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Clavia Nord Rack 2X Test

Details

Kurz umrissen geht es beim Nord Rack um Folgendes: Ein handliches, nach vorne hin angeschrägtes 19“ Desktop-Gerät, das sich aufgrund seiner mitgelieferten Rackmounts auch in ein Studio-Rack einbauen lässt. Wenn man so will, handelt es sich hierbei um die ausgegliederte, linke Gehäusehälfte der Keyboardversion Nord Lead 2X. Ohne steinernes Wheel und ohne hölzernen Modulations-Stick wohlgemerkt; an dieser Stelle muss nun ein Masterkeyboard übernehmen.

Das Gehäuse des Nord Rack 2X ist aus robustem Metall, und wie man es von Nord gewohnt ist, strotzt auch dieses Instrument nur so vor Übersichtlichkeit: Alle Beschriftungen sind gut ablesbar und mit den insgesamt 26 Drehreglern und 27 Tastern hat man einen sehr guten Zugriff auf alle wichtigen Parameter der Klangerzeugung. Nun ja, das Display ist eigentlich kein Display im heutigen Sinne, mehr eine Anzeige für drei Ziffern. Man benötigt es zum Aufrufen und Speichern von Sounds sowie für einige globale Systemeinstellungen.

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Die Verbindung mit dem Masterkeyboard oder einem MIDI Computer-Interface funktioniert via herkömmlichem MIDI-Anschluss: MIDI In und Out finden sich auf der Rückseite, einen USB-Port gibt es nicht. Diese Schnittstelle war 2003 wohl noch nicht Standard. Trotzdem lassen sich über das gute alte fünfpolige MIDI-Interface sämtliche Parameter der Klangerzeugung mit einem Softwaresequenzer aufzeichnen und auf umgekehrtem Wege automatisieren (MIDI CC, Program Change, Dump). Auch Arpeggiator und LFOs können so mittels MIDI-Clock zu externen Systemen synchronisiert werden. Besonders die Option, alle Noten des Arpeggiators als MIDI-Noten auszugeben, wird für Benutzer von Grooveboxes und weiterer Hardware-Synths von Interesse sein. Mehrere (midifizierte) Klangerzeuger im Arpeggiator-Sync des Nord Rack 2X laufen zu lassen ist also kein Problem. Ebenfalls auf der Rückseite angeordnet sind Power On/Off Schalter, die Buchse fürs Stromkabel (das Netzteil ist integriert), Anschlüsse für ein Sustain- und ein Controller-Pedal, vier getrennte Audioausgänge und einen Kopfhöreranschluss. Über die vier Audioausgänge kann man bis zu vier verschiedene Sounds getrennt voneinander ausleiten, werkseitig sind die Ausgänge 1 und 2 als Main Out (Mono/Stereo) ausgelegt. Als Filterbank oder Ähnliches kann man den Nord Rack 2X leider nicht benutzen, auf einen Audio Eingang hat Clavia nämlich verzichtet.

Klangerzeugung
Die Klangerzeugung besteht aus zwei Oszillatoren, die alle klassischen Wellenformen bieten und in der Mixer-Sektion gestimmt, zueinander synchronisiert und in ein Mixverhältnis gesetzt werden können. Auch ein Rauschgenerator mit eigenem Contour-Regler kann anstelle einer Wellenform im Osc2 gewählt werden. Der zweite Oszillator lässt sich darüber hinaus per „KBD TRACK“ von Tonhöhenbefehlen des Keyboards entkoppeln. Im weiteren Verlauf des Signalflusses wartet ein Filter mit fünf verschiedenen Modi (12dB LP, 24 dB LP, 24dB LP mit Notch, BP, HP) und einer anschlagsempfindlichen ADSR-Filterhüllkurve. Weitere Optionen der Filtersektion sind ein in drei Werten regelbares Keyboard-Tracking sowie Distortion. Der letzte Baustein der subtraktiven Synthese, die ja hier digital emuliert wird, ist ein VCA mit einer ADSR-Hüllkurve und einer Regelung für die Gesamtlautstärke eines Sounds.

Die Oszillatoren erzeugen einen kräftigen, sehr präsenten bis scharfen Grundsound. Der beherzte Einsatz des Lowpass-Filters ist daher stets mein erster Handgriff. Das Filter gefällt mir sehr gut, besonders im 12dB und 24dB Lowpass-Modus. Es klingt sehr „analog“, fast weich. Das Cutoff-Poti umfasst einen guten Bereich. Die Filterresonanz ist nicht so ganz mein Fall, sie ist mir zu digital-kühl und grell-dröhnig, da habe ich schon Besseres gehört. Schaltet man „Unison“ hinzu, erhält man durch Stimmverdopplungen einen fetteren Sound: im polyphonen Mode eine zweifache Verdopplung, im Legato- und Mono Mode eine vierfache Verdopplung. Die zusätzliche erzeugten Stimmen sind leicht verstimmt und werden im Stereopanorama verteilt, wie stark, ist im System-Menü als globale Einstellung regelbar. Wer es gern „seifig“ mag oder die typischen Techno Waberbässe oder Trance-Sirenen erzeugen will, sollte hier große Werte wählen. Aber Achtung: Unison reduziert die maximale Polyphonie!

