Hercules DJ Console 4-MX Test

Details

Ausgepackt
Eines sollte man den Produzenten gleich mal hoch anrechnen. Statt eine kostenpflichtige, optionale Bag zu vertreiben, legen sie ihren jüngeren DJ-Controllern die Transportausrüstung einfach bei. So ist es auch hier. Eine schulterbare Kunststofftasche nebst Styropor-Inlets schützt auf Reisen vor Kratzern und sorgt dafür, dass die Kommandozentrale während ihrer wohlverdienten Ruhepausen nicht zustaubt. Toll! Für das USB-Kabel, Kopfhörer-Adapter und Co. ist eine kleine verschließbare Tasche im Innenraum angebracht. DJ-Controller sind ja in erster Linie für den mobilen Einsatz konzipiert, da spielen Maße und Robustheit natürlich eine besonders große Rolle. Auch da kann der Kandidat punkten, denn sein Platinen-bestücktes Inneres sitzt gut geschützt im soliden Stahlgehäuse und die Arbeitsfläche ist trotz zahlreicher Bedienelemente mit 40 x 25 Zentimetern ziemlich kompakt geblieben. Mit einem Laptop, Software, dem 4-Mx und einem Kopfhörer bewaffnet hat der DJ so stets seine komplette Arbeitsumgebung bei der Hand. Er schließt sich in Nullkommanix an die Anlage an, integriert Platten in den Mix und ist gewappnet, sollten die Zuspieler am Veranstaltungsort von minderer Qualität sein. Dann heißt es eben digital pur.

Die Soundcard werkelt mit maximal 24 Bit und 48 kHz, allerdings steht der 24-Bit-Betrieb nicht im Vollduplex-Modus zur Verfügung. Was das Oberflächenlayout und die zweigeteilte Farbgebung angeht, erinnert der Metallbolide konzeptionell an den Steel-Control (Test hier). Bei den Buttons, Fadern und Pots setzen die Produktdesigner auf „altbewährtes“ – Plastik statt Gummi, Silber statt schwarz. Insgesamt glänzt der Controller, um im Bild zu bleiben, mit zwölf Drehreglern, zwei Encodern und fünf Flachbahnreglern, denen zwei Jogwheels und 55 Schaltflächen zur Seite stehen. In der Summe ergibt dies 76 Bedienelemente, die nicht zuletzt dank verschiedener Betriebsmodi bis zu 165 MIDI-Befehle senden können. Da sollte sich schon was mit anstellen lassen. Die Hercules-Tasten sind vergleichsweise hart und weisen einen etwas gewöhnungsbedürftigen Druckpunkt auf. Dafür sind sie aber ziemlich widerstandsfähig, wie geschaffen für den rauen Partyeinsatz. Zudem sind sie beleuchtet und geben dem DJ ein optisches Feedback.

Potis und Fader scheinen im Trockenlauf ebenfalls praxistauglich zu sein, allerdings sollte man nicht vergessen, dass der Aufpreis zum Vorgänger bei rund 80 Prozent liegt. Da hätte ich persönlich gern ein paar Drehregler mehr gesehen und auf griffigere, gummierte Controller gesetzt. Gummiert sind statt dessen die gediegenen, extragroßen Füße im Single-Puck-Format. Sie sollten auch während impulsiverer Sets für sicheren Stand sorgen.

Strom bezieht der Proband ausschließlich über den USB-Port. Ein separates Netzteil ist nicht vorgesehen – im Sinne der Betriebssicherheit: Schade! Zum Lieferumfang gehören eine Installations-CD, Quickstartguide und USB-Kabel. Das Benutzerhandbuch erklärt auf dreißig Seiten ziemlich verständlich, wie unser Kandidat einzusetzen ist. Der Appendix beinhaltet obendrein zwölf Seiten MIDI-Codes, falls beim Mapping einer alternativen Programmumgebung Ungereimtheiten auftauchen.

