Avalon Vt 747 SP Test

PRAXIS

Die Funktionen des Vt 747 SP prädestinieren das Gerät für den Einsatz auf Subgruppen- und Summensignalen, zumal ein unabhängiger Dual-Mono-Betrieb beider Kanäle ja nicht möglich ist. Insbesondere für die Vocal-Subgruppe bietet sich der Avalon an: Die Kombination aus Optokompressor und passivem Sweetening-EQ scheint wie geschaffen für diese Anwendung. Und in der Tat entpuppt sich der Kompressor als schöner Vocal-Dickmacher, wenngleich seine kürzeste Attackzeit von 2 ms zu langsam ist, um in die Lautmacher-Kategorie etwa eines 1176LN vorzustoßen. Dafür wiederum kann man sich unter Umständen einen externen De-Esser sparen, dank des gut ausgestatteten, flexiblen Sidechain-EQs. Insgesamt verhält sich die Dynamikeinheit recht typisch im Hinblick auf ihren Aufbau mit einem optischen Regelement. Der Kompressor arbeitet eher weich und geschmeidig, er kann sehr smooth eingreifen aber doch auch etwas beherzter zupacken. Knackig-muskulöse Schlagzeugkompression ist seine Sache jedoch eher nicht. Es lässt sich mit eintsprechendem Transienten-Shaping schon etwas Druck herauskitzeln, aber es gibt definitiv Tools, die besser geeignet sind, wenn man auf der Suche nach richtig dicken und aggressiven Drums ist. Macht aber nichts, kein Gerät dieser Art muss alles können, und auch sonst werden Optokompressoren nicht unbedingt als erstes Tool der Wahl angesehen, wenn es um die Schlagzeugbearbeitung geht. Nichtsdestotrotz verfügt der Vt 747 SP mit dieser Opto-Einheit über einen Leveler, der viele Instrumente kompakter und ausgewogener machen kann – und genau darum geht es bei einem Gerät solchen Zuschnitts.

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Auch der EQ macht in vielen Situationen eine gute Figur. Er erlaubt deutlich flexiblere und weitreichendere Eingriffe, als das spartanisch-ungewöhnliche Layout zunächst vermuten lässt. Der Schwerpunkt liegt jedoch auch hier auf dem Sweetening, der Verrundung von Signalen. Übermäßig aggressive Eingriffe sind nicht möglich, dazu sind die Amplituden der Mittenbänder mit ±4 dB viel zu dezent abgestimmt. In den Höhen hingegen packt der EQ sehr kräftig zu, wovon etwa zu dumpf geratene Vocals gut profitieren können. Auch bei stärkeren Anhebungen bleibt der Klang sehr geschmeidig, hier muss man durchaus aufpassen, nicht zuviel des guten zu tun. Es gibt auf jeden Fall EQs, deren Ergebnisse bei vergleichbaren Höhenanhebungen deutlich harscher ausfallen. Besonders erwähnenswert ist das höchste Band mit seiner Eckfrequenz von 32 kHz. Dieses ist keineswegs gedacht, um den audiophilen Genuss des Haushundes zu steigern; vielmehr sorgt es effektiv für eine extrem geschmeidige Luftigkeit der ganz hohen Höhen, für eine sanfte Anhebung im Airband, von der insbesondere hauchig-moderne Backgroundvocals sehr profitieren können.

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Ungewöhnlich deutlich greifen die Röhrenstufen in den Klang ein. Der Grundsound wird dann deutlich mittiger, etwas kompakter und dichter. Das ist eine echte Alternative, die im Einzelfall deutlich besser (oder deutlich schlechter) in den Kontext passt als der Sound der Transistorschaltungen – und das ist gut so. Der Sound der Röhrenstufen wird hier nicht in homöopathischen Dosen untergemischt, sondern er tritt sehr vernehmlich auf den Plan. In den meisten Fällen wird man auf Anhieb eine Präferenz haben, und diese beiden Klangcharaktere sind ein echter Mehrwert des Gerätes. Die flexiblen Gainstaging-Optionen sorgen für zusätzliche Schattierungen auf der Farbpalette. Richtige Verzerrungen kann man bei Eingangssignalen mit Pegeln im normalen Bereich nicht herauskitzeln, aber auch das ist ganz gut so, denn damit bleibt der Charakter des Vt 747 SP als Sweetening-Tool (und nicht als „Kaputtmacher“) stets gewahrt. Auch den Transistorstufen entlockt der Boost am Input etwas andere Schattierungen, aber deutlich subtiler als bei den Röhrenstufen.

Audio Samples
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Drums Original Drums Compression Drums Compression Tube Path Drums Compression + EQ Drums Compression Tube Path + EQ Drums 18 dB Boost, Tube Path Vocals Original Vocals Compression Vocals Compression + EQ

Somit präsentiert sich der Avalon-Prozessor als echter Allrounder mit tendenzieller Präferenz für smoothe, rundere Anwendungen. Der Vt 747 SP ist auf jeden Fall eher Schöngeist als muskelbepackter Mann fürs Grobe, dieser Eindruck zieht sich konsistent durch alle Funktionsgruppen des Gerätes. Einzig und allein eine Funktion hat das Gerät nicht: einen globalen Bypass. Ob man das wichtig findet, ist Geschmackssache, ich persönlich würde mir diesen schon wünschen.

Insofern herrschte hier eigentlich eitel Sonnenschein. „Eigentlich“ deswegen, weil ein paar Nickeligkeiten die Freude an unserem Testgerät etwas geschmälert haben. Das lässt unter Umständen auf eine verbesserungswürdige Endkontrolle bei der Fertigung schließen – und das sollte in dieser Preisklasse eigentlich nicht sein. Zum einen war eine der Madenschrauben, mit denen die Potikappen an den Achsen befestigt sind, so lose, dass sie bereits beim Auspacken des Gerätes aus ihrem Gewinde fiel. Zum anderen ist das Stereo-Tracking der Input- und Output-Potis speziell im niedrigsten Bereich in Richtung Linksanschlag nicht mehr genau. Gewisse Toleranzen sind prinzipbedingt ein Problem bei allen Potenziometern, und speziell beim Tracking von Stereo-Potis fällt das sehr auf. Unter Umständen könnte hier jedoch vom Hersteller besser selektiert werden, um das Problem zu minimieren. Und schließlich war auch das 500-Hz-Band des EQs nicht exakt kalibriert, die Anhebung war auf dem linken Kanal stets deutlich stärker als auf dem rechten, selbst in der Neutralstellung des Faders blieb dieses Problem bestehen.

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