Der Nord Rack 2X kann in zwei Betriebsarten arbeiten, im Performance- oder im Manual-Mode. Im Manual-Mode kann man immer nur einen Sound zur gleichen Zeit spielen, die maximale Polyphonie von 20 Stimmen steht dafür zur Verfügung. Im Performance-Mode kann man bis zu vier Klänge übereinanderlegen (Layer), oder auch vom Sequenzer auf vier verschiedenen MIDI-Kanälen ansteuern. Hier ist bei der maximalen Polyphonie etwas Vorsicht mit „Stimmenklau“ geboten, besonders, wenn man von Unison Gebrauch macht.

Modulation
Freunden von bewegten Klängen oder Geräuschhaftem wird hier einiges geboten. Oszillator FM, stimmbarer Ringmodulator, zwei vielseitige LFOs und ein Modulation Envelope. Zur Modulation der Stimmung der Oszillatoren, der Filter-Eckfrequenz, der Weite der Pulswelle und Oszillator FM kann der LFO 1 herangezogen werden, der über die Wellenformen Soft Random, Random, Rechteck, Dreieck und Sägezahn verfügt und in Geschwindigkeit und Wirkungsgrad regelbar ist. LFO2 verfügt nur über eine Dreieckswelle und bietet weniger Modulationsziele als der LFO1. Dafür kann der LFO2 aber neben Filter und Stimmung von Osc1&Osc2 die Lautstärkenhüllkurve modulieren – das sonst hierfür immer mitreisende Tremolopedal kann man also getrost zu Hause lassen.

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Arpeggiator
Wahlweise lässt sich LFO2 auch zu einem Arpeggiator umfunktionieren. Dieser verfügt über die Spielmodi Up, Down, Round, Up&Down und ist in Bezug auf Tempo und Range regelbar. Interessant ist die Echo-Funktion, die hier ebenfalls bereitsteht. Mit ihr erhält man eines oder bis zu acht Echos eines gespielten Tons, jeweils im Tempo des Arpeggiators. Synchronisiert man ihn per MIDI-Clock mit einem Sequenzerprogramm, kann man damit recht komplexe Figuren aus dem Hut zaubern und sein Arrangement um einige klangvolle Überraschungen bereichern. Als dritte Modulationsquelle steht ein Modulation Envelope bereit, mit dem man Oszillator FM, die Pulsweite der Welle oder die Stimmung des Osc2 steuern kann.

Morph
Unter der Funktion „Morph“ muss man sich eine Modulation mehrerer Parameter gleichzeitig vorstellen. Alles, was man hier tun muss, ist einen Start- und Zielsound festlegen. Alle einzelnen Parameterwege zwischen Start- und Zielsound werden dann vom Mod-Wheel gleichzeitig gesteuert. Für den Live-Keyboarder und Knöpfchendreher eine gute Sache!

Der Nord Rack 2X bietet auch einen Tastatursplit. Im Falle dieser Rack-Ausgabe ist damit natürlich gemeint, dass man vom Masterkeyboard oder Sequenzer aus zwei Klänge von zwei verschiedenen Tastaturregistern aus ansteuern kann. Nicht zuletzt solche Eigenschaften wie ein regelbares Portamento mit zuschaltbarer „Auto“ Funktion sowie Aftertouch, regelbare Velocity-Ansprache der meisten Parameter, Octave-Shift und die drei Spiel-Modes Poly, Legato (unterbindet das Neustarten der Hüllkurve, wenn man gebunden spielt) und Mono machen den ältesten, kleinsten und günstigsten aktuellen Synthesizer aus dem Hause Clavia zu einem ausgewachsenen elektronischen Musikinstrument.

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Profilbild von litti

litti sagt:

#1 - 24.11.2012 um 14:59 Uhr

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Im Selbstversuch habe ich mit dem Nordrack2x beginnend, Blofeld und Kraftzwerg intensiv durchtestet.Der Nordrack2x ist mein absoluter Favorit, wobei der Kraftzwerg auch sehr gute Sounds hervorbringt, er ist jedoch "nur" monophon und die Parameter nicht automatisierbar, über Layer braucht man auch nicht weiter nachzudenken.
Der Nord hat für den Einsteiger und Profi sehr viel zu bieten.
Ein Superding;)

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