Focusrite Clarett+ 4Pre Test

Praxis

Testumgebung und Performance

Der Praxistest des Focusrite Clarett+ 4Pre erfolgte an einem iMac Pro unter macOS 10.15.7 Catalina. Erfreulicherweise ist zum Download der zugehörigen Control Software keine Registrierung beim Hersteller erforderlich. Diese benötigt man lediglich zum Download des im Lieferumfang enthaltenen Software Bundles. Die Installation und der Betrieb von Focusrite Control auf meinem Computer und meinem iPad verlief während der mehrtägigen Testphase vollkommen reibungslos. Gleiches gilt für die Verwendung der Clarett+ 4Pre, das auch bei komplexen DAW-Projekten ohne Aussetzer und sonstige Artefakte seinen Dienst verrichtet. Die Roundtrip-Latenz in Logic Pro beträgt bei Puffergrößen von 64, 128 und 256 Samples praktikable 9,3, 12,2 und 18 ms und bewegt sich damit auf dem Niveau der meisten Konkurrenzprodukte.

Bedienung (Hard- und Software)

Die Bedienung an der Hardware beschränkt sich auf die Regelung der Eingangspegel der Inputs 1 bis 4, der paarweisen Aktivierung der Phantom Power sowie die Lautstärkeregelung des Monitorausgangs und beider Kopfhörerausgänge. Durch eine gute und feinfühlige Haptik der Drehregler und einem Gewicht von 1,6 kg des solide gebauten Interfaces mit großzügigen Gummifüssen – nichts verrutscht – gibt es an der Bedienung der Hardware absolut nichts zu beanstanden.

Viele Funktionen, darunter auch Elementares wie Dim und Mute der Outputs und auch Eingangskonfigurationen (Inst/Line, AIR), lassen sich lediglich per Software bedienen, was aus meiner Sicht tolerierbar, aber nicht optimal ist. Ein kleines Trostpflaster für iPhone- und iPad-Besitzer ist hierbei die iOS-Remote-Version der Software Focusrite Control. So entfällt während einer Mix- oder Recording-Session zumindest das nervige Toggeln zwischen Hostprogramm und Control Software am Computer. Ein wesentlicher Vorteil der Software besteht natürlich in der Möglichkeit, individuelle Monitormixes zu gestalten, zweifellos ein Profi-Feature. Dementsprechend verfügt das Clarett+ 4Pre über keinen banalen Balance-Regler (Input / DAW Playback) am Gerät selbst, den ich bei meinem ersten Recording-Take mit dem Clarett+ (womöglich aufgrund des simplen Oldschool-Designs) irgendwie erwartet hatte.

Fotostrecke: 4 Bilder Focusrite Control unter macOS

Sound

Entgegen dem derzeitigen Trend zu klangbeeinflussenden DSP-Effekten im Signalpfad setzt Focusrite seinen Fokus auf hochwertige Soundeigenschaften ohne viel Schnickschnack beim Tracking. Lediglich die AIR-Funktion der Inputs 1 bis 4 simuliert das Klangverhalten der legendären ISA-Preamps des Herstellers. Das Resultat, ein situationsbedingt zweckdienlicher Hauch mehr Präsenz im oberen Frequenzbereich, ist in den nachfolgenden Audiobeispielen zu hören. Am Klang der hochwertigen Preamps gibt es definitiv nichts zu bemängeln. Obwohl deren Vorverstärkung mit +57 dB Gain nicht besonders üppig ausfällt, harmonieren diese unter anderem mit dem dynamischen Shure-Klassiker SM7B trotz Vollanschlag des Gain-Reglers gut. Der für dieses Mikrofon obligatorische Rauschanteil in den (anschließend normalisierten) Aufnahmen meiner moderat lauten Sprechstimme fällt erfreulich gering und sogar besser aus als bei manch einem ambitionierten Konkurrenzprodukt. Schade, dass die Preamps ohne Hochpass auskommen müssen. Ein solches Filter würde die Tracking-Tauglichkeit noch abrunden, auch wenn sich tieffrequente Artefakte im Nachhinein bereinigen lassen.

Einwandfreie Audioeigenschaften zeigen sich auch bei der Wiedergabe. Mein erster und auch bleibender Eindruck beim Abhören über meine Neumann-Monitore war ein sehr konturierter und transparenter Klang mit exzellenter Auflösung. Auffallend ist die fehlende Wahrnehmung jeglicher Rausch- und Brumm-Artefakte, auch bei voll aufgedrehtem Pegel ohne anliegendes Signal. Diese bemerkenswerte Eigenschaft zeigt sich auch an beiden Kopfhörerverstärkern, die ebenfalls hochauflösend und kraftvoll wiedergeben. Volle Profi-Tauglichkeit!

Beide Kopfhörerverstärker liefern eine hochwertige und transparente Wiedergabe.
Beide Kopfhörerverstärker liefern eine hochwertige und transparente Wiedergabe.

Bei meinen inzwischen obligatorischen Resampling-Klangbeispielen ist im Hörvergleich kein Unterschied zu den Original-Files erkennbar. Diese habe ich über die rückseitigen Line-I/Os, also inklusive D/A- und A/D-Wandlung aufgenommen. Zusammenfassend kann ich dem Focusrite Clarett+ 4Pre ausgezeichnete Audioeigenschaften bescheinigen.

Audio Samples
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Sprache TLM 102 Sprache TLM 102 + AIR Sprache SM7B Sprache SM7B + AIR Analogsynth (Line) E-Gitarre (Hi-Z) Klangbeispiel A (Original) Klangbeispiel A (DA/AD-Resample) Klangbeispiel B (Original) Klangbeispiel B (DA/AD-Resample)
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