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FXpansion DCAM: Synth Squad Test

KLANGERZEUGUNG
Die Klangerzeugung ist bei allen drei Synthesizern virtuell-analog – schließlich handelt es sich hier um Software. Allerdings hat sich FXpansion mit der Emulation analoger Schaltkreise hier ganz besondere Mühe gegeben. Das vermeintliche Zauberwort heißt DCAM und steht für Discrete Component Analogue Modelling. Für die individuellen Bausteine der Synthesizer wurden im Zuge der Entwicklung analoge Vintage-Synthies demontiert und die Klangerzeuger Bauteil für Bauteil am Rechner modelliert. Das hat zur Folge, dass auch „Unreinheiten“ im Signalfluss mit in den Klangformungsprozess des virtuellen Synthesizers einfließen.
Nach Aussage des Herstellers wurden so zum Beispiel für Amber mehr als zehn Vintage-String-Synthesizer unter die Lupe genommen. Die Vorzüge analoger Schaltkreise scheinen FXpansion, wie viele andere Hersteller auch, zur Grundmaxime der Entwicklung zu machen – „digitales Selbstbewusstsein“ sucht man hier vergebens. Die modellierten Synthesizer beziehungsweise ihre Bauteile werden allerdings nicht direkt benannt, wie es zum Beispiel beim Arturia Origin der Fall ist. Zusätzlich führt der beschriebene Entwicklungsprozess zwangsläufig zu einer Durchmischung von Einzelelementen verschiedener Klassiker. Es wird also nicht zum hundertsten Mal ein Mini-Moog simuliert, sondern ein durchaus eigenständiges Trio von Software-Synthesizern auf den Markt gebracht.

AUFBAU/GUI
Neben dem Prinzip der Modellierung analoger Schaltkreise ist auch der grundsätzliche Aufbau der Synthesizer vergleichbar. Alle drei (virtuellen) Geräte erscheinen auf den ersten Blick sehr aufgeräumt und strukturiert. Im Zentrum und mit dem meisten Platzbedarf präsentieren sich die eigentlichen Instrumente. Am oberen Bildschirmrand wurde sowohl ein Browser zum Verwalten von Presets und eigenen Patches als auch die Bedienoberfläche des sogenannten Trans-Mod-Systems platziert. Im unteren Bildschirmbereich findet sich dagegen die obligatorische Klaviatur mit Pitchbend- und zwei Modulationsreglern, direkt darüber ein simpler Arpeggiator (beim Instrument Amber nicht vorhanden), Keying- und Glide-Kontrolle und Einstellmöglichkeiten für Unisono und die gesamte Stimmenanzahl.

Fotostrecke: 2 Bilder Aufbau am Beispiel Amber

Was sofort auffällt, ist außerdem der kleine virtuelle Bildschirm, der bei allen Synthesizern das GUI dominiert und den FXpansion als Scope bezeichnet. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine kleine Hilfe, die aktuell bearbeitete Parameter grafisch darstellt. So werden je nach Arbeitsschritt Envelopes, Filtereinstellungen oder Wellenformen visualisiert und damit auch filigrane Einstellungen vereinfacht.

STROBE
Der erste der drei ungleichen Geschwister setzt auf Minimalismus. Hinter dem in gedeckten Blau- und Grautönen gehaltenen Design verbirgt sich eine schlanke Klangerzeugungsarchitektur, die – zumindest theoretisch – erst einmal nur einen Oszillator hergibt.

Strobe
Strobe

Der Strobe bietet auf den ersten Blick alles, was man für klassische subtraktive Synthese braucht. Der erste Oszillator stellt Sägezahn-, Rechteck- und Noise-Wellenform zur Verfügung, die mittels der kleinen Mixersektion miteinander kombiniert werden können. Ein Suboszillator bietet zusätzlich Sinus-, Dreieck-, Sägezahn- und Rechteck-Wellenform an, die bis zu drei Oktaven unterhalb des Hauptoszillators schwingen können.

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Arpeggiator 1 Arpeggiator 2 Bassline

Kontrolle über Osc-Sync, eine Stackingfunktion, die den Sound schon ohne Unisono ordentlich aufblasen kann, und Detuning der einzelnen virtuellen Oszillatoren sind ebenso an Bord wie Regler für die Einflussnahme auf die Tonhöhe (durch Tastatur, LFO und Hüllkurve). Des Weiteren gibt es eine Sektion für Pulsweitenmodulation, die sowohl den Haupt- als auch den Suboszillator beeinflussen kann.

