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Riversong Tradition CDN SE Test

Riversong nennen sich die Gitarren aus der Werkstatt des Kanadiers Mike Miltimore, und glaubt man der Beschreibung des Herstellers, dann können sie tatsächlich mit einigen interessanten Neuerungen aufwarten. Lee’s Music in Kamloops in Britisch Kolumbien hieß der Laden seiner Eltern, in dem Mike aufwuchs und mitarbeitete und sich 2008 zusammen mit seinem Vater dazu entschied, in die Produktion von Akustikgitarren einzusteigen. Mit einigen innovativen Ideen, die er in seinen Gitarren verwirklichte und dem richtigen Businessplan gelang es ihm, 2012 mit dem zweiten Preis als kanadischer Jungunternehmer des Jahres ausgezeichnet zu werden.

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Tatsächlich lässt schon ein kurzer Blick auf die Modellreihen des Herstellers erahnen, dass man sich im Südwesten Kanadas offensichtlich ernsthafte Gedanken um neue Ansätze im Akustikgitarrenbau macht. Die vorliegende Gitarre aus der “Tradition Canadian Special Edition”-Serie steht auch für das erste Modell der Firma, das 2012 in den Handel kam, und damit natürlich auch exemplarisch für die Riversong-Firmenphilosophie.

Details

Geliefert wird unsere Testkandidatin in einem Softcase, das neben dem Instrument auch gleich noch einige Infos zur Gitarre, drei hauseigene Holzplektren und einen Gitarrenbefeuchter von Planet Waves bereithält. Durch das Weglassen der sonst für Akustikgitarren so typischen Bindingverzierung bringt dieses Modell eine gewisse Schlichtheit mit, die ihm im Zusammenspiel mit der Formgebung des Cutaways sowie der matten Lackierung einen modernen Touch verleiht.

Fotostrecke: 7 Bilder Die Gitarre wird in einem hochwertigen Softcase ausgeliefert…

Aber schauen wir uns zuerst den Korpus etwas genauer an:
Für die Decke wurde massives Fichtenholz verwendet, Zarge und Korpus bestehen aus ebenfalls massivem kanadischen Chillwakian Ahorn. Riversong betont, dass das gesamte verwendete Holz für die Gitarren der Marke quasi “hinter der Werkstatt” wächst. Für die obere Zarge hat sich der Hersteller ein zweites Schalloch einfallen lassen, das beim Spielen gewisse Vorteile mit sich bringen kann, die wir nachher im Praxischeck noch genauer beleuchten werden. Außerdem finden wir dort die Kontrollzentrale für das eingebaute Pickupsystem, bei dem sich Riversong für ein Modell aus dem Hause B-Band entschieden hat. Im Gegensatz zu den meisten Tonabnehmersystemen für Akustikgitarren setzt diese Firma nicht auf Piezo-Pickups, sondern auf einen Folientonabnehmer, der laut Hersteller in der Lage ist, das Signal des Instrumentes möglichst natürlich wiederzugeben. Im vorliegenden Modell kommt ein auf die Innenseite aufgeklebter sogenannter AST-Pickup zum Einsatz. Außerdem arbeitet zusätzlich unter dem Steg ein UST-Pickup. Beide Tonabnehmer lassen sich am Bedienpaneel zusammen oder auch einzeln schalten und ihr Klangverhalten mit Dreiband-EQ sowie Notch-Filter beeinflussen. Das obligatorische Stimmgerät ist ebenfalls an Bord, und ausgangsseitig stehen sowohl Klinke- als auch XLR-Buchse bereit.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Zarge hat einiges zu bieten

