Behringer Nox 303 Test

DETAILS

Die erste Erkenntnis nach dem Auspacken des Mischpultes ist die, dass der Familienname „Nox“ (Nacht) nicht von ungefähr kommt: Das Teil ist dunkel, sehr dunkel. Das zentrale Areal unter den Fadern ist schwarz lackiert und der umrahmende Bereich aus gebürstetem, schwarzem Stahl gefertigt. Die Dunkelheit wird nur von der in grau gehaltenen Effektsektion, der weißen Beschriftung, den gelb-roten-Pegelanzeigen und den beleuchteten Tastern durchbrochen. Nächste Auffälligkeit: Man hat sich bei der Nox-Serie offenbar dazu entschlossen, auf Werte- und Regelbereichsbeschriftungen weitestgehend zu verzichten. So zeigen beispielsweise weder die Pegel-LED-Ketten noch die Linefader irgendwelche Skalierungen. Wo Werte an Bedienelementen aufgedruckt sind, begnügen sie sich oft mit der interpretierbaren Aussage Min und Max (ob das nun für oder gegen den Angeklagten spricht, folgt im Protokoll-Punkt ’Praxis’).In jedem Fall wirkt der Nox 303 dadurch sehr übersichtlich und aufgeräumt. Dem spielt auch das üppige Platzangebot zu, das 292 Millimeter in der Breite und 355 in der Tiefe mit einer Höhe von 109 Millimetern umfasst. 

Fotostrecke: 2 Bilder Viel Platz fu00fcr die Finger: in der EQ-Sektion ebenso u2026

Der Packung entnehme ich den Mischer selbst, ein Kaltgeräte-Stromkabel und eine mehrsprachige Kurzanleitung. In der Behringer-typischen Wir-Sparen-Druckkosten-Tradition wurden hier sämtliche Modelle der Baureihe in einer Publikation zusammengefasst. Darunter leiden zuerst Übersicht und Lesbarkeit und im Ergebnis dann der Endkunde. Im vorliegenden Fall geht das gerade noch so in Ordnung, da sich der Mixer quasi von alleine erschließt – spätestens bei einem Gerät vom Kaliber des angekündigten X 32 Digital-Mischers wäre hier aber ein Minuspunkt fällig.

„Nox“ ist kein schlechtes Naming für den dunklen Gesellen.

Anschlüsse
Ich schaue auf die Rückseite und sehe – von links nach rechts: zunächst die Kaltgerätebuchse nebst Power-Taster und darüberliegendem XLR-Mikrofoneingang. Für die nicht vorhandene Phantomspeisung vergebe ich an dieser Stelle keine Negativwertung, da es in diesen preislichen Gefilden und den entsprechenden Einsatzbereichen – meiner Erfahrung nach – so gut wie nie vorkommt, dass hier Mikrofone Verwendung finden, die mit 48 Volt bestromt werden wollen. Stattdessen sind dynamische Varianten durchweg Standard. Der Transformator versteht sich sowohl mit 115 als auch mit den hierzulande üblichen 230 Volt, wodurch sich ein Spannungswahlschalter erübrigt – sehr gut! In der oberen Reihe folgen die drei identisch ausgelegten Input-Sektionen, wovon jede über eine Erdungsschraube, einen Stereo-Line- und einen zwischen Line und Phono umschaltbaren Eingang plus Wahlschalter zwischen diesen beiden Quellen verfügt. Von allen denkbaren Positionierungen für diesen Taster hat man sich bei Behringer für die schlechteste entscheiden – nämlich genau neben dem Line-Eingang, der eben nicht (!) umschaltbar ist. Warum man das Teil nicht neben dem betreffenden Buchsenpaar angebracht hat – also dem mit Phono beschrifteten Eingang – ist mir ein Rätsel. Und falls es aus technischen Gründen für die Platzierung keine Alternative gegeben haben sollte, so hätte schon ein kleiner Strich zwischen Schalter und Buchse genügt, um für Transparenz zu sorgen. 

Fotostrecke: 2 Bilder Ja, kein Zweifel: Es ist ein Drei-Kanal Mischpult.