Die Oszillatorsektion des Strobe
Die Oszillatorsektion des Strobe

Dem klassischen Signalfluss der subtraktiven Synthese folgend wird das Signal, das schon an dieser Stelle dank Stacking und drei Suboszillatoren äußerst mächtig klingen kann, durch das Filter geschickt. Während die Filter-Modi üppig ausfallen – immerhin 17 Varianten vom klassischen 2-Pol Lowpass bis hin zu mehreren kombinierten Notchfiltern – ist er Rest der Sektion angenehm aufgeräumt. Cutoff und Resonanz sind zentral angeordnet, mit einem Driveregler kann schon am Eingang des Filters subtil bis brachial verzerrt werden und drei weitere Regler erlauben die direkte Modulation der Cutoff-Frequenz. Das Filter kann bis hin zur Selbstoszillation getrieben werden und erlaubt bei Modulation durch Keytracking dessen „Spielen“ mittels (Midi-) Tastatur.

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Filter Drive Filter Selbstozillation

Obligatorische Modulationsmöglichkeiten sind Envelopes für Amp und Filter, ein LFO und eine Ramp-Hüllkurve. Alle Modulationsquellen lassen sich anhand des Gate-Reglers zusätzlich durch Notenbefehle steuern. Des Weiteren greift auch hier die TransMod-Matrix, welche die Modulationsmöglichkeiten noch einmal enorm erweitert.

Schlussendlich passiert das Signal die Amp-Sektion. Hier kann sowohl Panning wie auch die Ausgangslautstärke bestimmt, aber auch noch ein weiteres Mal Sättigung durch Überfahren der Eingangsstufe erreicht werden. Zusätzlich springt einem ein weiterer Regler mit der Beschriftung „Analogue“ ins Auge. Dieser streut Störsignale in die gesamte Signalkette ein und führt so, je nach Einstellung, zu subtiler Zerre und leichtem Rauschen oder zu brachialen Verstimmungen und einem schon fast „kaputten“ Gesamteindruck inklusive durchaus kräftigem Netzbrummen.

Filter- und Amp-Section mit Analogue-Regler
Filter- und Amp-Section mit Analogue-Regler
Cypher
Cypher

Cypher
Im Vergleich zu Strobe wirkt dieser Synthesizer auf den ersten Blick weitaus komplexer und weniger instinktiv bedienbar.

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Vergleich – Pad ohne/mit Analogue

Selbst in der Bedienungsanleitung wird darauf hingewiesen, dass man für einfache subtraktive Synthese und intuitives Programmieren bitte die Finger von diesem Gerät lassen möge.

Dem ersten Eindruck eines „klassischen“ FM-Synthesizer sei an dieser Stelle noch hinzugefügt, dass FXpansion sich nicht an bekannten digitalen FM-Synthesizern wie denen von Yamaha orientieren wollte, sondern durch die Modellierung tatsächlicher analoger Schaltkreise vielmehr auf analoge FM-Synthese abzielt. Der SCI Prophet und einige Roland Jupiter Modelle zum Beispiel boten diese Möglichkeit, indem sie die Modulation einzelner Parameter nicht nur durch LFOs, sondern auch durch die tatsächlichen Oszillatoren im hörbaren Frequenzbereich zuließen.

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Arpeggiator Bass Pad

Herzstück des Cypher bildet die Oscillator-Section, die mit drei Oszillatoren schon ein wenig umfangreicher ausgestattet ist als der Strobe. Möglich ist die stufenlose Überblendung zwischen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Pulse-Wellenform, was gerade für Modulatoren in der FM-Synthese ein angenehmes Feature ist.
Die drei Oszillatoren lassen sich auf (festgelegten Wegen) untereinander verschalten. Zur Auswahl stehen Tonhöhen-, Wellenform-, Filter-Modulation und direkte Ringmodulation, was ein ansehnliches Grundpotential bereitstellt. Die Oszillatoren arbeiten alle im hörbaren Frequenzbereich – die Grundlage der Frequenzmodulation – lassen sich aber bei Bedarf auf LFO-Betrieb umschalten und eignen sich dann auch als Signalgeber für Vibrato, Tremolo etc.

Die Oscillator-Section des Cypher
Die Oscillator-Section des Cypher

Ein besonderes Feature ist an dieser Stelle die Möglichkeit, eine stufenlose Einstellung für die Oszillatorsynchronisation vorzunehmen. Wird der Regler bis zum Anschlag aufgedreht, führt das zu klassischem Hard-Syncing. Im Bereich darunter wird der Slave-Oszillator nur dann neu gestartet, wenn dessen Phasenlage einen Grenzwert überschritten hat. Somit können noch einmal komplexere Klangverläufe gestaltet werden.