Fotostrecke: 2 Bilder Flagschiff und jüngster Spross der Hercules Familie

Frontpanel
Interessanterweise verbauen die Konstrukteure Kopfhörer- und Mikrofon-Buchsen gleich in doppelter Ausführung. Sie sind nicht nur an der Vorderseite platziert, sondern auch noch auf der Oberfläche. Wer sich oben einklinkt, sollte im Party-Einsatz darauf achten, dass er nicht am Fader oder Jogdial hängenbleibt. Die Vorhöre ist standardmäßig den Kanälen drei und vier zugeordnet. Zwei Regler auf Nord-Ost-Position legen die Lautstärke und das Mischungsverhältnis zwischen Cue- und Mastersignal fest. Allerdings stellt sich im Test heraus, dass immer nur ein Ausgang funktioniert. Also entweder oben oder unten. Die Buchse auf der Oberfläche hat zudem den Vortritt, wenn zwei Kopfhörer angestöpselt sind. Schade, hier hätte sich Hercules ruhig für einen zweiten Ausgang am Frontpanel entscheiden können, die es DJ-Duos ermöglicht simultan abzuhören. Aus klanglicher Perspektive gibt es eigentlich nichts zu beanstanden. Was auf die Ohren geht, ist klar, druckvoll und laut genug. Einem Einsatz in mittellauten Clubs-, Bars und Partys sollte von dieser Seite erst einmal nichts im Wege stehen.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Volksmund sagt…

Wedding-Deejays, mobile Discotheken, Promotion-Beschaller und Moderatoren, die auf kompaktes Arbeitswerkzeug umsatteln wollen, können sich über zwei Mikrofon-Anschlüsse für dynamische Mikrofone freuen. Phantomspeisung ist nicht verbaut. Eingepegelt wird per Poti. Die Wandler sind vielleicht etwas schwach im Bassbereich, arbeiten bei niedrigem Grundrauschen aber unterm Strich ordentlich. Standardmäßig ist der Talkover-Modus aktiv. In dieser Einstellung wird das Mikrofonsignal über die Kanäle 1-2 geleitet und überlagert die Musik. Alternativ lässt sich der Sound beim Einschalten des Mikrofons auch komplett stummschalten.

Mikrofonanschluss
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Mirofon Preamp

Backpanel
Neben der obligatorischen USB-Buchse für den PC sehe ich an der Rückseite je zwei 6,3- Millimeter Klinken-Buchsen (+4dBu Ausgangsleistung) und je zwei RCA-Females (-10dBu Ausgangsleistung) für Master- und Monitoranlage. Beide Outputs spielen gemessen an der Preisklasse einen satten Sound aus. Das gefällt. Zwei unabhängige Stereo Cinch-Paare mit wählbarer Verstärkung bringen allerlei externes Equipment kompetent ins Spiel. Wie beim MK4 arbeitet der Line-In-Mode laut Herstellerangaben mit -10 dBu, Profi-Line mit +4dBu und der Boost-Modus unterstützt bis zu +8 dBu Signalstärke (etwa für  Pioneer CDJs. Wer Turntables anschließen möchte, findet hinten eine Erdungsschraube für die Massekabel, die etwas nah am USB-Port platziert ist. Das Grounding lässt sich abschalten.

Fotostrecke: 3 Bilder An der Rückseite…

Aufbauarbeit
Der dunkel abgesetzte Mixer im Zentrum der Konsole ist mit zwei vollständigen Kanalzügen ausgestattet, deren 50-Millimeter-Linefader im Auslieferungszustand noch einen etwas schwergängigen Regelwiderstand aufweisen. Das sollte sich erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit legen. Der Crossfader ist leichter als seine Kollegen. Bedauerlicherweise fehlt ihm ein Curve-Controller, denn das 4-MX-Control-Panel lässt lediglich die Ausprägungen Beatmix (fade) und Scratch (cut) zu. Bei den Full-Size-Brüdern verbauten Hercules noch einen Fader für die Masterlautstärke – mitten zwischen die Kanalbahnen. Wehe, wenn man sich da vergreift. Beim 4-Mx verwenden die drei Entwickler von Hercules einen Drehknopf und haben somit für mich einen der Hauptkritikpunkte der Geschwistermodelle ausgebessert.

Fotostrecke: 2 Bilder Lord Fader 4MX

Über den Blendwerkzeugen sind Equalizer und Navigationselemente arrangiert. Ein klassischer 3-Band-EQ mit Gain und Killswitches sorgt für klangliche Feinabstimmung. Die Potis greifen recht präzise ins Klangbild ein und haben einen angenehmen Drehwiderstand, ihr Abstand zueinander geht in Ordnung, solange der DJ keine dicken Finger hat. Und so hören sich die EQ-Cuts des virtuellen DJ-Mixers Nummer sieben an.

