Chandler Limited TG2 EMI Abbey Road Special Edition Test

Praxis

Mit seinem in der Tat archaisch anmutenden Straightforward-Design lässt das optische Erscheinungsbild des TG2 keine Fragen offen. Einzig die Impedanzumschaltung erklärt sich nicht unbedingt aus sich selbst heraus, man könnte diesen Schalter auch für einen Lowcut oder ein EQ-Preset wie bei Chandlers Germanium Preamp halten. Aber das macht nichts, dazu sind Manuals ja da, und abgesehen von diesem Punkt erklärt sich ein Preamp mit derart gradliniger Ausrichtung einfach von selbst.

Mit Gain-Drehschalter und Output-Poti hat Chandler einen guten Kompromiss bei der Bedienung gefunden: Der TG2 lässt sich schnell einstellen und das Gain kann Dank des Potis auch von Hand „gefahren“ werden.
Mit Gain-Drehschalter und Output-Poti hat Chandler einen guten Kompromiss bei der Bedienung gefunden: Der TG2 lässt sich schnell einstellen und das Gain kann Dank des Potis auch von Hand „gefahren“ werden.

Dem Genuss seiner klanglichen Qualitäten steht also handhabungsmäßig nichts im Weg. Schon schnell wird klar, welcher Wind hier weht. Nun sind die TG-Schaltungen immer gewissermaßen Exoten gewesen, da diese Technik eben nie auf dem offenen Markt erhältlich war. Auf der anderen Seite konnten die TG-Desks einer ganzen Reihe wahrer Klassiker ihren Stempel aufdrücken. Dennoch ist der typische TG-Sound nicht ganz so greifbar wie bei anderen Designs aus dieser Ära – Neve beispielsweise war schon immer viel weiter verbreitet. Der TG-Preamp hat definitiv klanglich eigenständige Qualitäten, doch erscheint es sinnvoll, diese in Abgrenzung zu den besser bekannten diskreten Transistordesigns aus den späten 60ern zu beschreiben. Mit Neve und API als Referenzankern kommt man hier tatsächlich schon recht weit. Im Prinzip sitzt der TG-Preamp irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Polen, beziehungsweise er vereint Charakteristiken des einen und des anderen Designs. Während der API das knochentrockene, konturierte, punchy Ende des Spektrums markiert, steht der Neve für eine sämige Reibeligkeit, für eine sanfte Signalverrundung mit Larger-than-life-Attitüde. 

Im TG2 lassen sich nun Aspekte beider Klangbilder finden. Sein Ton bleibt in allen Situationen ausgesprochen druckvoll und präsent, dieser Preamp formt ausgesprochen stabile Signale, die sich im Mix in jeder Situation API-typisch durchsetzen werden. Auf der anderen Seite kommt der TG nicht ganz so brutal knochig wie die Ostküsten-Amis daher, mit den End-60er-Neve-Designs teilt er sich eine gewisse Cremigkeit, die die Signalkonturen leicht aufrauht und somit für ein etwas samtiges Timbre sorgt. Dieses Klamgverhalten bleibt über einen weiten Gain-Bereich sehr stabil; die Sättigung, die schließlich einsetzt, gibt sich etwas kratziger und „transistormäßiger“ als beim Neve, was aber nicht heißen soll, dass sich diese Effekte nicht vortrefflich nutzen ließen. Vielleicht setzen die Sättigungseffekte eine Spur zu abrupt ein, als dass man diese bei jeder Vocalaufnahme als wünschenswert einkalkulieren könnte. Ich habe aber schon manches Mal einen TG-Preamp im Mix als „Parallel-Verzerrer“ verwendet, um Leadvocals den letzten Kick zu geben. Soundpotenzial schlummert hier also allemal, man muss es nur passend zu nutzen wissen.

Audio Samples
0:00
Vocals, pur Vocals, moderate Sättigung Vocals, stärkere Sättigung

Funktional stünde lediglich noch irgendeine Form von Pegelanzeige auf der Wunschliste. Das externe Netzteil ist im Prinzip eine feine Sache, aber preislich nicht ganz ohne. Zu diesem Kurs gibt’s anderswo bereits einen kompletten Preamp… wenigstens lassen sich damit zwei Chandler-Units mit Strom versorgen, das schönt die Bilanz ein wenig. Und wenn man mit Chandler erst einmal angefangen hat, dann wird es wahrscheinlich ohnehin nicht bei einem einzigen Gerät bleiben

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Fred sagt:

#1 - 19.06.2014 um 13:30 Uhr

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Abbey Road sagt einem ja schon alles! Nun kann die Stimme der Beatles wieder aufleben :D

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