Ebenso schön und kreativ einsetzbar ist das Beat-Syncing der Oszillatoren. Die bei leicht verstimmten Oszillatoren entstehenden Schwebungen sind im Normalfall tonhöhenabhängig. Ein gerade eben noch wunderbar im Takt pulsierender Sub-Bass gerät beim Wechsel der Tonhöhe zwangsläufig aus dem Timing. Der Cypher bietet nun die Möglichkeit, eine Verstimmung unabhängig von den gespielten Noten durchzuführen. Mittels des Beat-Reglers wird ein Wert festgelegt, um den der Oszillator immer gegenüber dem ersten Oszillator verstimmt wird, was berechenbare und immer konstante Schwebungen ermöglicht. Damit sind zum Beispiel wabernde Dubstep-Basslines sehr einfach zu realisieren.

Als letzte Besonderheit sei hier die Sample- and Hold-Funktion genannt. Als Signalquelle eines Oszillators kann ein mit dessen Frequenz gesampeltes Signal eines anderen Oszillators in den Signalweg mit einbezogen werden, was sehr „digitale“ und experimentelle Klänge ermöglicht.

Audio Samples
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Filter Modulation

Die Oszillatoren bieten zuguterletzt ein variables Routing auf zwei Filterwege. Diese können wahlweise parallel oder seriell betrieben werden, in jedem Fall wird aber die Cutoff-Frequenz global gesteuert und nur über einen für die Filter einzeln regelbaren Versatz individuell eingestellt. Es stehen jeweils acht Filter-Modi zur Verfügung, wobei grundsätzlich zwischen zwei durchaus unterschiedlich klingenden Filtertypen (transistor-ladder, bekannt z.B. aus dem Mini-Moog und state-variable) gewählt werden kann. Die Filter lassen sich ebenfalls durch die Oszillatoren modulieren und ermöglichen somit zusätzliche FM-typische Ergebnisse.

Des Weiteren kann wahlweise vor oder nach dem Filter noch ein Waveshaper eingesetzt werden. Mit ihm kann das Signal, noch bevor es die schon anhand des Strobes beschriebene AMP-Section erreicht, saftig verzerrt oder mit dem Analogue-Regler leicht verschmutzt werden.

Filtersektion des Cypher
Filtersektion des Cypher

AMBER
Dieses Instrument ist zweifelsohne der am höchsten spezialisierte Vertreter des Trios. Mit Amber wird der Versuch unternommen, die sogenannte „divide-down“-Syntheseform zu emulieren, die in den Siebzigern eine ganze Reihe von Instrumenten prägte. Anstelle einzelner Oszillatoren für die polyphone Klangwiedergabe nutzte man hier im Normalfall zwölf Oszillatoren in der höchsten Oktave, die nun durch Oktavierung auch sämtliche tieferen Tasten bedienten. Ein Oszillator war somit für den Klang mehrerer Tasten verantwortlich und gab so oftmals mehrere Tonhöhen gleichzeitig wieder. Diese Form von Synthesizern brachte klangliche Einbußen mit sich und führte zur Einführung eines weiteren, für die String-Synthesizer typischen Elementes, dem Choruseffekt. All diese Eigenheiten versucht Amber nun zu simulieren. FXPansion nähert sich der Aufgabe auch hier vor allem über die Modellierung alter analoger Bauteile und deren Integration in den virtuell-analogen Synthesizer.

Amber
Amber

Die tatsächliche Synthese beginnt beim Amber mit zwei Klanggeneratoren. Auf der einen Seite steht die Synth-Section zur Verfügung, die neben einer Sägezahn-Wellenform in zwei Oktavlagen einen Noisegenerator anbietet. Diese drei Signale können beliebig gemischt, in der Phasenlage zum zweiten Klanggenerator variiert und durch zwei Filterstufen geschickt werden. Als Erstes passiert jede einzelne Stimme – daher auch die durchaus hohe Anforderung an die Rechenleistung – ein einpoliges Filter (gleichzeitig Hoch- und Tiefpass) und danach ein resonanzfähiges Filter mit acht Filtermodi.