Audio Samples
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EQ Cut Hi 4Mx VDJ7 EQ Cut Mids 4Mx VDJ7 EQ Cut Bass 4Mx VDJ7 Killswitches 4Mx VDJ7

FOLDER, FILES, UP und DOWN navigieren entsprechend ihrer Kennzeichnung durch die Musikbibliothek. Viele DJ-Controller verwenden statt Tasten einen Push-Encoder, der normalerweise etwas zügiger unterwegs ist. Hercules-User können alternativ mit den Jogwheels browsen. Dedizierte LOAD-Buttons befördern die hervorgehobene Selektion in das aktive Deck. Standesgemäß schaltet CUE die Vorhörfunktion ein. Der Preview-Player der Vollversion ist nicht implementiert. Halb so wild, denn es stehen ja immerhin vier separat vorhörbare Decks bereit.

Tasten statt Encoder für die Musikbibliothek
Tasten statt Encoder für die Musikbibliothek

Decksektionen
Schon auf den ersten Blick kann sich der Proband gegenüber den restlichen Familienagehörigen profilieren, denn die druckempfindlichen Jogwheels haben einen fast doppelt so großen Durchmesser von 120 Millimetern. Wer zusätzlich mit CDJs der Baureihe 100/200 auflegt, braucht beim Tellerformat daher kaum umzudenken (was natürlich bei der 400/800 er Serie schon wieder anders aussieht). Die etwas glatte, sensitive Auflagefläche selbst hat einen Radius von 50 Millimetern, das Dial ist mit 20 Millimetern ähnlich hoch wie ein Plattenteller. Sein gummierter geriffelter Rand liegt gut in der Hand, der Rundlauf ist exakt und es kommt zügig zum Stehen, liegt aber etwas nah an den Kanalfadern. Für die Berührungserkennung sind Gewichtssensoren verantwortlich. Laut Herstellerangaben reagieren sie bei einem Druck von weniger als 1,5 g und 1 mm Hub. Ein mechanischer Auslöser ala Hercules bietet vielleicht einen Vorteil gegenüber kapazitiven Modellen, denn ein metalloxidbeschichteter Touch-Sensor, der durch Entladungsströme gesteuert wird, kann durch statische Elektrizität beeinträchtigt werden. So etwas wie Bodenbeläge, die uns in steter Regelmäßigkeit elektrisieren. Im Gegenzug tritt bei mechanischen Konstruktionen eine größere Verzögerung abhängig vom Andruckweg auf.

Der LED-Ring in der Mitte der Jogwheels leuchtet blau, wenn der Touch-Sensor aktiv ist. Dreht man ohne Druck auszuüben, beschleunigt oder bremst die Wiedergabe des Tracks. Die Sensibilität des Jogwheels liegt standardmäßig bei 256 Schritten pro Turnus, was 1.4 Grad pro Teilung entspricht und lässt sich in vier Stufen nach eigenem Gusto skalieren. Das ist auch zwingend notwendig, denn im Normalzustand lässt die Scratch-Funktion eher zu wünschen übrig, da sie bei kleinen Bewegungen bereits ganze Beats überspringt. Richtig Freude kommt erst ab 1/4 Auflösung auf. Auch der Touch-Sensor springt für meinen Geschmack zu schnell an, denn er reagiert oftmals bereits, wenn ich an den Tellerrand fasse. Regler zur hardwareseitigen Kalibrierung der Touch-Sensibilität sind trotz weiter Verbreitung nicht zugegen. Wer den Teller lediglich zum Beatmixen verwendet, deaktiviert den Auslöser gleich, indem er den Controller auf den Kopf und die Drehschalter an der Unterseite auf Lock stellt. Im äußeren Halbkreis um die Jogdials verteilt sehe ich die Transport-Tasten CUE, PLAY und STOP. Sie sind ausreichend groß. Die ansprechende Anlehnung ans CD-Tabletop-Design gefällt mir persönlich gut. Etwas weiter nördlich sind die Buttons für den Suchlauf und die automatische Synchronisation beheimatet.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Teller haben im Umfang und Funktion zugelegt

Die Pitchfader arbeiten mit Standard-MIDI kompatibler 7-Bit-Auflösung, können aber wahlweise auch mit 14-Bit High-Res ausgelesen werden. Ihnen sind 60 mm Schiebeweg angedacht. Ferner verfügen sie über eine Pitch-Reset-Funktion und können von der Konsole aus auf 6,12, 25, 50 und 100 Prozent eingestellt werden. Ein Genauigkeits-Test ergab auf der untersten Stufe Feinabstimmungen von 0,01 Prozent, bei 25% sind 0,25 Prozent möglich.  Bei vollen Hundert liegt der Pitch-Level, ihr ahnt es schon, bei 1,0 Prozent. Die Pitchbends sind oberhalb des Faders platziert. Und dann wären da noch die DECK-Switches, die das Tor zu den Abspieleinheiten drei und vier aufstoßen.

Pitch
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