhen, Schwingungsformen oder Filtereckfrequenz. Dank der „Shaping“-Funktion kann die Modulation durch Filterhüllkurve, Anschlagdynamik oder Aftertouch noch erhöht werden.   

Die Filtereinheit
Wer von Filtern im Synthesizer spricht, kommt am legendären Moog 24dB Tiefpass-Filter nicht vorbei. Egal wer auch versucht hat, dieses nachzubauen oder virtuell zu imitieren, hatte meiner Meinung nach wenig Erfolg, denn diesen unbeschreibbaren fetten und zugleich wohligen Klang habe ich bisher aus keinem anderen Instrument gehört! Im Voyager befinden sich gleich zwei Filter, die sich auf zwei Arten anordnen lassen. Zum einen kann man beide Filter als Tiefpässe parallel den beiden Ausgängen zuordnen, wobei sich dann mit Spacing-Regler die Bandbreite der beiden Filtereckfrequenzen um +/- 3 Oktaven verstellen lässt, was zu einem zusätzlichen Stereo-Panorama-Effekt führt. Bei mittiger Einstellung des Potis ist die Bandbreite identisch, und man erreicht den Sound des klassischen Moog Filters.

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Die zweite Möglichkeit ist eine Reihenschaltung von Hoch- und Tiefpassfilter. Hier bestimmt der Spacing-Regler die Frequenz des Hochpass-Filters. Bei Rechtsanschlag (+3) erzielt man so einen Bandpass. Natürlich kann man den Tiefpass durch die entsprechende Einstellung am Resonance-Poti in Eigenschwingung versetzen und ihn dadurch auf herrlich analoge Weise „schmatzen“ lassen. Die Klangqualität der Filter sind über jeden Zweifel erhaben, und die Spacing-Möglichkeit stellt bei Soundschraubern einen zusätzlichen Bonus dar. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Hochpass-Filter wie in den legendären Moog Modularsystemen über keine Resonanzregelmöglichkeit verfügt.

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Lowpass Reso 0 Lowpass Reso 10 Fat Bass Filter

Die Hüllkurven
Im Gegensatz zum alten Minimoog sind die beiden Hüllkurven (jeweils für VCF und VCA) 4-stufig im ADSR-Format ausgeführt. Ein zusätzlicher Kippschalter schaltet die Release-Funktion auf Wunsch an und aus. Die Zeiten für Attack, Decay und Release liegen zwischen 1ms und 10s, was schöne knackige aber auch langsame ein- und ausklingende Sounds zulässt.
 
Digitales Innenleben
Kommen wir nun zu den digitalen Innereien des Voyagers. 128 Speicherplätze ermöglichen es, die selbst erstellten Sounds zu speichern. Das Display hat eine ordentliche Größe, und dank der Multifunktionalität des External-Mixer-Potis lassen sich die PANEL Presets ab Software Version 3.3 schnell auswählen. Egal welchen Wert man ändert, im Display erscheint neben dem aktuellen immer die ursprüngliche  Einstellung, was  sich beim Editieren dann als sehr hilfreich erweist. Die Editier- und Einstellmöglichkeiten (PANEL, EDIT, MASTER) sind klar strukturiert und gehen auch ohne Hinzunahme des Handbuchs problemlos vonstatten.

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Der Sound
Beim Schrauben sollte man sich ein wenig Zeit nehmen, denn das Moog-Monster ist nicht leicht zu bändigen. Der Grundsound ist analog mächtig bis brachial, für mein Gefühl im Vergleich zum alten Minimoog vielleicht sogar etwas zu brachial. Ich habe manchmal den Eindruck, der Voyager möchte ein bisschen zu viel. Dies wurde mir vor allem wieder klar, als ich für diesen Test einen vor kurzem aufgenommenen Minimoog Sound nachbauen wollte. Der Voyager fasst sich anders an, und die Filter und Hüllkurven reagieren anders, als ich es vom Minimoog und Prodigy  gewohnt bin. Ich habe es trotz intensiver Schrauberei nicht geschafft, ihn auf so wohlig-weiche Weise singen zu lassen, wie es sein alter Vorgänger im vorherigen Audiobeispiel tut.

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Minimooog Voyager

Man tut also gut, den Voyager nicht als Minimoog Ersatz, sondern als eigenständiges, modernes Moog Modell zu betrachten, denn so klingt er auch! Ich mache aus diesem Grund den Einsatz sehr stark vom angestrebten Sound der Produktion abhängig. Für einen modern-fetten-komprimierten Sound, bei dem pure Energie und Durchsetzungsvermögen gefragt sind, ist man mit dem Voyager bestens bedient. Wenn es allerdings „alt-rauchig“ klingen soll, greife ich im Studio dann doch lieber zum alten Minimoog.

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