FXpansion DCAM: Synth Squad Test

Praxis

Installation
Das gesamte Paket ist schnell installiert und via Internetverbindung freigeschaltet. Die Synthesizer liegen nun, wenn auch etwas verstreut, über den Programm-Ordnern als Standalone-Versionen und als Plugins im AU-, RTAS- und VST-Format – wahlweise als Instrument oder als Insert-Effekt – bereit. Mir bereitete kein Host Probleme, die Plugins waren sofort zum Anspielen bereit.

Während man auf dem PC noch mit Windows XP (Service Pack 3) ausreichend versorgt ist, muss auf dem Apple allerdings schon System 10.5.7 auf einem Intel-Prozessor her. Wenn man davon ausgeht, dass in dem einen oder anderen Studio tatsächlich noch ein etwas älteres Modell steht, wäre eine weiter reichende Abwärtskompatibilität durchaus wünschenswert. Andererseits macht ein aktueller und damit hoffentlich kräftiger Rechner schon Sinn – bei komplexen Fusor-Patches oder dem Amber, der beim polyphonen Spiel äußerst leistungshungrig ist, kratzte die CPU-Auslastung meines zugegebenermaßen schon etwas betagten Mac Book Pro Dual Core mit 2.16 GHz schnell mal an der 50 Prozent Marke.

Manual
Sowohl Anleitung als auch Quick-Start-Guide werden in Englisch mitgeliefert, die beide hervorragend geschrieben sind. Neben ausführlicher Dokumentation der Programme liefert FXpansion hier kleine Einleitungen in die verschiedenen Spielarten der Synthese und historische Verweise auf (un-) bekannte Vintage-Synthesizer und Klassiker. Einzig die teilweise etwas übertriebene Hervorhebung des Produktes wirkt manchmal etwas irritierend, kommt dann aber glücklicherweise doch sehr selten vor.

GUI
Die Synthesizer erscheinen beim ersten Öffnen etwas unterdimensioniert, denn bei 1440 x 900 nimmt selbst der größte Synth nur etwas mehr als die Hälfte der Bildschirmfläche ein, lassen sich aber erstaunlich gut und intuitiv bedienen. Die Oberflächen sind schlicht gehalten und die Aufteilung in Sektionen und die Anordnung der Regler erschließen sich sofort.

Presets + Soundbearbeitung
Presets lassen sich über einen klassischen Browser mit hilfreicher Funktion zum Filtern der Daten aufrufen und verwalten, über einen weiteren Knopf gelangt man ins OS, um eventuelle Patches oder Sammlungen zu importieren.

Web Bild

Ein erstes Preset ist schnell geladen, das Spiel mit den Parametern macht sofort Spaß und selbst bei dem auf FM spezialisierten Cypher sind Modulationsquellen und -ziele schnell nachvollziehbar. Diese Tatsache ist zu großen Teilen auch dem Scope zu verdanken, das bearbeitete Parameter sofort visuell darstellt. Besonders gelungen ist hierbei die „lock-scope“-Funktion, bei der man die Darstellung eines Parameters „arretieren“ kann. So lässt sich zum Beispiel der Einfluss einer Envelope auf das Filter während der Bearbeitung nachvollziehen – erhöht man den Attack-Wert, sieht man entsprechend, wie sich das Filter immer später öffnet.

Generell verlässt man sich zwar eher auf das Gehör, was solch ein Tool durchaus redundant machen könnte, aber allein für die schnelle Nachvollziehbarkeit von Patches und als Rettungsleine, wenn man sich in den unzähligen Modulationen verloren hat, finde ich das Scope durchaus sehr hilfreich. Gewünscht hätte ich mir einzig die Möglichkeit, auch das Ausgangssignal auf irgendeine Weise, und sei es durch schlichte Fourier-Analyse, sichtbar zu machen.

