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Heavyocity Gravity Test

Praxis

Erster Überblick und die Effekte des Main-Fensters

Ich lade in wahlloser Reihenfolge Hits, Pads, Risers und höre mich durchs Angebot. Der erste Eindruck ist fulminant; was mir aus den Boxen entgegenkommt ist ausgesprochen satt und komplex und ich fühle mich wahlweise ins All oder in den Film „Gravity“ versetzt. Ich bleibe bei den Hits, denn eines der praktischsten Werkzeuge schien mir auf den ersten Blick das Raster zur Längenbestimmung der Hits zu sein. Die Hits in Sekunden anzupassen erweist sich dabei als ziemlich umständlich, da außer der Maximaldauer keine Sekundeneinheiten angegeben sind. Dafür ist das Notenwert-Raster ein Segen. Der Hit endet mit einer Einstellung genau da, wo man ihn haben will. Früher habe ich Hits oft per Audio ausgespielt, um den Maximalpunkt exakt zu positionieren. Das ist in Gravity nicht mehr nötig.
Danach kümmere ich mich um den Punish-Effekt, eine Mischung aus Kompression und Saturation. Und in der Tat, „punish“ ist der richtige Begriff. Die Sounds klingen eh schon groß und tendenziell bedrohlich, aber „punish“ gibt dem Ganzen eine zerstörerische Komponente mit brutalem Anstrich. Eine sanfte Erschütterung lässt sich mit diesem Mittel einfach in eine Planetenkollision umdeuten.
Twist hingegen kann ich in seiner Funktionsweise nicht einordnen. Der Sound klingt tatsächlich in sich verdreht, aber ich könnte nicht sagen, was da genau passiert. Funktional betrachtet wird der Sound intensiviert und ich frage mich, wo ich so was anwenden würde. Mir fällt dabei noch am ehesten ein Zoom auf ein immer heller werdendes Licht ein. Für diese Art von Intensivierung könnte Twist durchaus nützlich sein.

Die Frage nach der Anwendbarkeit

Wie bei allen großen, cineastischen Libraries stellt sich mir auch bei Gravity die Frage, wozu ich sie praktisch verwenden könnte. Denn Kino, das ein visuelles Äquivalent zur Soundwucht dieser Library darstellt, wird hierzulande nicht gemacht. Zu Games könnte es schon eher passen, aber dann bleibt die thematische Begrenzung aufs Weltall. Fürs Fernsehen sind die Sounds ohne Frage viel zu groß. Geht es also auch ein paar Nummern kleiner und universeller? Es geht. Die meisten Presets werden schon mit einer ordentlichen Effekt-Palette geladen. Diese lässt sich aber komplett deaktivieren und schon schwindet die Größe dahin. Die Komplexität bleibt jedoch erhalten und dadurch wird Gravity auch als Soundquelle für verdrehte elektronische Elemente interessant, die sich für kleinere Bildformate eignen.

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Hits; kurz und lang Hits Impact; Punish Pads Etherial; Twist Pads Experimental; mit und ohne Effekte Riser All FX; kurz und lang Organic Riser Riser Breakout Menü Sweep Atonal Reverse; Unison Sweep Disturbing Metal; Puni13 Sweep Tonal reverse Element; Reverse Hit Element; Disturbing Metal Sweeps

