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Mesa Boogie Mini Rectifier Twenty-Five Top Test

PRAXIS

Die Umschaltung zwischen 25 Watt (Pentode) und 10 Watt (Triode) verändert natürlich auch die Ansprache des Amps. Wer jetzt aber glaubt, dass der Rectifier im 10 Watt Mode wesentlich leiser ist, der irrt. Es ändert sich in erster Linie der Headroom, sprich, cleane Sounds bleiben auch bei größerer Lautstärke clean. Und der Amp kann ziemlich laut werden! Wer schon einmal das Vergnügen hatte, neben einem voll aufgerissenen Vox AC 30 zu stehen, der weiß, wovon ich rede. Der Mini Rectifier ist im Grunde eine abgespeckte Version des Dual Rectifiers. Das zeigt sich zum Beispiel an der Anzahl der Boxenanschlüsse. Der große Bruder liefert fünf, hier sind es lediglich zwei. Der FX-Loop ist entweder aktiviert oder nicht, beim Großen lässt sich dieser gezielt pro Kanal zuweisen. Aber wollen wir doch einmal ehrlich sein, wie oft werden solche Optionen genutzt? Der normal sterbliche Gitarrist bevorzugt in der Regel den puren, unverfälschten Sound, besonders im Studio. So schlagen sich die abgespeckten Features natürlich auch positiv im Preis nieder, und der ist wirklich mehr als attraktiv.

MesaBoogie_MiniRectifier25_030FIN Bild

Die hier verwendeten Endstufenröhren unterscheiden sich wesentlich von den teureren des großen Rectifiers. Dort werden 6L6 Glaskolben verwendet, die einen größeren Headroom besitzen und traditionsgemäß für den klassischen kalifornischen Sound sorgen. Die zwei hier verbauten EL 84 finden ihren Platz gern in zerrenden Amps, da sie mit ihrem kleineren Headroom eher in die Sättigung fahren. Gepaart mit der geringen Leistung zeigt sich diese Ausstattung also mehr als spannend, da die Endstufe viel eher ins Klanggeschehen eingreift. Vorstufenseitig verwendet Boogie fünf 12AX7. Der erste Kanal (Clean) sorgt für glasklare Cleansounds.
Beginnen möchte ich mit einer Strat und ihrem Hals-Singlecoil. Um die Übersteuerungsfestigkeit zu demonstrieren, habe ich den Gainregler ganz aufgedreht, das Ganze spielt sich im 25 Watt Mode ab.

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Clean Strat Neck Gain Max

Der Sound ist überaus impulsfreudig und fleischig. Die Charakteristik des Tonabnehmers wird gnadenlos dargestellt, der Attack springt mich förmlich an.
Ich drehe jetzt den Gainregler wieder zurück auf ca. 9 Uhr und spiele eine kleine Funk-Linie.

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Deluxe Funk Neck Gain 9h

Das Fette aus dem Beispiel zuvor tritt ein wenig zurück und macht Platz für ein etwas schlankeres Klangbild, genau richtig für diese Spielweise.
Jetzt kommt der Pushed Mode des ersten Kanals. Dieser Modus steigert das Zerrverhalten und bietet cleane bis Vintage-Crunch Sounds. Ich verwende wieder die Strat mit dem Hals-PU und drehe den Gainregler in die Mittelposition. Wie immer lasse ich die Klangregelung ebenfalls in der Mittelstellung.

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Push Strat Neck Gain 12h

Heraus kommt ein ordentliches Crunch-Brett, das aber vor Durchsichtigkeit nur so strotzt. Der Amp reagiert überaus feinfühlig auf das Volumenpoti der Gitarre und auf die Spieldynamik.
Ich behalte alle Einstellungen bei und schalte auf den Humbucker.

