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Focusrite Saffire Pro 40 Test

Praxis
Bei der Gehäuseform von Audio-Interfaces beißen sich die beiden Fälle Rackeinbau und Desktop-Betrieb. Abnehmbare Rackwinkel habe ich schon des Öfteren gesehen, aber die hier verwendete Form ist auch praktisch:

Die hässlichen Löcher für die Fixierung im 19″-Rack werden mit kleinen Blindplatten überdeckt. Ideal wäre noch, wenn diese irgendwo am Gerät fixiert werden könnten, damit man sie später nicht suchen muss (oder sowieso einfach wegschmeißt). Der etwas eigensinnige Umgang mit der Rack-Norm ist bei Focusrite nicht neu, denn die “Green”-Serie aus den 90ern hatte eine wellige, wie verschmortes Plastik wirkende Frontplatte und auf jeder Seite nur ein Loch – eines oben, eines unten.  
Das eingebaute Netzteil macht die Verkabelung leicht, da man dadurch von dieser Steckernetzteil-Pest verschont bleibt. Allerdings muss das Gerät dadurch auch beweisen, den Kampf gegen die Einstreuungen nicht zu verlieren. Bei der Verkabelung der Outs gibt es dann aber doch eine Fußangel. Linksverkehr in UK ist man gewöhnt, aber diese Reihenfolge der Wege (siehe Bild)? Nun gut, die Zahlen sind zwar aufgedruckt, aber bei halber Bestückung der Outs mit Steckern zwischen vielen anderen Kabeln und unter einem möglicherweise tieferen Gerät im dunklen Rack möchte ich behaupten, dass selbst englische Upper-Class-Techniker ihre berühmte Zurückhaltung aufgeben und sich aus dem dicken Lexikon der wunderbar üblen, englischen Schimpfwörter bedienen.

Das englische Alphabet geht übrigens so: A,B,K,J,I,H,F…
Das englische Alphabet geht übrigens so: A,B,K,J,I,H,F…

Ist die Installation der Hardware jedoch geglückt, schließt sich direkt die Installation des “soften” Pendants an. Dies erfolgt von CD und ist wirklich absolut unproblematisch. Neben dem Treiber und der Control-Software werden die VST/AU-Plug-Ins Compressor, Gate, Reverb und EQ mitgeliefert. Auf einer separaten CD befinden sich unter anderem Ableton Live Lite 7 und die “Bass Station” von Novation (die zu Focusrite gehören).
Die Tatsache allerdings, dass sich Focusrite offenbar gezwungen sahen, nachträglich einen kleinen, kopierten Zettel mit der Aufschrift “getting started” und den Standard-Routings für Kopfhörer und Monitoring beizufügen, spricht nicht gerade für die viel beschworene “intuitive Bedienbarkeit”. Ein wenig Farbe hätten die Engländer hier zugunsten der Übersichtlichkeit doch verteilen können.

(click to enlarge)

Hat man das Prinzip der verschiedenen Mixes und der Routingmöglichkeiten jedoch einmal verstanden (das Manual ist “ordentlich”), freut man sich über die ganzen Möglichkeiten. Zero-Latency-Monitoring geht dann von allen Quellen genauso leicht von der Hand wie das weitere Versenden von Signalen zur DAW und von dieser zu externen Geräten. Die Monitor-Sektion lässt sich entweder von der Software oder der Hardware aus bedienen, bei einigen Konfigurationen ist es für Neulinge ratsam, zumindest in Reichweite einer nachgeschalteten Volume-Control oder gar des Netzschalters zur Abhöranlage zu sitzen: Man kann die Volume-Regelung mit Shift-Click komplett umgehen (!). Schön ist, dass sich Presets selbst bis 7.1-Mehrkanal auswählen lassen!