Warum der Option, den Phono-Eingang auf Linepegel umzuschalten, dann nicht bei der Beschriftung der Kanalwahl-Switches Rechnung getragen wurde, ist für mich das zweite Mysterium. Ein einfaches „/Line3“ bis „/Line6“ hinter „Phono“ hätte augenblicklich Klarheit in die Sache gebracht.

Der Tap-Taster nebst Routing-Schalter.

Eine Reihe tiefer sind die USB-Buchse, der XLR-Main-Out sowie ein Stereo-Cinch-Booth- und Record-Out angebracht. Rechts daneben harren zwei Mini-Klinkenbuchsen auf ihren Einsatz, die bei Anschlag des Crossfaders nach links oder rechts ein Faderstart-Signal aussenden. Der leider einzige Kopfhörerausgang (6,3 mm Klinke) hat sein Zuhause an der Vorderseite des Nox 303 gefunden. Eine alternative Buchse an der Oberseite wäre für ein Mischpult dieser Klasse eigentlich kein Luxus gewesen – gerne hätte ich hier auch einen zweiten Port inform einer Mini-Klinkenbuchse gesehen.
Ebenfalls auf der Vorderseite haben die Wahl-Schalter für den Faderstart ihren Platz gefunden. Warum hier allerdings zwei Einheiten für die beiden Seiten des Crossfaders angebracht sind (CFA / CFB – Start On / Off), wollte mir auch nach längerem Meditieren nicht ganz klar werden. Entweder arbeitet man mit Faderstart oder ohne. Zwischen den beiden Schaltern sind zwei Potenziometer beheimatet, von denen das erste zum Regeln der Crossfader-Kurve dient (hart/weich), das zweite zur Frequenzregelung des Kopfhörerausgangs (High/Low).

Fotostrecke: 2 Bilder Warum es fu00fcr jede Seite des Crossfaders einen Faderstart-Switch gibt, mochte mir nicht wirklich klar werden.

Kanalzüge und Master
Schauen wir uns die drei identischen Kanalzüge des Nox 303 genauer an. Zuoberst wählt man über einen Kippschalter aus, welche der rückseitig angeschlossenen Klangquellen auf den Kanal gelegt werden soll. Eine Ausnahme bildet hier der erste Kanal, der zusätzlich noch über die Position „USB“ verfügt und in dieser Stellung dann das Audiosignal eines angeschlossenen Rechners entgegennimmt. Darunter folgt der Gainregler, dicht gefolgt von der dreibändigen EQ-Sektion. Anhebungen im entsprechenden Band können mit maximal sechs Dezibel vorgenommen werden, die Absenkungen hingegen sind mit minus 31 dB in den Bässen und minus 20 dB in den Mitten und Höhen unterschiedlich parametrisiert.

Fotostrecke: 3 Bilder

Flankiert wird die EQ-Sektion von einer achtsegmentigen, rot-orange-farbenen LED-Kette, die den anliegenden Pegel visualisiert. Mangels Skalierung lässt sich leider nur spekulieren, welchen Wertebereich die Anzeige umfasst. Zwar beachten DJs im Eifer des Auflege-Gefechts keine Beschriftungen, aber im Profi-Bereich und gerade beim Einstellen von PA-Systemen ist es immer hilfreich zu wissen, in welchem Pegelbereich man sich gerade bewegt und wie viele Reserven nach oben und unten bleiben.
Wir haben den ersten Kanal mit einem 0-dB-Referenzton belegt und erhielten folgendes optisches Feedback:

Null Dezibel bei Gain auf zwölf Uhr resultiert in diesen Pegelständen.

Den Abschluss eines Kanalzuges bildet zunächst der beleuchtete Cue-Taster, gefolgt von einem leicht versenkt angebrachten Schalter, mit dem sich das Signal wahlweise auf die linke oder rechte Seite des Crossfaders routen oder direkt an den Linefader senden lässt. Die Linefader haben eine Länge von 45 Millimetern und leisten nur unwesentlich mehr Widerstand als der Crossfader – sprich, sie gleiten tadellos und für die Preisklasse erstaunlich geschmeidig über die Leiterbahn. 