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Push Strat Humb Gain 12h

Wie erwartet verdichtet sich das Mittenbild und bietet einen satten Vintage Crunch-Sound, den man von alten Marshalls kennt. Es ist schon beeindruckend, wie sensibel der Boogie auf die verschiedenen Pickups reagiert und in diesem Fall so gar nicht amerikanisch, sondern überzeugend britisch klingt.
Statt 25 wird nun auf 10 Watt reduziert und gleichzeitig der Gaingehalt auf Maximum erhöht.

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Push Strat Humb Gain Max

Jetzt kommt die Endstufe ins Spiel und verdichtet den Sound noch einmal erheblich. Trotzdem bleiben alle Attacks erhalten und der Amp liefert einen fetten Crunchsound, der auch wunderbar für bluesigere Soli zu verwenden ist.
Per angeschlossenem Fußschalter geht’s in den zweiten Kanal und mir fällt dabei ein hörbares Knacken auf. Nachdem ich mich etwas eingehender mit der Bedienungsanleitung beschäftigt hatte, fand ich tatsächlich auch einige Zeilen zu diesem Problem. Es wird empfohlen, beide Kanäle mit derselben Wattzahl laufen zu lassen, da es sonst schaltungstechnisch zu eben diesem Störgeräusch kommt. Und genau so war es auch. Ganz ohne geht es zwar auch jetzt nicht, aber diesmal hält es sich in einem absolut vertretbaren, normalen Rahmen.
Der Vintage Mode hält, was er verspricht. Hier liefert der Mini Rectifier Vintage-Crunch- und Leadsounds. Im ersten Beispiel hören wir wieder den Hals-PU der Strat, der Gainregler steht auf 9 Uhr. Diesen Sound dürften einige von aktuellen Rockscheiben wie z.B. den Foo Fighters kennen.Unverkennbar klingt es nach Strat und der Sound drückt eine ganze Menge breite Höhen aus dem Speaker. Auch sonst klingt es schön schmutzig, eben genau so, wie es sein soll. Herrlich! Ich erhöhe den Zerrgrad auf 12 Uhr und schalte auf den Humbucker.

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Vintage Strat Humb 12h

Der zweite Kanal macht genau dort weiter, wo der Pushed Mode im ersten Kanal aufgehört hat. Der Klang wird breiter und dichter, was ihn gerade für fettere Achtelriffs prädestiniert. Attacks werden sauber herausgearbeitet, keine Frequenz scheint überbetont. Vor allem der Bassanteil, der beim Pumpen sehr wichtig ist, spielt sich nicht in den Vordergrund, sondern hält sich vornehm zurück, was das Klangbild innerhalb einer Band extrem aufräumt.
Im nächsten Beispiel befindet sich der Gainregler in seiner Maximalstellung und der Humbucker ist weiterhin am Start.

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Vintage Strat Humb Gain Max

Insgesamt wird es etwas böser, der Sound verliert aber nach wie vor nicht seine Vintage-Gene. Auch der Bassgehalt nimmt zu.
Es wird Zeit für eine andere Gitarre und die Les Paul kommt ins Spiel.

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Vintage Les Paul Steg Gain Max

Ich habe alle Einstellungen beibehalten und spiele eine kleine Sololinie. Den Sound kennt man von Musikern wie Gary Moore (R.I.P.) oder Santana, die für ihre schmatzenden Solosounds bekannt sind. Schön dicht und fett klingt es, ohne auch nur ansatzweise im Mumpf zu versinken.Spätestens hier setzt sich der Mini Rectifier von vielen seiner Konkurrenten ab. Last, but not least der Modern Mode. Der Gainregler befindet sich bei ca. 3 Uhr und die Regler an der Gitarre in Mittelstellung.

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Modern Les Paul Mid Gain 3h

Modern Light Crunch beschreibt den Sound meiner Meinung nach am besten. Das gesamte Klangbild hat sich im Vergleich zum Vintage Mode in die Breite gezogen. Es gibt frischere Höhen, das Mittenbild ist etwas ausgehöhlter und auch im Bass haben sich ein paar Frequenzen dazugesellt. Ich behalte die Einstellungen am Amp bei, schalte auf den Humbucker und spiele eine kleine bluesige Linie.