TransMod
Ähnlich komfortabel und als Beitrag zur Klangformung um Weiten mächtiger, ist das TransMod-System. Hier lassen sich auf einzelnen „Slots“ Gruppen von Modulationszielen mit individueller Intensität zusammenfassen. Somit können einem einzigen Controller, zum Beispiel dem Modulation-Wheel, sehr schnell eine ganze Reihe von Parametern zugeordnet werden. Massive Eingriffe in den Sound während des Spielens sind auf diese Weise schnell realisierbar.
Das TransMod System geht an dieser Stelle noch eine ganze Ecke weiter, als man es von vielen anderen Softsynths kennt. Nach der Verknüpfung einer Modulationsquelle mit einem oder mehreren Parametern, kann eine weitere Quelle zur Skalierung der Modulationswerte genutzt werden. Während als Standardwerte sowohl eine positive als auch negative “Modulations-Richtung” und auch eine bipolare Skalierung (also von -1 bis 1) zur Verfügung stehen, können hier auch Parameter wie Velocity, LFOs und Hüllkurven eingesetzt werden. Möglich ist so zum Beispiel die bewusste Verschiebung des Modulationsbereiches durch die Anschlägsstärke, auch wenn der tatsächliche Eingriff über einen MIDI-Controller vorgenommen wird.

Modulationen mit Fusor
Innerhalb von Fusor stehen sämtliche Modulationsquellen und -ziele sogar unabhängig von den einzelnen Instanzen zu Verfügung. Das bedeutet, dass eine Hüllkurve eines Synthesizers zum Beispiel gleichzeitig Effektparameter von Fusor und Filterstellungen eines weiteren Synthesizers steuern kann.
Eine weitere erwähnenswerte Besonderheit ist die Möglichkeit “Unison” als Modulationsquelle einzusetzen. Wird diese aktiviert, wirkt sich jede Bearbeitung innerhalb des Modulation-Slots einzig und allein auf die Unisono-Stimme aus (sofern diese aktiv ist). Effektiv bedeutet das pro Unisono-Stimme einen weiteren unabhängigen Oszillator – gerade beim Strobe eine willkommene Möglichkeit, einen Sound komplexer zu gestalten!

Sound Morhping
Das TransMod-System bietet so weitreichende Möglichkeiten, dass sie im Detail den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Eine letzte Funktion sollte trotzdem nicht unerwähnt bleiben. Mit der “Load to Mod Slot”-Funktion können sämtliche Parameter aus einem nicht aktiven in den aktuelle Patch transferiert werden. Dabei überschreiben diese allerdings nicht einfach die Werte des Patches, sondern werden auf einem der Modulation-Slots abgelegt. Mit einer einzigen Reglerbewegung kann man nun (mit wenigen Einschränkungen) zwischen zwei Presets morphen, was massive klangliche Eingriffe erlaubt.

Übersichtlichkeit
Die Fülle an Möglichkeiten, die das TransMod-System bietet, sollte den geneigten User auf keinen Fall abschrecken. Die Bedienung erweist sich als äußerst überschaubar und ist schnell verinnerlicht. In Hinblick auf die Arbeit mit komplexen Patches erleichtert das System den Workflow sogar erheblich. Fährt man zum Beispiel direkt nach dem Öffnen eines Presets mit der Maus über die Slots am oberen Bildschirmrand, erkennt man sofort an jedem Regler die entsprechenden Minimal- und Maximalwerte und kann den Aufbau eines Patches sehr schnell erfassen.

MIDI-Learn
MIDI-Learn funktioniert ebenso unkompliziert. Jedem Regler wird mittels empfangener Midi-Daten der entsprechende Controller zugewiesen. Ein Klick mit der rechten Maustaste auf einen Regler öffnet dann ein Menü, über das gesondert die MIDI-Verknüpfung, der Modulationsbereich und bei tonhöhenbezogenen Reglern sogar die Art der Skalierung bearbeitet werden können.

SOUND
Die drei Synthesizer klingen allesamt äußerst überzeugend und eigenständig. Schon die Presets machen Spaß und bieten ein weites Spektrum zwischen konventionellen und sehr individuellen Sounds.