Die Südhälfte des Nox 303.

Die Mastersektion startet auf der rechten Seite mit einer weiteren LED-Kette, die Auskunft über den Pegel des Summensignals gibt. Darunter folgen zwei Potis zum Dirigieren der Lautstärke von Master- und Booth-Ausgang. Anschließend folgen der Cuemix-Regler, mit dem sich der Anteil zwischen Cue- und Mastersignal in der Kopfhörer-Mischung stufenlos überblenden lässt, nebst einem Taster zum Umschalten zwischen harter Links/Rechts-Verteilung und Stereomischung des Vorhörsignals. Den Abschluss nach unten bildet ein Cue-Gain-Poti, das die Lautstärke der Kopfhörer-Beschallung auf die persönlichen Vorlieben justiert. Zur weiteren Personalisierung an den Hörgeschmack steht an der Vorderseite ein Cue-Tone-Drehregler bereit, der eine einfache Höhen-/Bass-Equalisierung ermöglicht.
Mikrofonkanal
Auf Mitte-links wohnt beim Nox 303 die Gain- und Klangregelung des Mikrofoneingangs. Von oben nach unten tummeln sich hier ein Poti zur Höhenanhebung/-absenkung (±12 dB bei 12 kHz), ein weiteres zur Regelung des Bass-Bereichs (±12 dB bei 50 Hz) und ein drittes zur Justierung der Eingangsverstärkung (+40db Gain). Ein Taster schaltet den Mikro-Kanal komplett an oder aus.
Crossfader und Kill-EQ
Blickfang im Battle-Areal ist der Infinium-Crossfader, der seine Laufstrecke von 45 Millimetern optisch abtastet. Über die Frontplatte austauschbar ist er leider nicht – wer hier in die Situation kommt, ein Ersatzteil einbauen zu müssen, muss notgedrungen die Faceplate abschrauben. Nach Abnehmen der Fader-Cap lässt sich zumindest von außen der Andruck des Faders auf die Gleitschiene verstärken oder vermindern. Das resultiert in einem leichteren beziehungsweise schwereren Regelverhalten – sehr schön.
Zur Linken und Rechten des Überblendreglers warten zwei identisch aufgebaute Kill-EQ-Sektionen auf ihren Einsatz. Pro Band (Bass/Mid/High) steht ein dedizierter Switch mit drei möglichen Stellungen parat: Nach unten geschaltet arbeitet er nur temporär und springt nach Betätigung wieder zurück. Nach oben gelegt rastet er ein und sorgt so für eine permanente Absenkung im entsprechenden Frequenzbereich. Die Mittelstellung ist neutral. Betätigt der DJ alle drei Hebel gleichzeitig, hört er erwartungsgemäß nichts mehr. Gut so.

Fotostrecke: 2 Bilder Kurzes oder dauerhaftes Eliminieren von Hu00f6hen, Mitten und Bu00e4ssen ist mit dem Kill-EQ mu00f6glich.

Effekt-Sektion
Hier warten zwölf BPM-gesteuerte Klangverbieger auf ihren Einsatz, die ein breites Spektrum gängiger DJ-Effekte abdecken, aber auch einige Raffinessen bereithalten: Das Arsenal reicht von Klassikern wie Delay, Reverb und Flanger bis hin zu High-/Lowpass-Filter und Vocoder-Effekt. Die Effektsektion kann mit einem Drehschalter entweder auf den Mikrokanal, die drei Kanalzüge, die beiden Crossfader-Seiten oder den Master adressiert werden. Darüber befindet sich ein Tap-Taster zum manuellen Einklopfen des Song-Tempos. Dieser beginnt zu blinken, sobald man ein Effektprogramm auswählt, das temposteuerbar ist. Selektiert werden die Effekte über einen Push-Encoder, mit dem man sich durch die etwas klein geratene Beschriftung der Effekte hangelt. Der jeweils aktive Klangverbieger wird dabei durch eine rote Hintergrundbeleuchtung kenntlich gemacht. Praktisch, dass neben einem Taster zum Aktivieren der Effekt-Sektion auch ein dezidierter Cue-Taster verbaut wurde. So lassen sich Manipulationen vorhören, bevor sie auf das Publikum prasseln.

