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HEDD Type 20 Test

Praxis

Aufstellung / Testumgebung

Dank des kompakten Formats und des moderaten Gewichts benötige ich zum Aufbau der HEDD Type 20 Monitore keine separaten Stative sondern positioniere sie akustisch entkoppelt auf den dafür vorgesehenen Abstellflächen meines DAW-Arbeitsplatzes (Glorious Workbench), womit die Kantenlänge des Stereodreiecks etwa 1,40 m beträgt, was einer Nahfeld-Arbeitssituation in meinem akustisch optimierten Raum entspricht. Der seitliche Wandabstand beträgt ca. 50 cm, die dahinter liegende Wand ist ca. 1,50 m entfernt.
Als Audiomaterial habe ich einen stilübergreifenden Mix vetrauter Fremd- und Eigenproduktionen verwendet sowie diverse Hörproben mit Rauschgeneratoren und Sweeps durchgeführt. Als D/A-Wandler kam das Apollo 8 Interface von Universal Audio zum Einsatz. Die Verkabelung erfolgte analog mit Vovox-Kabeln (link direct S XLR).
Der erste Eindruck ohne Lineariser
In den ersten zwei Tagen, in denen ich die HEDD-Monitore ohne Lineariser verwendet habe, empfand ich die Gestaltung des Frequenzgangs als eher enttäuschend. Beispielsweise erscheinen tiefe Männerstimmen durch dicke untere Mitten dunkler als sie tatsächlich sind, wogegen hohe Frauenstimmen durch eine geringe Präsenz in den oberen Mitten etwas blass und leblos klingen. Das fand ich insgesamt etwas unbefriedigend und wenig authentisch, besonders für einen Studiomonitor dieser Preisregion. Dass diese wenig schmeichelhafte, subjektive Einschätzung von mir offenbar nicht weit vom Pfad der Wahrheit abweicht, sollte sich auch anderen Anwendern erschließen, wenn sie den HEDD Lineariser aktivieren. Dieser neutralisiert exakt diese Kritikpunkte, wodurch die Software weit mehr als ein Gimmick und die Verwendung unbedingt zu empfehlen ist. Den HEDD Monitor und Lineariser nicht als Einheit zu betrachten, wäre wie einen Sportwagen mit minderwertigem Benzin zu testen.
Frequenzgang
Im Folgenden betrachte ich die Verwendung des Lineariser einfach mal als alternativlos, zumindest für “klangsensible” Anwendungen wie Mix und Mastering. Über die gesamte Bandbreite ist die Wiedergabe ausgesprochen homogen und definitiv für professionelle Anwendungen zu empfehlen. Obwohl man (mit Ausnahme der beiden bereits genannten Abstimmungen des Bassbereichs) softwareseitig keinen manuellen Zugriff auf verschiedene Frequenzen hat, wirkt sich die korrigierte Phasenlage hoher Frequenzen (Einstellungen: Linear full range, Linear >500Hz) auch auf die quantitative Wahrnehmung der Höhen aus, indem es etwas “frischer und knackiger”, für mein Empfinden aber niemals aufdringlich oder anstrengend klingt, was vielleicht vereinzelt von “AMT-Skeptikern” so empfunden wird. In einem solchen Fall könnte man bei Bedarf den den High Shelf EQ einsetzen, was aus meiner Sicht aber nicht notwendig ist. Dank der Frequenzkorrektur des HEDD Lineariser sind die Mitten auf einmal greifbar, was die technische und ästhetische Einschätzung der gesamten Balance und tonale Eingriffe begünstigt. Sollte es für die Profitauglichkeit der Basswiedergabe 10 Punkte zu verteilen geben, würde der kompakte HEDD Monitor 8 Punkte von mir erhalten. Obwohl der 7-Zoll-Tief-/Mitteltöner tatsächlich eine solide Beurteilung bis in den Subbassbereichs ermöglicht, ist hier im Vergleich zu größeren Speakern noch etwas Luft nach oben, was man beispielsweise an lang ausklingenden Basstönen oder Bassdrums ausmachen kann. Diese wirken beim HEDD Type 20 teilweise etwas “flacher” und weniger dynamisch/lebendig als bei größeren Abhörsystemen. Letzteres ist eine, entsprechend der Gehäusegröße, wenig überraschende Abgrenzung und weniger als Kritik zu verstehen. Insgesamt ist der Frequenzgang ist unter Verwendung des Lineariser beispielhaft für einen professionellen Studiomonitor.

