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Praxis

Die Struktur der Library
Genau 240 einzelne Instrumente wurden hier zusammengetragen – das ist schon eine imposante Anzahl! Und dann haben diese exotischen Lauten, Flöten, Hörner und was es sonst noch alles gibt auch noch Namen wie Dra-Ngen (Laute aus Bhutan), Santoor Saberi (persische Zither) oder peruanische Doppel-Okarina (Gefäßflöte). Aufgrund dieser ausufernden Vielfalt ist die Library zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit in 11 Kategorien unterteilt. Die Struktur richtet sich nach bezeichnenden Eigenschaften der Instrumente wie Spielart, Klangcharakter und Fertigungsmaterial. So gibt es beispielsweise Ordner für Streich- und Blasinstrumente, aber auch für Instrumente aus Metall oder Gongs und Klangschalen.

Die Gliederung der Instrumente („Voices & Choirs“ zählt als einzelne Kategorie)
Die Gliederung der Instrumente („Voices & Choirs“ zählt als einzelne Kategorie)

Eine solche Unterteilung macht natürlich Sinn, und in der Regel findet man relativ schnell, was man sucht. Eine zusätzliche Organisation der verschiedenen Instrumente nach ihrer jeweiligen Herkunft wäre aber ebenfalls hilfreich gewesen. Wer nicht gerade einen Doktortitel in Musikethnologie hat, wird hin und wieder das schlanke und in dieser Hinsicht nur zum Teil aussagekräftige Handbuch oder das Internet zu Rate ziehen, um (sofern erwünscht) eine stilistische Geschlossenheit seiner Arrangements zu bewahren. Eine Ausnahme machen in dieser Hinsicht die Construction-Sets für China und den mittleren Osten, die passende Zusammenstellungen aus der jeweiligen musikalischen Kultur anbieten – jeweils in mehreren Varianten für verschiedene Tempi.
Mit der Zeitmaschine durch Afrika – Automatische Tempo-Synchronisation
Die meisten Drums und Percussion-Instrumente der Library bieten neben einzelnen Anschlägen in verschiedenen Spielweisen auch Loops an – zum Teil in separaten Kontakt-Patches, zum Teil auch in Programmen, die Loops und Einzelsamples kombinieren. Diese Loops werden ebenfalls über Tasten auf dem Masterkeyboard gesteuert, größtenteils automatisch an das Projekt-Tempo angepasst und folgen nahtlos eventuellen Tempoänderungen, die beispielsweise in der Filmmusik keine Seltenheit sind. Eine Pionierleistung ist das heutzutage zwar nicht mehr, die Arbeit erleichtert es aber trotzdem ungemein, da jede Form von nachträglichem Time-Stretching oder Slicing entfällt.

Im Fall der Talking Drums werden Loops und Einzelsamples in einem Patch kombiniert (blaue Bereiche auf dem virtuellen Keyboard)
Im Fall der Talking Drums werden Loops und Einzelsamples in einem Patch kombiniert (blaue Bereiche auf dem virtuellen Keyboard)

Um dies zu demonstrieren, gibt es nun eine afrikanische Percussion-Gruppe zu hören, die aus verschiedenen und zum Teil alternierenden Loops zusammengesetzt ist. Nach einem kurzen Call&Response-Intro zwischen der großen Donn Donn Trommel, Djembe und Talking Drum kommen Bass-Kalimba und ein Shaker dazu. Um die Elastizität des Timings zu unterstreichen, habe ich neben dem ersten Track mit fixem Tempo auch eine gegen Ende schneller werdende Version und eine „Chill-Out“-Variante hinzugefügt, die über 30 bpm langsamer ist. Eine Möglichkeit, die Percussion-Loops ähnlich wie z.B. bei Spectrasonics Stylus RMX auf MIDI-Basis zu bearbeiten oder Groove-Quantisierungen vorzunehmen, gibt es nicht, dafür bleibt das Audio-Material aber auch bei deutlichen Verlangsamungen erfreulich frei von Artefakten oder hörbaren Lücken zwischen den Beats. Der Sound wirkt in der gesamten Library bereits ohne weitere Bearbeitung weitestgehend fertig. Da die meisten Samples mit einer Stereo-Mikrofonierung aufgenommen wurden, wird man auch in Bezug auf das Panorama mit produktionsbereiten Vorlagen versorgt.