Die eigentliche Innovation aber entdeckt man spätestens, wenn man sich den Hals etwas genauer betrachtet. Der ist nämlich nicht etwa mit dem Korpus verleimt, sondern passgenau eingesetzt und verläuft mit seinen 24 Bünden bis in den Bereich des Schalllochs. Aber nicht nur das: Ein Holzstab verlängert ihn durch das Innere der Gitarre bis zum Korpusende, wo der Gurtpin den Schlusspunkt setzt. Nach außen geführt wird er durch einen senkrechten Schlitz, der mit einer Messskala versehen ist und anzeigt, in welchem Winkel der Hals zum Korpus steht. Dieser ist nämlich einstellbar und definiert naturgemäß auch die Saitenlage. Eine Stellschraube an der Korpusrückseite exakt unter dem Schlitz drückt das Halsende mehr oder weniger stark gegen die Spannung der Saiten nach oben und bestimmt so den Halswinkel. Eine geniale Erfindung, die tatsächlich völlig problemlos funktioniert: Gitarre stimmen, Inbusschlüssel ansetzen und die Saitenlage nach Wunsch einstellen, nachstimmen, fertig!
Wer es ganz genau haben möchte, der kann zusätzlich die gesamte Halskonstruktion gegenüber dem Steg verschieben, was ein präzises Einstellen der Mensur und damit der Intonation ermöglicht. Unter dem hinteren Gurtpin verbirgt sich nämlich ebenfalls eine Imbusschraube, die das Ganze im Zusammenspiel mit zwei kleinen Justierschrauben am Halsansatz möglich macht. Sehr clever! Wechselt man also beispielsweise die Saitenstärke, optimiert man über diese zwei Mechanismen das Instrument in Sachen Spielgefühl und Intonation.

Fotostrecke: 5 Bilder Die eigentliche Innovation ist die Möglichkeit, den Halswinkel und damit die Saitenlage frei zu bestimmen

Aber das ist noch nicht alles: Wer als Vielspieler beispielsweise nach einiger Zeit neue Bünde braucht, der muss nicht mehr sein komplettes Instrument beim Gitarrenbauer abgeben. Mit zwei, drei Handgriffen ist der Hals vom Korpus gelöst und kann die Reise alleine antreten. Der vordere Gurtpin dient nämlich lediglich dazu, die Konstruktion an ihrem Platz zu halten, und der Einstellstab befindet sich wie bei jeder herkömmlichen Gitarre an seinem Platz unter dem Griffbrett. Wer sich näher mit den neuartigen Möglichkeiten von Riversong-Gitarren beschäftigen möchte, findet auf YouTube eine ganze Reihe von Videos, in denen sich der Chef des Hauses, Mike Miltimore, eingehend mit den Details beschäftigt.
Laut ihm soll ein weiterer großer Vorteil dieses speziellen Designs in einem besseren Schwingungsverhalten liegen, da der Hals nicht fest mit der Decke verbunden ist. Da so eine ganze Menge Belastung durch die Saitenspannung entfällt und die Decke nicht allzu stark gestützt werden muss, kann die Beleistung ein gutes Stück sparsamer ausfallen, was ihr mehr Freiheit beim Schwingen einräumen soll. Zusammengefasst erhält man also laut Hersteller mit dieser innovativen Bauweise ein Instrument, das sich einfach finetunen lässt und dazu besser schwingt als herkömmliche Westerngitarren. Um das Instrument weniger feedbackanfällig zu machen, befindet sich knapp unter dem Schalloch im Inneren des Korpus eine dünne, mit Löchern versehene Holzscheibe, die zusätzlich das moderne Design der Gitarre unterstreicht.

Fotostrecke: 5 Bilder Sattel, Stegeinlage und Pins bestehen aus NuBone (Hersteller GraphTech)

Beim Hals bleibt noch nachzutragen, dass er aus einem Stück besteht und mit einem Griffbrett aus Walnuss bestückt ist. Bei dem werden die üblichen Punkteinlagen durch kleine Ahornblätter dargestellt, die ebenfalls auf die Herkunft der Gitarre hinweisen. Wie bereits erwähnt, stehen dem Spieler 24 Bünde zur Verfügung, wovon die letzten beiden allerdings bereits im Bereich des Schalllochs liegen und nur noch für die hohen Saiten verfügbar sind. Sattel, Stegeinlage und auch die Saitenpins stammen von GraphTech und sind aus deren NuBone-Material gefertigt. Die Sattelbreite beträgt 42 mm, die Mensur 648 mm. Auch die Kopfplatte weicht vom traditionellen Ideal ab und erinnert mich ein wenig an das Design von Paul Reed Smith. Hier verfolgt ihre Form den Zweck, alle Saiten gerade über den Sattel zu den Mechanik-Achsen zu führen. Zu den vernickelten Stimmmechaniken selbst macht der Hersteller keine weiteren Angaben.

Fotostrecke: 7 Bilder Das Griffbrett wurde aus Walnuss-Holz gefertigt
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