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Modern Les Paul Steg Bluesy Gain 3h

Mit einer ordentlichen Portion Knack macht sich hier jeder Anschlag bemerkbar und zeigt schonungslos auf, ob es sich um eine gute oder eben nicht so gute Gitarre handelt, das Ganze in einer mehr als ordentlichen Lautstärke. Der Master-Regler befindet sich übrigens beim gesamten Test bei ca. 3 Uhr. Ich habe spaßeshalber einmal den Master auf 9 Uhr gedreht und das recht schnell wieder sein lassen. Der Amp kann wirklich laut werden!Der Ton trägt schön und ist trotz des geringen Gaingehalts dick.
Jetzt wandert der Gainregler in die Mitte.

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Modern Les Paul Steg Riff Gain 12h

Mit eben solchen Sounds wird der Rectifier gerne in Verbindung gesetzt. Akkorde werden trotz des fetten Crunchsounds sehr artikuliert wiedergegeben und auch einzelne Töne, die innerhalb des Chords verändert werden, kommen klar heraus. Der Sound ist sehr breit und schreit förmlich nach breitbeinigen Riffs.

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Modern Les Paul Steg Gain Max

Spätestens jetzt wird klar, warum so viele Rock- und Metal-Bands auf eben diesen Verstärker aus dem Hause Mesa Boogie schwören. Gain bis zum Abwinken bei optimaler Klangwandlung und tighten Bässen, die punchy und direkt aus der Box drücken, sind die Basis von Bands wie Korn, Linkin Park (zumindest am Anfang ihrer Karriere) und unzähligen anderen harten Rockbands. Das Mittenbild ist eben nicht Marshall-typisch mittig, sondern eher eine Etage tiefer anzusiedeln. Dadurch bekommt der Sound das typisch Böse. Ich war etwas skeptisch, ob eben dieser Klang mit EL 84 Röhren authentisch zu realisieren ist, aber spätestens jetzt sind alle Zweifel verflogen. Wer jetzt glaubt, dass wegen des hohen Gaingehalts die Lautstärke in den Keller geht, irrt gewaltig! Zwischen dem Vintage- und dem Modern-Mode gibt es einen Lautstärkesprung, und zwar nicht zu knapp. Sprich, der Modern-Mode ist um einiges lauter.   
Zum Abschluss spiele ich eine kleine Sololinie mit maximalem Gain. 

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Modern Les Paul Steg Lead Gain Max

Ich denke, das bedarf nicht vieler Worte, noch mehr Gain sollte ärztlich verboten werden.Der Kanal spielt sich fast von selbst, wobei er erstaunlich wenig Nebengeräusche erzeugt. Wer hier Meeresrauschen erwartet, wird enttäuscht. Natürlich setzt so viel Gain auch ein gewisses Maß an sauberem Spiel voraus, da sonst alles gnadenlos mitverstärkt wird.

Kommentieren
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Chris sagt:

#1 - 04.03.2012 um 16:32 Uhr

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Hi Bassel, danke für den informativen Test! Über was für eine Box hast du den Amp gespielt und mit welchem Mikro abgenommen? Danke für ne kurze Info! Grüße, Chris

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Bassel sagt:

#2 - 04.03.2012 um 19:11 Uhr

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Hi Chris, Danke! Ich habe eine Randall 2x12" mit Vintage 30 Speakern verwendet. Abgenommen wurde sie mit einem Sm57 und einem Sontronics Halo. Das Shure ging durch einen Neve 8801 Pre und das Halo durch ein vintage Telefunken Mikroverstärker.
Beste Grüße, Bassel

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Chris sagt:

#3 - 05.03.2012 um 02:33 Uhr

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Tino sagt:

#4 - 19.09.2012 um 04:35 Uhr

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Vielen Dank für den tollen Testbericht.Ich war davor etwas unsicher, ob der Mini-Rectifier ausreicht für meine Ansprüche, aber nun ist klar, das Ding muss gekauft werden!

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