Fotostrecke: 2 Bilder Hier steuert man den Effekt-Anteil und einen Parameter.u2028

Die Effekte im Detail:
2XCOPY:
Ein einfaches Einzel-Delay mit wählbarer Verzögerung.

TAPE ECHO: 
Simuliert ein Band-Echo mit entsprechendem Feedback-Verhalten. Erstaunlich dabei: Bei voll aufgedrehtem Frequency-Regler läuft das Signal endlos weiter. Ein langsames Release wäre hier sicherlich praxistauglicher.

ECHO:
Ein eher modern-sauber klingendes Delay.
FLANGER:
Reicht vom subtilen „Drive-by“-Effekt bis hin zum kräftigen Plastik-Sound. 
PHASER:
Ähnlich wie der Flanger, allerdings mit deutlicherer Frequenzauslöschung. 
FILTER:
Recht ordentlich zupackendes High- und Lowpass-Filter mit fester Resonanz.
AUTO PAN:
Schaltet das Signal automatisch zwischen linkem und rechtem Kanal hin und her.
VOCODER:
Ist eigentlich kein echter Vocoder, sondern lediglich ein Delay mit sehr kurzen Intervall-Wiederholungen, die Resonanzfrequenzen ergeben.
REVERB:
Recht ordentliches Reverb.
REV REVERB:
Dasselbe in rückwärts.
LMT+DIST:
Soll gleichzeitig Sättigung und Komprimierung liefern. Für meine Ohren eher ein nicht sonderlich gut klingender Verzerrer – verzichtbar.

Neben der unverständlicherweise endlosen Feedback-Zeit der Echo-Effekte ist auch das Umschalten der Delayzeiten nicht sonderlich glücklich gelöst, denn es kommt dabei zu kurzen, aber trotzdem hörbaren Unterbrechungen im Effektsignal. Ein dynamisches Interpolieren auf den neuen Wert hätte mir hier wesentlich besser gefallen. Überzeugend ist hingegen die Dub-Delay-typische „Verschmierung“ der Frequenzen und Delay-Antworten, die das Tape-Echo erzeugt.

USB-Audio
Der integrierte USB-Chipsatz wird treiberfrei als Legacy-Device erkannt und der zugehörige Codec automatisch installiert – fertig. Zwar bleibt man damit hinter der ultrakurzen Latenz von Betriebssystem-nahen ASIO-Treibern zurück, für den Einsatzbereich des Nox 303 geht das aber absolut in Ordnung, denn vornehmlich dient die USB-Audio-Funktionalität lediglich als weiterer Zuspieler und zum Mitschneiden der Stereo-Summe.

Einstöpseln und fertig.
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Flori sagt:

#1 - 08.10.2011 um 19:48 Uhr

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"optisch wie konzeptionell sehr eigenständig ausgearbeitet ist - weitgehend frei von irgendwelchen Vorbildern."
Yup, vor allem der 606 sieht einem Xone:92 gaaaaaaaar nicht ähnlich!!! Und von 4 Band EQ, zwei Aux-Wegen usw. hat A&H auch noch nie was gehört... Tolle Einleitung ^^ Hat mich so zum lächeln gebracht, dass ich mir den Rest gar nicht mehr durchlesen konnte/wollte.

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Numinos sagt:

#2 - 10.10.2011 um 12:07 Uhr

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Hey Flori,Einsnull für Dich, Adlerauge! Den 606 hab ich mir tatsächlich nicht angesehen - und Du hast völlig Recht: Das ist schon ziemlich Angriff der Klonkrieger-mäßig ;)Danke fürs Mitdenken! Wenn ich mit verschämt in der Ecke Stehen fertig bin, schau ich mal, dass ich die Einleitung entsprechend ändere.bestNUMINOS

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