Klanglich erfüllt das Saffire die Erwartungen, die man heute an derartige Geräte hat. Es brummt nichts, die Mic-Pres sind nicht nur als “Dreingabe” zu verstehen. Sicher: gute Mikrofonvorverstärker kosten sehr viel Geld, so dass hier keine Qualität wie aus der Red-Range erwartet werden kann. Ich kann dennoch guten Gewissens behaupten, dass sich damit mehr als „nur arbeiten lässt“. Bis auf Schlüsselsignale wie Gesang oder Hauptmikrofon würde ich ihnen in einer Produktion durchaus vertrauen. Im Höhenbereich erscheint das Saffire etwas zu spitz. Dies ist für den ersten Eindruck sicher angenehm und suggeriert sehr hohe Qualität (“Toll, wie die Höhen übertragen werden!”), der ISA220 aus gleichem Hause wirkt aber im Vergleich weitaus ausgeglichener und unaufdringlicher. Aus den beiden Audiofiles von meinem Arbeitsplatz (mit einer akustisch sehr prominenten Tüte Studentenfutter) wird aber auch deutlich, dass die Unterschiede so signifikant nicht sind. Spätestens mit dem Pro 40 sind auch die “normalen” (also bezahlbaren) Audio-Interfaces dieser Welt bei der für professionelle Produktionen notwendigen Qualitätsstufe angekommen.

Audio Samples
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Büroatmo Pro 40 Büroatmo ISA220 Sax (Kondenser) Pro 40 Sax (Kondenser) ISA220 Sax (Dyn.) Pro 40 Sax (Dyn.) ISA220

Wirklich signifikante Unterschiede hören sich anders an.

Die Performance des Interfaces lässt keinen Grund zum Meckern, es lassen sich auch bei größeren Projekten akzeptabel kleine Buffer-Sizes einstellen. Das Locking auf fremde Taktgeber erfolgt flott und unkompliziert, die A/D- und D/A-gewandelten Signale weisen durch Syncing keine wahrnehmbaren Unterschiede auf. Die laut Focusrite neuartige Phase-Locked-Loop-Technologie scheint also Wirkung zu zeigen. Wirklich vermisst habe ich, dass das Metering nicht ganz so flexibel ist wie das Routing. Ich möchte mir auf einer Frontplatte alle relevanten Pegel anzeigen lassen, um nicht immer vor dem Bildschirm hängen zu müssen. Schließlich habe ich auch mal Mikrofone in der Hand, die ich ausrichten möchte und dergleichen.

In meinen Augen hat das Pro 40 es nicht nötig, mit zusätzlichen Plug-Ins auf Kundenfang zu gehen. Zum einen rechtfertigen Ausstattung und Qualität den Preis des Gerätes, zum anderen können diese Plug-Ins dem hohen Anspruch des Interfaces nicht gerecht werden. Nur weil Focusrite draufsteht, bedeutet das nicht automatisch gute Qualität (das hat das Unternehmen in der Vergangenheit auch mit diverser Hardware unter Beweis gestellt). Die Mittelklasse-Plug-Ins schaffen es gerade einmal, neben den Standards der meisten DAW-Hersteller nicht schamvoll rot zu werden. Ich muss immer an Verkaufsfernsehen denken: “Wenn sie jetzt bestellen, erhalten sie diese hochwertige Fliegeruhr gratis dazu!” Weckt nicht gerade mein Vertrauen…

Der absolute “Knaller” ist das EQ-Plug: Ich habe es im Demosong einfach aus dem Bypass herausgenommen und das Signal hindurchgeschickt, ohne auch nur ein Gain zu verändern. Das, was dabei passiert, spricht Bände und ist wirklich peinlich für den Hersteller mit dem Doppel-F. Ein Gain-Change mit dem EQ zu machen, will ich euch und euren Ohren ersparen. Auch das Reverb spricht für sich: Am besten gar nicht erst installieren…

Audio Samples
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EQ Compressor auf Drums Reverb
ff_Saffire_40_Pro__111
Kommentieren
Profilbild von Stefan

Stefan sagt:

#1 - 11.03.2013 um 12:36 Uhr

0

Inzwischen ist ein Stand-Alone Betrieb mit
dem Saffire Pro 40 möglich.
In der Mixer-Control-Software:
SaffireMixControl->Menü->Datei->Save to Hardware.
Bitte die Bewertung anpassen da es sonst zu
Irritationen kommen kann.

Profilbild von Nick (bonedo)

Nick (bonedo) sagt:

#2 - 11.03.2013 um 14:59 Uhr

0

Hallo Stefan, vielen Dank für den Hinweis. Wir können nur leider in der Regel keine Updates aller Testberichte liefern. Schön aber, dass das jetzt geht! Mit besten Grüßen, Nick

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