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ATC SCM12 Pro + P1 Pro Test

Praxis

Aufstellung

In weichen Baumwolltaschen eingepackt sitzen die ATC SCM12 Pro in den üblichen, passgenauen Styroporformen im Karton. Mit jeweils elf Kilogramm zählen sie nicht unbedingt zu den Leichtgewichten. Um sie am Produktionstisch als Nahfeldmonitore zu benutzen, sind mir die Gehäuse zu groß und bieten auch keine Ausrichtungshilfen wie zum Beispiel die aktuellen Modelle von Genelec. Die Boxen werden ohne Schaumstoff-Pads oder sonstigen höhenverstellbaren Füßen geliefert, sodass man sich um die richtige Ausrichtung und die Entkopplung der Standfläche selbst kümmern muss. Also stelle ich sie auf meine vorhandenen Stative ins Mittelfeld.
Die ATC SCM12 Pro sind mit Bi-Wiring-Anschlussklemmen ausgestattet. Ab Werk sind die Anschlüsse mit Metallklammern versehen, die die beiden Klemmen des Hoch- und Tieftöners kurzschließen, sodass pro Abhöre nur ein Endstufenkanal benötigt wird. Wer über entsprechende Verstärker verfügt, kann die Metallbrücken herausnehmen und die beiden Lautsprecher separat befeuern. Ich verwende die Brücke und schließe die beiden Boxen jeweils an einen Kanal der zur Verfügung gestellten ATC P1 Pro Dual-Mono-Endstufe an.

Die Boxen überzeugen mit präzisen Höhen und toller Stereoauflösung, aber an der Basswiedergabe mangelt es.
Die Boxen überzeugen mit präzisen Höhen und toller Stereoauflösung, aber an der Basswiedergabe mangelt es.

Ausgewogener Klang, aber etwas wenig Bass

Ich starte meine DAW und verbinde deren Audioausgänge mit der Endstufe. Die ersten Töne von Jeff Cascaros “Do you believe” platzen aus den Treibern und ich bin begeistert und enttäuscht zugleich. Die Klarheit, die präzisen Höhen, die Knackigkeit des Schlagzeugs und die Stereoauflösung klingen toll, aber die geringe Basswiedergabe lässt mich nochmal die Signalkette aufs Genaueste durchchecken. Ich habe nirgends einen Basscut eingestellt, nicht innerhalb der DAW und nicht an der Soundkarte. An der ATC-Endstufe und an den passiven SCM12 Pro kann man ohnehin nichts einstellen. Trotzdem klingt der extrem basslastige Mix des Songs auf den SCM12 Pro für meine Ohren ziemlich dünn. Vielleicht ein unglücklicher Zufall, weil sich die Bässe dieses einen Songs vielleicht genau in dieser Boxenaufstellung eauslöschen? Schnell wechsele ich zu einem anderen mir vertrauten Song aus meiner Lieblings-Soundcheck-Playlist und muss genau das Gleiche feststellen. Die Bassarmut zieht sich durch alle meine Testsongs und ist also eine Eigenschaft der SCM12 Pro. Bevor ich weiter auf die Basswiedergabe und die Einsatzvarianten der ATC-Abhöre eingehe, möchte ich zunächst weitere klangliche Aspekte durchhören.
Ein paar weitere meiner persönlichen Lieblings-Klangmonster der Musikgeschichte müssen herhalten. Ob es das liebliche, verspielte “Dat there” von Rickie Lee Jones ist, einer der ausgetüftelten Alan-Parsons-Mixe, die Pushmonkeys oder die Chili Peppers sind, die durch die Lautsprecher geschoben werden – alles klingt sehr sauber und ist hervorragend aufgelöst. Nach einer Weile kann ich die Bassarmut ein bisschen ignorieren und mich auf das Klangbild einlassen. Da ist kein Gematsche zu hören, zumindest keines, was nicht schon in den Mixes drin gewesen wäre. Am Übergangsbereich der beiden Töner bleibt alles Gehörte sauber und ich habe nicht den Eindruck, dass hier irgendwelche nicht gut ortbaren Frequenzbereiche auftauchen, die das Klangbild versuppen könnten. Das spricht für perfekt abgestimmte Lautsprecher. Der Sound der Boxen bleibt auch bei sehr lauten Abhörpegeln erstaunlich klar. Für die Größe der Treiber und des Boxengehäuses kommt da eine Menge Lautstärke aus dem Gehölz. Wenn ich allerdings zum Vergleich auf meine gewohnte Abhöre umschalte, merke ich dann doch wieder, dass mir persönlich in dieser Konstellation aus der Endstufe ATC P1 Pro und einem Pärchen ATC SCM12 Pro zum ungetrübten Hör- und Mixgenuss ein wenig die Bässe fehlen.

Der Sound der Boxen bleibt auch bei sehr lauten Abhörpegeln erstaunlich klar.
Der Sound der Boxen bleibt auch bei sehr lauten Abhörpegeln erstaunlich klar.

Für welchen Einsatz sind die ATC SCM12 Pro geeignet?

Die SCM12 Pro ist nicht die berühmt-berüchtigte eierlegende Wollmilchsau, also nicht die Universallösung für jedermann, sondern eher für ganz bestimmte Konstellationen geeignet und vorgesehen. Für Studios, die bereits über weitere, größere ATC-Boxen verfügen, sind diese Boxen beispielsweise eine günstige und vor allem annähernd gleich klingende Wahl für zusätzliche Arbeitsplätze innerhalb derselben Mauern. So kann man einheitliche Abhörbedingungen gewährleisten und so unter vergleichbaren Situationen an mehreren Plätzen innerhalb eines Studiokomplexes arbeiten.
Oder man hat bereits ein Abhörsystem aus Verstärker und Passivboxen und muss vielleicht seine alten, eventuell nur noch schwer reparierbaren Passivboxen gegen neue ersetzen oder möchte einfach mal upgraden. In klassischen Tonstudios mit separatem Technikraum ist es heutzutage noch oft so, dass die Verstärker im gut gekühlten Technikraum stehen und mit Passivboxen in den Regieräumen verkabelt sind. Die Verstärker und die Verkabelung könnten im Falle eines Boxen-Tausches beim Alten bleiben, nur die Boxen selbst müssten getauscht werden.
Ein weiterer Anschaffungsgrund könnte die Verwendung in mehrkanaligen Surround-Abhörumgebungen wie Dolby Atmos, DTSx oder Auro 3D sein. Noch im ersten Quartal 2017 soll nämlich eine Geschwisterbox namens SCM12i erhältlich sein, die sich von der SCM12 Pro nur durch Montage-Punkte für die weitverbreiteten Decken- und Wandhalterungen der Firma “K&M” und “Adaptive Technologies” unterscheiden. Ein nicht unwichtiges Feature, wenn man eine aufwendige Surround-Regie mit vielen Boxen an Wänden und Decke realisieren möchte. Dort käme dann auch ein entsprechender Subwoofer ins Spiel.

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Profilbild von Norbert Mueller

Norbert Mueller sagt:

#1 - 01.03.2017 um 22:02 Uhr

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Diese sind für das absolute Nahfeld konzipiert, deswegen sind die im Bass ausgedünnt. Man benutzt diese in der Regel mit einem Subwoofer.

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