7-Zoll-Chassis
7-Zoll-Chassis

Impulsverhalten
Der direkte Vergleich offenbart auch hier die Macht der Phasenkorrektur. Bei deaktiviertem Plug-in wirken Transienten eindeutig verwaschener. Das ist kein esoterisches Geschwurbel, sondern deutlich hörbar. Unter Verwendung des Lineariser ist das Impulsverhalten des Type 20 äußerst präzise und erleichtert Tonschaffenden dynamische Eingriffe ins Geschehen. Lediglich der zuvor erwähnten, leichten Tendenz zur Kompression dominanter Ereignisse im Bassbereich sollte man sich bei der Arbeit mit dem HEDD Monitor bewusst sein.
Räumliche Abbildung
Der HEDD Type 20 seziert durch seine hohe Auflösung, an welcher der HEDD AMT Hochtöner mit Sicherheit nicht ganz unschuldig ist, und seiner Phasentreue das räumliche Geschehen. Der letzte Nebensatz verrät, dass auch hier die Verwendung des Plug-ins die Qualität maßgeblich begünstigt. Phasentreue Transienten lassen sich viel präziser orten und erzeugen im Zusammenspiel mit hochaufgelösten Rauminformationen entsprechender Aufnahmen eine exzellente Transparenz und Tiefe.
Vor- und Nachteile der Arbeit mit dem HEDD Lineariser
Im Zusammenspiel mit dem bereits inflationär erwähnten Lineariser ist der HEDD Type 20 Monitor ein absolut empfehlenswertes Abhörsystem für Studioprofis und möglicherweise auch HiFi-Enthusiasten, der im autarken Betrieb meine Ansprüche an ein professionelles Abhörwerkzeug allerdings nicht ganz erfüllt. Von daher ist die Verwendung der Software nach meiner Ansicht zwingend. Hierbei gibt es einige Eigenheiten, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Zunächst ist es ungewohnt und auch ungewöhnlich, ein Plug-in zum reinen Abhören (als letztes Glied!) im Masterbus seiner DAW zu insertieren. Neben der teilweise stark erhöhten Latenz wird der Pegel (laut Manual 9 dB notwendiger Headroom) spürbar reduziert, was zu Problemen beim externen Metering führen kann. Möglicherweise findet man hier je nach DAW eine Routing-Lösung, allerdings muss das Plug-in beim Rendern unbedingt wieder deaktiviert werden, da die Klangveränderung ja nur die Wiedergabe über die Monitore und nicht den Mix beeinflussen soll – und man außerdem kein “-9dB-Master” abliefern möchte. Alternativ bietet sich zwar der Standalone-Betrieb an, dennnoch bleibt ohne Bypass auch hier die Problematik des Meterings und anderer “Kleinigkeiten”, wie etwa dass sich die Klangveränderungen auch auf eventuell vorhandene Kopfhörerwege auswirken. Sicherlich gibt es für alles irgendeine Lösung, Fakt ist aber, dass man bereit sein muss, seinen Workflow diesem kombinierten Monitoring-Tool aus Lautsprecher und Lineariser anzupassen. Zwangsläufig kommt hierbei die Frage auf, warum man das digitale Processing nicht gleich im Monitor verbaut hat, ähnlich den digitalen Filtern einiger Mitbewerber. Hier argumentiert der Hersteller nachvollziehbar mit dem Entfallen einer unnötigen AD- und DA-Wandlung, was zumindest bei der Verwendung der Analogeingänge der HEDD Monitore zutrifft. Wer weiß, vielleicht wird der Lineariser in Zukunft ein Bestandteil der HEDD Bridge.

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