HEDD HEDDphone Test

Praxis

Überraschung

Saß der Prototyp des HEDD HEDDphones noch recht sperrig auf meinem Kopf (und ließ mich innerlich schon zu Witzen der Kategorie „Pärchen NS10 mit Gewebeband“ hinreißen), ist das Aufstetzen der AMTs eine Überraschung. Die wirklich riesigen Muscheln mit den weichen Polstern schmiegen sich so erstaunlich angenehm an meinen Kopf, dass ich mich frage, wo das immense Gewicht geblieben ist. Der Druck ist gut verteilt, auch der Bügel trägt mit seiner dicken Polsterung zur geschickten Gewichtsverteilung bei. Und auch nach einem halben Arbeitstag mit den umgeschnallten Ledersesseln habe ich nicht das Gefühl, drei Pfund Equipment auf dem Kopf gehabt zu haben. Auch das Klima unter den Muscheln stimmt, ich schwitze nicht und fühle mich nicht abgeschottet – was bei der Bauweise auch nicht verwundert. Allerdings ist natürlich die Schallemission und -immission bei diesem Konstruktionsprinzip recht hoch. Gewöhnungsbedürftig ist, dass beim Ändern der Hörerposition ein deutliches Knistern der gefalteten Membran vernehmbar ist. Das kenne ich allerdings von meinen Stax-Elektrostaten genauso.

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Lässt sich trotz seines stattlichen Gewichts lange bequem tragen: HEDDphone

An allen Amps

Vorab: Ich habe den Kopfhörer an unterschiedlichen Preamps ausprobiert, darunter auch reichlich schlechten, etwa dem in das MacBook Air (2017) eingebauten. Der HEDD-Kopfhörer zeigte sich dabei nicht allzu wählerisch und zeigte keine auffallend großen Unterschiede in Frequenzgang und Dynamik. Selbstverständlich konnte er an hochwertigeren Amps stärker auftrumpfen, etwa am Waversa WminiHPA mkII, am Lavry DA11 oder am Merging Technologies HAPI.

Klangeindruck

HEDDs HEDDphone spielt mit einem grundsoliden Bass, der eher trocken wirkt und nicht „boomy“ ist. Er reicht ohne Einbrüche bis weit hinab, sodass Elektro-Bassdrums und das Pedalwerk von Orgelaufnahmen gleichermaßen genossen und auch hervorragend beurteilt werden können. Rein pegelmäßig ist der HEDD im unteren Spektrum eher etwas nüchtern-zurückhaltend als übertreibend. Der Wiedergbe nicht nur der tiefen Frequenzen kommt die hohe Geschwindigkeit zugute, zum Verwaschen neigt der HEDD nicht. Müsste ich Attribute aus der HiFi-Welt nutzen, würde ich eindeutig „trocken“ und „leicht holzig“ wählen.

Die Mitten sind göttlich. Das liegt vor allem daran, dass sie sehr ausgewogen sind und keine Überbetonungen oder Rücknahmen beinhalten. Dadurch lassen sich die HEDDphones beispielsweise sehr gut dafür nutzen, Vocals im Level passend zu platzieren – eine Aufgabe, die mit vielen anderen Kopfhörern sehr schwierig ist. Gleiches gilt für die Schwierigkeit, Gitarren, Keys und Vocals zu balancieren. Auch Hi-Hats und Snares sind im Pegel gut gegeneinander abzuwägen – an einer Stelle ist jedoch das Bewusstsein wichtig, dass die HEDD HEDDphones einen leichten S-Dip besitzen. Spitze S-Laute werden in der Wiedergabe vornehm zurückgenommen, im Mixing besteht also die Gefahr, dass diese im finalen File etwas zu laut gemischt werden. Auf der anderen Seite ist dieser Umstand der Langzeittauglichkeit des HEDDphones zuträglich. Und man darf nicht vergessen, dass der HEDD auch von der audiophilen Szene intensiv beobachtet (und sicher sehr geschätzt werden) wird.

Das Air-Band des Kopfhörers ist durchaus pegelstark, aber nicht übertrieben, sondern natürlich. Das sorgt für luftige Frische beim Musikgenuss und natürlich für eine gute Beobachtungsmöglichkeit der Geschehnisse im Recording, beim Editing und Mixing. Anders als bei manchen preiswerteren Tauchspulenkopfhörern mit prominentem Luftband wirken die höchsten Höhen nicht geboostet, sondern beziehen ihre Schallenergie daraus, dass die Folie durch ihr geringes Gewicht im Magnetfeld sehr schnell bewegt werden kann und offenkundig nach Impulsen nicht merklich nachschwingt.
Das sorgt auch für folgenden Umstand: Die größte Stärke des HEDDphones ist seine Feindynamik und Auflösung: Der HEDD-Kopfhörer spielt so nah und schnell am Signal, dass es atemberaubend ist. Für Personen, die so etwas nicht kennen, wird die Sonne aufgehen. Das klingt banal, ist es aber nicht. Wenige Tauchspulenkopfhörer, man denke etwa an den teuren Sennheiser- HD-800, besonders aber planarmagnetische Kopfhörer wie Audeze LCD-X und und elektrostatische (v.a. Stax) spielen in dieser qualitativen Liga – die unter 1000 Euro Kaufpreis schlichtweg nicht existiert.

Das HEDD-Logo zeugt von viel Forschung und Entwicklung sowie hoher Herstellungsqualität.
Das HEDD-Logo zeugt von viel Forschung und Entwicklung sowie hoher Herstellungsqualität.

Feinste Obertonstrukturen zeichnet der HEDD in einer Genauigkeit nach, die beinahe an den Elektrostaten heranreicht – ohne dabei aber eine Eigenschaft zu besitzen, die einen Elektrostaten in seiner Eignung als Dauerhörer einschränkt: Anders als mein Stax SRS-2050 ist der HEDD HEDDphone nicht „eckig“ und auf lange Sicht etwas anstrengend, sondern besitzt trotz hohe Feindynamik einen immer noch unaufgeregten und sanften Gesamtklang. Ferner kann der HEDD-Hörer mit einer natürlichen Gesamtdynamik aufwarten und bei Bedarf durchaus hohe Pegel generieren. Wichtig dabei ist, dass er seine dynamischen und spektralen Eigenschaften bei unterschiedlichen Pegeln nicht verändert.
Die genannten Attribute sind perfekte Voraussetzungen für eine gute Bühnendarstellung. Und tatsächlich. Der offene HEDDphone fächert Signale weit und gleichmäßig auf und erlaubt einen tiefen Blick in das Geschehen. Besonders großartig sind Signale mit vielen natürlichen Erstreflexionen, die den Raum sehr plastisch darstellen. Nicht zuletzt, um Stereomikrofone und Drum-Overheads im Recording einschätzen zu können, ist das eine außerordentlich geeignete Lösung.

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