Punktgenaue Tonstörung mit triggerbaren Effekten

Alle bisher besprochenen Effekte bezogen sich auf den Grundklang, auch wenn sich natürlich alles per CC automatisieren und so rein- und rausfahren lässt. Für einen kurzfristigen Riss im Gefüge eignen sich jedoch die TFX besser. Diese fünf Effekte lassen sich per Key ansteuern und somit exakt und unkompliziert situativ anwenden.  Distortion, Filter und Delay finde ich zwar praktisch aber tendenziell unspektakulär. Für kurzfristige Tonstörungen habe ich es lieber etwas deutlicher und da hauen LoFi und Panner stärker rein. Auch diesen Effekten ist man nicht einfach ausgeliefert, sondern kann sie sehr genau anpassen. Jeder Effekt hat zwei Parameter und deren Verhalten und Intensität lassen sich im Step Sequencer festlegen. Neben den üblichen Presets für Ramp Up, Ramp Down usw. gibt es noch den Random-Button, den ich jedem sehr ans Herz legen kann. Ich spiele damit einfach so lange rum, bis etwas herauskommt, das ich mir niemals hätte ausdenken können. Die TFX begeistern mich sehr, denn komplexe Sounds kurzfristig „ausbrechen“ zu lassen, wenn es das Bild verlangt, war bisher eine ziemliche Fummelarbeit. Dieses Problem wurde in Gravity berücksichtigt und exzellent gelöst.

Das Herzstück von Gravity: Motion

Die interessanteste Frage bei Synthies aller Art ist für mich immer, wie es gelingt, dem Sound Leben einzuhauchen und Statik zu vermeiden. Das gilt besonders, wenn der Sound über eine längere Zeit im Fokus steht. Hier kommt Motion ins Spiel. Die drei Parameter Volume, Pitch und Pan, alle regelbar im Step Sequencer, sorgen für Bewegung. Was für den Sequencer der TFX galt, gilt auch hier; es gibt dieselben Presets und auch eine Random-Funktion. Bei den dreikanaligen Sounds gibt es einen Sequencer für jeden Kanal. Außerdem lassen sich bis zu acht verschiedene Presets einstellen und per Sequence Chain auf bis zu acht Takte Länge in beliebiger Reihenfolge anordnen. Dadurch kann man krasse Brüche, aber auch subtile Veränderungen herstellen. Der Effekt ist außerordentlich, der Klang wird organisch, lebendig, fängt an zu atmen. Ein weiterer Vorteil ist, dass dadurch Sparsamkeit ermöglicht wird; man muss nicht mehr Dutzende Layer übereinanderschichten, um Fluss und Bewegung zu erzielen. Mit ein paar gezielten Handgriffen lassen sich Strukturen bauen, die tragfähig, weil organisch, sind und sensationell klingen. Und darum geht es ja die meiste Zeit. Hits und Riser sind meist Höhepunkte und dienen zur Unterstreichung oder Phrasierung. Eine lebendige Textur im Hintergrund ist jedoch die Basis von allem anderen und mit Motion lässt sie sich exzellent herstellen.

Selbstgemacht schmeckt immer noch am besten: der Designer

Am Ende winkt noch freundlich der Designer für Riser und Hits. Eigentlich handelt es sich um nichts anderes als ein Breakout-Menü mit den Zusatzfeatures, dass man eine Oktave hat, auf der die Einzelteile bereits als kompletter Sound liegen und man in diesem Einzelelemente ersetzen kann, und sofort hört wie es klingt. Aber ganz im Ernst, den Sinn dahinter verstehe ich nicht ganz. Der Komplettsound, so wie seine Einzelkomponenten, liegen immer auf derselben Taste. Ein Sound also, der aus drei Einzelteilen besteht, belegt insgesamt viermal die Taste „C“ in Oktavabständen. Ich könnte also auch einfach die drei Einzelteile antriggern und dann beliebig je einen Ton, bzw. eine Taste verändern. Dafür reichen zehn Finger allemal. Interessant wird der Designer für mich eigentlich nur dadurch, dass ich auch die Soundkategorien ändern kann. Wenn es z. B. Sub, Organic und Synth gibt, kann ich auch alle drei Kategorien auf Synth einstellen. Ich kann aber natürlich auch einfach drei Tasten in der Synth-Oktave drücken. Kurz: Der tiefere Sinn des Designers erschließt sich mir nicht, aber da der ganze Rest so fantastisch ist, ist das auch nicht weiter tragisch.

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Pad Complex; Aggressive Motion Unnerving Motion Sequence Riser; Motion Hit; Sub Hit; Tail Hit; Designed Riser; Designed Experimental TFX; LoFi + Panner
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