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Strings Bass Formant Filter

Die zweite Sektion liefert einen typischen Ensemblesound in drei Oktavlagen, die ebensfalls frei miteinander gemischt werden können. Danach passieren sie, wie auch die Synthesizer-Sektion, pro Stimme ein Einpol-Filter und können dann nach ihrer Summierung mit einem Formantfilter weiter bearbeitet werden. Dieses stellt vier Bänder zur Verfügung, die mit einer Bandpass-Charakteristik und eigenen Frequenz- und Gaineinstellungen zur Formung der Ensemble- und durch optionales Routing auch des Synth-Sektion eingesetzt werden können. Auch dieses Filter ist resonanzfähig, allerdings wird dessen Stärke global, also für alle vier Bänder, gleichzeitig geregelt.

Ensemble- und Filer-Section des Amber
Ensemble- und Filer-Section des Amber

Im Anschluss an das Filter durchläuft das Signal – je nach Routing also nur das Ensemble- oder auch das Synth-Signal – die Chorus-Sektion, die essentiell für den charakteristischen Sound von alten String-Synthesizern ist. Drei verschiedene Eimerketten-Delays wurden modelliert und sympathischerweise anhand von Jahreszahlen sortiert. Das ausgewählte Modell kann durch einen Schalter aktiviert und anhand eines Rate-Reglers weiter angepasst werden. Zusätzlich stehen eine optionale Höhenanhebung und ein Regler zur Stereoverbreiterung zur Auswahl.

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Analogue-Signal (Pegel stark angehoben)

Auch Amber ermöglicht die Modulation einzelner Parameter durch einen LFO, eine RAMP-Envelope, zwei Verstärker und eine frei zuweisbare Envelope. Aber auch hier kann das Spektrum durch den Einsatz des Trans-Mod-Systems noch beachtlich erweitert werden.

Zuletzt werden die Signale in einer Mixer- und Verstärkersektion zusammengeführt und können, wie auch bei den beiden anderen Synthesizern, schon am Eingang kräftig verzerrt werden. Dazu kommt der Analgue-Regler, der schon Störgeräusche und das oben beschriebene Brummen produziert, bevor überhaupt eine Note gespielt wird.

Web Bild
Fusor
Fusor

FUSOR
Mit Fusor setzen FXpansion noch einen drauf und erweitern das Paket um ein separates Tool, das die Kombination von bis zu drei Instanzen der vorgestellten Synthesizer innerhalb eines Patches ermöglicht. Prinzipiell ist Fusor nicht als vollwertiger Host konzipiert, sondern soll vielmehr als ein weiteres Werkzeug zum Entwickeln komplexer Klänge und rhythmischer Pattern dienen, die in dieser Form mit den einzelnen Synthesizern nicht zu realisieren wären.

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Arpeggiator Bass

Fusor wird als normales PlugIn oder als Standalone-Anwendung geladen und präsentiert erst einmal eine aufgeräumte „Global Page“, von der aus man sich durch insgesamt zwölf Seiten navigieren kann, die den verschiedenen Funktionen zugeordnet sind.

Auf drei Slots verteilt hat man die Möglichkeit, jeweils eine Instanz der drei oben vorgestellten Synthesizer zu laden. Tatsächliche Notenbefehle erhalten diese allerdings erst, wenn man auf der Keymap-Seite mittels der vier Tastaturzonen ein entsprechendes Routing vornimmt.

Jeder Slot bietet Platz für drei Insert-Effekte und drei Aux-Sends, die entsprechende Effektwege beschicken. Die Auswahl an Klang formenden Mitteln ist dabei immens. Von schlichten Gates und Vierband-EQs über klassische Hallräume bis hin zu Granular-Effekten wird fast jeder Wunsch erfüllt. Auch hier zeigt sich die Liebe zum Detail und zu analogen Schätzchen: FXpansion emuliert unter dem ansprechenden Namen TinCanReverb billige Onboard-Effekte alter Synthesizer.

Animator
Animator
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Animator Sequenz 1 Animator Sequenz 2 Animator Beat 1 Animator Beat 2 Animator Drone

Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass Fusor mehr ist als nur ein kleines Add-On für die Bereitstellung einiger Standardeffekte. Die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten, die unabhängigen Sequenzer und nicht zuletzt die auch hier gelungene intuitive Bedienung lassen einen schlichten Synthesizersound schnell zu einem komplexen Soundgebilde anwachsen. Und diese Modulationsmöglichkeiten, zusammen mit einem Satz von Macro-Reglern, die die Modulationsziele noch einmal zusammenfassen können, machen das Ganze genauso interessant für Live-Auftritte – zumal der Fusor auch im Standalone-Betrieb als kleiner Sequenzer durchaus zu gefallen weiß.

DCAM: Synth Squad Boxshot
DCAM: Synth Squad Boxshot
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