Audio Samples
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Afro-Percussion (fixes Tempo) Afro-Percussion (schneller werdend)
 Afro-Percussion (langsam)

Einzelsamples wurden in den Audios nur verwendet, um Loops mit einem Abschlag zu versehen, also die dicke „Eins“ am Schluss hinzuzufügen. Natürlich lassen sich mit den verschiedenen Spieltechniken auch komplett eigenständige Percussion-Tracks erstellen. Den Realismus von aktuellen Drum-Libraries, die pro Spielweise auf einer Trommel zum Teil über 50 Velocity-Layers anbieten, wird man so aber nicht erreichen. Ein weiterer Punkt, der für die Verwendung von Loops spricht, ist das rhythmische Feeling der eingespielten Patterns. Über MIDI-Controller aufgenommene Parts werden auch mit noch so viel Nachbearbeitung selten einen so authentischen Groove erzeugen.

Die hohe Kunst der Artikulation
Das Zusammenwürfeln verschiedener Percussion-Loops ist nun wirklich keine Zauberei. Eine wesentlich mysteriösere Wirkung hat es dagegen, die glaubhafte Solo-Performance eines Melodie-Instruments zu hören und später zu erfahren, dass es sich dabei tatsächlich um das Ergebnis der Arbeit mit einer Library handelt. Um dieses hohe Ziel in unseren Arrangements zu erreichen, gibt uns EW5 mehrere Werkzeuge an die Hand, die man am besten miteinander kombiniert.

Audio Samples
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Duduk Keys

Einerseits finden sich ganz im traditionellen Sinne einer Sample-Library einzelne Töne in verschiedenen Spielweisen im Repertoire. Diese werden größtenteils über Keyswitches angesteuert, zum Teil aber auch über Velocity-Switches. Ihre Anzahl ist abhängig vom jeweiligen Instrument – die Mehrheit der Kandidaten bietet zwischen zwei und neun Artikulationen. Vor allem stehen hier Triller, Slides und dynamische Variationen zur Auswahl, wobei manche Verzierungen auch spezieller und ganz eindeutig in der Tradition des jeweiligen Instruments verwurzelt sind. Die größte Vielfalt bietet in dieser Beziehung der armenische Duduk mit insgesamt 14 verschiedenen Spielweisen. Im Klangbeispiel hört ihr das vergleichsweise dunkel und weich klingende Doppelrohrblattinstrument vor einem hintergründigen Chor-Pad.

BSEW5_06GroupEdit

Wirklich hervorragend ist die Möglichkeit, einzelne Artikulationen getrennt über Group-Editing zu bearbeiten. So lässt sich im Falle des Duduks beispielsweise die Spielweise des Halbton-Slides nach oben mit einer eigenen ADSR-Hüllkurve, einem LFO zur Modulation der Tonhöhe (zusätzliches Vibrato) oder einem Lowpass- und Highpass-Filter behandeln, während die restlichen Spielweisen davon unbeeinflusst bleiben.

Audio Samples
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Erhu (mit Playback) Erhu (einzelne Licks)

Neben den Einzelsamples bietet die Library für viele Instrumente auch Licks oder Begleit-Loops an. Im Gegensatz zu von Hand zusammengeschraubten MIDI-Tracks wirken diese in der Regel weitaus realistischer, sind dafür aber nicht so flexibel, da Pitch-Shifting und Time-Stretching in diesem Fall schnell an ihre Grenzen gelangen. Im nächsten Beispiel hört ihr eine chinesische Erhu-Violine, die einige Licks mit Einzelsamples kombiniert. Die Begleitung kommt aus dem Construction-Set für China, und damit ihr das Ganze besser nachvollziehen könnt, habe ich die rohen Licks angehängt.

Performance-Tools
Wie man hört, können Artikulationen und Licks einem Instrument zu einem durchaus realistischen Klang verhelfen. Oft wird man aber eine gewisse melodische Freiheit anstreben, die durch solche Instant-Lösungen natürlich deutlich eingeschränkt wird. Für diesen Fall bietet das Interface von EW5 einige kleine Helferlein, die in der Performance-Ansicht zusammengefasst werden.

Für die meisten Streich-, Zupf- und Blas-Instrumente kann sich die Legato-Funktion als extrem hilfreich erweisen. Sobald diese aktiviert ist, wechselt das aktive Instrument in einen monophonen Modus, in dem keine mehrstimmigen Parts mehr spielbar sind und die Engine bei der Überlappung von MIDI-Noten einen fließenden Übergang erzeugt. So wird einerseits die Attack-Phase der Samples übersprungen und andererseits ein automatischer Crossfade zwischen beiden Tönen erzeugt, wobei sich für beide dieser Maßnahmen eine Dauer in Millisekunden angeben lässt.

