Beyerdynamic T1 Test

Praxis

Verwendungszweck

Der Beyerdynamic T1 ist laut Hersteller ein Kopfhörer halboffener Bauart. Erwartungsgemäß sollte eine Intensität der Schallabschottung von außen nach innen und umgekehrt vorliegen, welche zwischen offenen und geschlossenen Systemen liegt. Soweit ich die Informationen der Homepage korrekt deute, wurde tendenziell eine erhöhte Abschirmung von außen nach innen anvisiert. Wie dem auch sei, ich kann trotz diverser akustischer Experimente keinen Unterschied zum offenen Beyerdynamic T 90 feststellen, worin ich allerdings auch überhaupt keinen Nachteil sehe! Von daher betrachte ich den T1 einfach mal als offenen Kopfhörer, welcher für die Verwendung am Editier-, Misch- oder Masteringplatz prädestiniert und aufgrund kaum vorhandener akustischer Isolation in beide Richtungen als Monitor-Kopfhörer zur Aufnahme von Musikern tendenziell ungeeignet ist – Letzteres hätte ich vom T 1 auch nicht erwartet.

Tragekomfort

Der Tragekomfort des T1 ist sensationell. Tragegefühl, Anpressdruck und das großzügige Umschließen der Ohren entsprechen exakt dem T 90 – der Kopfhörer sitzt sehr bequem und dennoch sicher! Die körperanliegenden Materialien, also das Kopfband aus weichem Leder und die plüschigen Ohrpolster sind sogar noch angenehmer zu tragen. Lediglich das etwas unhandliche und schwerere Kabel stört gelegentlich das Wellness-Erlebnis, allerdings auch nur, wenn es ungünstig positioniert herunterhängt und dadurch das gefühlte Gewicht merkbar erhöht. Insgesamt top! Die Geschmäcker und Kopfformen sind zwar verschieden, aber bisher war jeder Kollege, den ich gezwungen habe, meinen in diesem Punkt fast identischen Beyerdynamic  T 90 aufzusetzen, vom Tragekomfort des Kopfhörers begeistert.

Der T 1 hat ein komfortables Kopfband aus echtem Leder
Der T 1 hat ein komfortables Kopfband aus echtem Leder

Klang

Der Beyerdynamic T 1 wurde für diesen Test an folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:

  • iPad 4
  • Apogee Duet2
  • SPL 2Controll
  • Lake People G93

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW- und Mix- und Mastering-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix eigener und fremder Produktionen über den Beyerdynamic T 1 angehört und analysiert.

Frequenzgang

Die Frequenzabbildung des T 1 wirkt auf mich ausgesprochen linear und analytisch! Das Verhältnis vom Mitten- zum Höhen-Band ist definitiv besser gelöst als beim T 90, bei dem die hohen Frequenzen im direkten Vergleich dann doch etwas zu dominant erscheinen und Tonalitäten nicht ganz so souverän präsentiert werden. Der Bassbereich wird vom T 1 trocken und exakt wiedergegeben, hinkt dem T 90 im Subbassbereich allerdings marginal hinterher. Insgesamt betrachtet ist die Frequenzwiedergabe des T 1 etwas ausgewogener, mittenbetonter und wirkt dadurch eine Nuance lebendiger und musikalischer als der T 90. Die noch intensivere Natürlichkeit und Neutralität der Frequenzwiedergabe des nicht unwesentlich teureren AKG K812 erreicht er jedoch nicht. Einen solchen Vergleich muss man sich in der Preisregion des T 1 schon einmal gefallen lassen! Insgesamt betrachtet erreicht die Frequenzwiedergabe des Beyerdynamic-Flaggschiffs höchstes Niveau, wodurch dem professionelle Einsatz in Mix und Mastering nichts entgegensteht.

Impulsverhalten

Es ist keine Faulheit, aber meinen diesbezüglichen Ausführungen zum bereits getesteten Beyerdynamic T 90 ist absolut nichts hinzuzufügen, weshalb ich die nun folgenden Textzeilen größtenteils übernommen habe: Eine weitere Besonderheit von Beyerdynamics Tesla-Technologie ist die äußerst filigrane Schwingspule des Wandlers, wodurch das Impulsverhalten maßgeblich begünstigt wird. Im direkten Vergleich zu anderen Kopfhörern wirkt es, als würde man die Gardine vor dem Fenster wegziehen. Die zuvor getesteten Kopfhörer, wie AKG K712 Pro, Beyerdynamic DT-880 und Audio Technica ATH-M50 können hier nicht mithalten und werden vom T 90 / T 1 fast gedemütigt. Lediglich der Ultrasone Signature Pro, der mir leider nicht mehr zum direkten Vergleich vorlag, hatte eine ähnlich beeindruckende Impuls- und Dynamikwiedergabe, wie man sie sonst eher von hochwertigen Studiomonitoren kennt.

Räumliche Abbildung

Die außerordentlich feine Auflösung und Phasentreue gewährleisten eine exzellente Performance in diesem Kriterium und überflügeln den kleinen Bruder T 90 im Direktvergleich spürbar. Einzelne Instrumente wirken noch plastischer und sind im transparenten Klangbild hervorragend zu orten. Aufgrund der neutraleren Frequenzabbildung wirken auch die Räume um Nuancen natürlicher als beim T 90. In dieser Disziplin gehört das Spitzenmodell von Beyerdynamic zu den besten Kopfhörern, die ich je tragen durfte. Die fast schon „pornografisch-natürliche“ Abbildung des nicht unwesentlich teureren AKG K812 erreicht er aber nicht! Wie den meisten Kopfhörern stehen eine dezente Crossfeed-Einstellung, wie sie beispielsweise SPLs Phonitor2 bietet, gut zu Gesicht. Die Verwendung eines hochwertigen Kopfhörerverstärkers, wie z.B. Lake People G93, belohnt den Hörer mit einen noch feiner aufgelösten und plastischeren Klangbild.

Es erscheint vielleicht etwas unfair, dass der etwa halb so teure Beyerdynamic T 90, welcher ein fantastischer Kopfhörer ist, hier immer den Kopf für Vergleiche hinhalten muss, und ich möchte nochmals betonen, dass dieser wiederum die meisten mir bekannten Kopfhörer in vielen Disziplinen übertrumpft! Es zeigt sich lediglich, dass sich bei Beyerdynamic ein höherer Preis auch in höherer Qualität niederschlägt. Das Leben hat mich gelehrt, dass dies nicht unbedingt Naturgesetz ist.

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