Logo Strobe
Logo Strobe

Der Strobe ist auf den ersten Blick ein mächtiger Lead- und Bass-Synthesizer. So reduziert er zunächst anmuten mag, so sehr begeistern die Sounds. Durch das Schichten der virtuellen Oszillatoren und mit der richtigen Prise Unisono klingen schon simple Bass-Sounds extrem knackig. Mit entsprechendem Finetuning lassen sich dem Strobe aber auch schöne Pads und modulierende Flächen entlocken.

Logo Cypher
Logo Cypher

Cypher dagegen ist etwas komplexer zu bedienen und es braucht einen kleinen Moment, bis man den Signalfluss verinnerlicht hat. Ich hätte mir am Anfang ein etwas flexibleres Routing gewünscht, stellte dann aber fest, dass diese leicht einschränkende Festlegung auf Modulationswege tatsächlich eher inspirierend als einschränkend wirkt. Und spätestens bei Einbeziehung des Trans-Mod Systems  werden die Modulationsmöglichkeiten noch einmal weitaus komplexer. Dann kann, auch wenn FXpansion das „analoge“ FM sehr betont, von digital klingende FM-Glocken bis hin zu verzerrten und durch die Sample-and-Hold-Funktion sehr krassen Klängen eine Menge toller Sounds programmiert werden.

Logo Amber
Logo Amber

Amber schließlich ist ein kleiner Spezialist, der alles andere als Brot-und-Butter-Sounds bietet. Auch wenn sich alle weitreichend verbiegen lassen, bleibt das Instrument eine Emulation alter String-Machines und Synthesizer mit der typischen Divide-Down-Architektur – die er allerdings überzeugend liefert. Mit leicht knorrigem Bassbereich und schönen, durch den Chorus aufgefächerten Höhen, kommen schon die entsprechenden Presets den Vorbildern erstaunlich nahe.

Logo Fusor
Logo Fusor

Mit Fusor gibt es zuguterletzt ein nützliches Tool, um aus den drei Einzelgängern gelayerte und noch einmal komplexere Klangstrukturen zu generieren. Spätestens hier wird das Paket auch interessant für Sounddesigner und Filmkomponisten. Die nahezu unerschöpfliche Auswahl an Modulationsmöglichkeiten kann einen Sound sowohl mit zurückhaltenden Variationen im Klangverlauf aufwerten, als auch sehr experimentelle und drastische Klangverformungen ermöglichen.
Einziger Punkt auf meiner persönlichen Wunschliste ist ein flexibleres Output-Routing im Betrieb ohne zusätzlichen Sequencer. Auch wenn Fusor nicht als Standalone-Host konzipiert ist, wäre hier die Möglichkeit, die einzelnen Instanzen auf separate Ausgangskanäle zu schicken, eine tolle Ergänzung.

Auch die Effekte sind rundum gelungen. Gerade die etwas wilderen Kandidaten aus der großen Auswahl werten die Grundsounds ungemein auf. Aber auch das Standard-Repertoire bietet teilweise ernsthafte Alternativen zu der Ausstattung, die der eigene Sequenzer mitbringt. Gemeinsam haben die drei Synthesizer und Fusor jedenfalls Eines: Sie bringen eine angenehme Portion Unberechenbarkeit und Schmutz mit. Die Sättigung der Filter und der Verstärkerelemente, aber auch die modellierten Signalwege an sich verpassen dem Sound schnell etwas Raues. Wie viel davon auf das DCAM zurückzuführen ist, mit dem intensiv geworben wird, sei dahingestellt. Fest steht, dass mir schon das erste Anspielen eines Arpeggio-Synths mit dem Strobe das Gefühl gab, einen lebendigen und „analogen“ Sound in den Fingern beziehungsweise in den Ohren zu haben. Die Analogue-Regler sind, speziell beim Amber, sicherlich Geschmackssache. Aber in einer Zeit, in der man gerne mit digital generierten Sounds noch einmal ins gute alte Outboard-Equipment geht, um die synthetische „Kälte“ loszuwerden, finde ich diesen Ansatz persönlich sehr gut.

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