BSEW5_07Performance

Wird im Legato-Modus zusätzlich das Sustain-Pedal des Master-Keyboards gedrückt, schaltet sich eine Glide-Funktion zu, die auch die Übergänge in der Tonhöhe fließend gestaltet und ebenfalls in ihrer Dauer bearbeitet werden kann. So spart man sich eine Menge Feinarbeit am Pitch-Wheel, und vor allem bei Instrumenten wie der indischen Sitar, für die „gezogene“ Töne sozusagen zum grundlegenden charakteristischen Klangbild des Instruments gehören, ist das ein dicker Pluspunkt. In den Audios hört ihr die beiden sehr funktionalen Scripts im Einsatz. Schade übrigens: Für die Tambura, die in der klassischen indischen Musik für den hintergründigen meditativen Bordun zuständig ist, wurden die dazugehörigen Begleit-Loops in einer anderen Tonart als die meisten Sitar-Licks aufgenommen. Gerade bei zwei in der Realität so hochgradig kompatiblen Instrumenten wäre eine gemeinsame Referenz-Tonart wünschenswert gewesen. Generell darf man von der Library nicht erwarten, dass alles, was musikalisch zueinander passen würde, auch in einer gemeinsamen Tonart vorhanden ist.

Audio Samples
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Sitar unbearbeitet Legato Mode Legato & Glide-Funktion Humanize

In der Humanize-Sektion lässt sich die MIDI-Performance über zwei Regler weiter „vermenschlichen“. Der Tuning-Parameter bietet eine Möglichkeit, die Feinintonation in gewissem Grad vom Zufall abhängig zu machen, wobei hier ein wenig Vorsicht nicht unangebracht ist. Bei einer Einstellung von mehr als 30 % beginnen meine Ohren auch bei noch so exotischen Instrumenten zu zweifeln, ob so schräge Töne denn gewollt sein können. Etwas subtiler wirkt sich der EQ-Amount-Parameter aus, der das Frequenzbild eines Samples in geringem Maße verfremdet, um Samplewiederholungen zu verschleiern. Über die Harmonize-Sektion kann man außerdem der Hauptstimme eine Zweit- und Drittstimme in starrem Intervallabstand hinzufügen.

Tonale Details
Die Microtuning-Einstellungen sind im Gegensatz zu den Humanize-Funktionen zunächst einmal nicht dem Zufall unterworfen. Indische Ragas sind beispielsweise dafür bekannt, Töne zu verwenden, die über das westliche System der chromatischen Tonleiter mit ihren zwölf Halbtönen nicht erfasst werden können. Wer sich mit dieser Materie auskennt, der kann sich mit dem Intonations-Skalpell an das Herz der tonalen Struktur vorarbeiten und die Intonation für jede einzelne Intervallposition über dem Grundton der Tonart festgelegen.

BSEW5_08Microtuning
Audio Samples
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Oud (Temperierte Stimmung) Oud (China Preset) Oud (South Asia Preset)

Ich persönlich habe mich damit begnügt, einige Presets auf der persischen Oud auszuprobieren. Wie man hört, sind die Auswirkungen zum Teil sehr tiefgreifend. Die vorsichtigeren Varianten können aber definitiv zu einem authentischen Klangbild beitragen.

Integrierte Effekte
Zu allem Überfluss bietet EW5 eine integrierte Effekt-Suite an, mit der schon innerhalb des Kontakt 4 Players eifrig am Samplematerial gebogen werden kann. Die Sammlung besteht aus einem Kompressor, einem Sättigungseffekt für Verzerrungen, einem Equalizer, Delay, Phaser, Chorus und zwei Hallgeräten, von denen eines auf Algorithmen und eines auf Faltung beruht. Kunststücke darf man hier keine erwarten – die Qualität der Effekte geht zwar in Ordnung, kommt aber nicht an den Sound von hochwertigen PlugIn-Spezialisten heran.

BSEW5_09FX
Audio Samples
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European Ethnic Voices – Small & Dark Chinese Tunes – Vocal Chamber Native American – Medium Hall Turkish Muezzin – Cavern

Eine Ausnahme macht der Faltungshall: Dieser bietet mit insgesamt 59 Faltungen weit mehr als nur das Pflichtprogramm und verfügt neben Pre-Delay über einen Size-Regler, mit dem sich die Nachhallzeit verkürzen und verlängern lässt. Einige der Presets hört ihr jetzt mit Gesangs-Phrasen aus aller Welt.

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