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Johnny Craviotto ist tot – Zum Leben des Solid Shell Pioniers

Am 15. Juli 2016 ist Johnny Craviotto gestorben. Bekannt wurde er mit seinen grandiosen, unter Dampf gebogenen Solid Shell Snaredrums und Drumsets. Der in Amerika geborene Sohn italienischer Einwanderer erschuf nicht nur einige der begehrtesten modernen Trommeln, in seiner Karriere arbeitete er auch als Drummer mit vielen bekannten Musikern. Wir haben die Stationen seines Lebens zusammengefasst. 

Bild: © Craviotto Drums
Bild: © Craviotto Drums


Obwohl Johnny Craviotto den meisten als Konstrukteur edler Trommeln bekannt sein dürfte, begann seine professionelle Musikkarriere als Drummer. Anfang der 70er Jahre spielte er Touren mit so berühmten Künstlern wie Ry Cooder oder Neil Young. Manche dieser Jobs teilte er sich mit der Studiolegende Jim Keltner. Neben seinen spielerischen Tätigkeiten interessierte sich Johnny allerdings auch für antike Möbel und Holzarbeiten, und so dauerte es nicht lange, bis diese beiden Bereiche zusammengeführt wurden. Ab 1977 begann er, alte Trommeln zu sammeln und diese auch zu restaurieren. Diese „Repair Jobs“ machten ihn in der professionellen Drummerszene schnell als fähigen Handwerker bekannt. Später kooperierte er mit dem – mittlerweile ebenfalls legendären – Drumtech Ross Garfield, welcher seine Arbeiten weiter empfahl.
Da man als Fan alter Snares früher oder später zwangsläufig die Bekanntschaft mit alten Slingerland Radio King Trommeln macht, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Johnny Craviotto vom Charme und Sound dieser, aus einem Stück Ahorn rund gebogenen Snaredrums infiziert war. Reparieren konnte er entsprechende Exemplare zu dieser Zeit schon, für die eigene Herstellung fehlten ihm aber noch das Geld und die Werkzeuge. Da traf es sich gut, dass er in dieser Zeit bei einem Yachtbauer arbeitete, für den das Biegen von Holzplatten mit Hilfe von Wasserdampf traditionell ein fester Bestandteil bei der Herstellung von Bootsrümpfen ist. Der Chef der Firma stellte seinem jungen Mitarbeiter nicht nur seine Werkzeuge zur Verfügung, er half auch mit Know How bei dessen Experimenten mit soliden Holzkesseln. 

Fotostrecke: 5 Bilder Das Diamond-Logo, Craviottos Markenzeichen, …

Solid Drums: die ersten Versuche als Trommelbauer und Unternehmer

Nach zahllosen Versuchen standen im Jahre 1984 erste Prototypen zur Verfügung, deren Qualität Billy Gibson, seines Zeichens Drummer bei Huey Lewis and the News, so sehr überzeugte, dass er Johnny Craviotto das nötige Kapital zur Gründung einer richtigen Schlagzeugfirma zur Verfügung stellte. Zusammen riefen sie Select Snare Drums ins Leben, und Johnny war nun hauptberuflich damit beschäftigt, Snaredrums aus einem Stück Holz zu fertigen. Rechtliche Probleme zwangen die Firmengründer wenige Jahre später, den Namen von Select in Solid umzuwandeln, wirklich erfolgreich wurde aber auch dieses Unternehmen nicht. Johnny Craviotto wendete dem professionellen Trommelbau den Rücken zu, nutzte die Zeit nach Solid allerdings dafür, seine Kunst weiter zu verfeinern, bis er 1993 Don Lombardi von DW traf. Die auf noble Schlagzeuge spezialisierte Marke besaß damals bereits weltweit einen exzellenten Ruf, und das Interesse an einzigartigen Kesseln zum Schärfen des Firmenprofils war groß. DW-Snares mit von Craviotto gefertigten Solid-Kesseln wurden zu den Flaggschiffen des Unternehmens, die Preise überstiegen schon damals die 1000 Dollar Marke. Trotzdem war die Nachfrage nach DW Craviotto so groß, dass man begann, neben Ahorn (Maple) auch Kirsch- (Cherry), Eichen- (Oak) und Walnussholz-Snares in massiver Bauweise zu fertigen. Mit DW‘s Hilfe und dank hervorragender Klang- und Verarbeitungsqualität wurde der Name Craviotto zum Synonym für dampfgebogene Snaredrum-Kessel. 

Timeless Timber, der erste Meilenstein

Ein Coup der besonderen Art sicherte Johnny Craviotto endgültig einen Platz im Olymp der besten Trommelbauer weltweit. Seine guten Verbindungen zu Holzhändlern ermöglichten ihm den Zugang zu jahrhundertealten, in einem See versunkenen Holzplanken edelster Qualität. Johnny konnte eine geringe Menge davon erwerben und verbaute das Holz – natürlich – in Snaredrums. Unter dem Namen Timeless Timber brachte DW die limitierte Serie auf den Markt, nach kurzer Zeit waren alle Exemplare verkauft, bei Preisen jenseits der 2000-Dollar-Marke. Je nach Vorbesitzer – die Timeless Timber Snares wurden mit gravierten Namensschildchen ausgeliefert – erreichen diese Edeltrommeln heute ein Vielfaches ihres damaligen Verkaufspreises, bei Sammlern sind sie begehrt.

Die Copper Diamond Snare war die zweite Zusammenarbeit zwischen Craviotto und AK Drums.
Die Copper Diamond Snare war die zweite Zusammenarbeit zwischen Craviotto und AK Drums.

Von der Zusammenarbeit mit DW zur eigenen Company

Den exzellenten Namen, den sich Johnny Craviotto mit seiner Arbeit und der Hilfe von DW machen konnte, nutzte er, um 2004 das erste eigene Unternehmen zu gründen, das seinen Namen trug: die Craviotto Drum Company. Mit Hilfe einer Geldgeberin konnte er nicht nur seine Produktionsmethoden weiter verfeinern, er begann auch, ganze Sets aus dampfgebogenem Holz zu bauen. Edle Intarsienarbeiten und hybride Kesselkonstruktionen aus unterschiedlichen Holzsorten erweiterten das Programm, und die charakteristischen Diamond Tubelugs sorgten für ein unverwechselbares Erscheinungsbild. Im Jahre 2007 brachte Craviotto in Kooperation mit dem Südtiroler Goldschmied Adrian Kirchler erstklassige, an die alten Ludwig Black Beauty Snares angelehnte Metall-Snares heraus. Seinerseits verhalf Craviotto damit einem bis dato eher unbekannten, dafür aber überragenden Trommelbauer zu internationaler Aufmerksamkeit. Adrian Kirchler durfte einige Jahre später die berühmten Gold Triumphal Snaredrums zu Ludwigs 100-jährigem Jubiläum bauen. Obwohl Craviotto die grandiosen Trommeln seiner Manufaktur in den letzten Jahren nicht mehr in Eigenregie gebaut hat, war er bis zuletzt verantwortlich für die Produktentwicklung und die Holzauswahl. Johnny Craviotto starb am 15. Juli 2016, seine Firma wird auch nach seinem Tod bestehen bleiben und weiterhin Trommeln bauen.
www.craviottodrums.com

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