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Millenium DP2000 Multipad Test

Praxis

Ein entscheidendes Kriterium zur Bewertung eines multifunktionalen Instrumentes ist die Möglichkeit der intuitiven Bedienbarkeit. Darum lege ich die Anleitung schnell wieder weg und bediene sofort den Anschalter. Das Gerät startet mit dem ersten von 80 vorprogrammierten Sets. Mit dem Drehrad am unteren Rand des Bedienfeldes kämpfe ich mich erst einmal durch all diese Sets, deren Namen nicht immer erahnen lassen, welche Klänge einen erwarten. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf Special-Effects und fast alle klassischen Percussionsounds sind mit großen Hallräumen versehen. Da ich heute nicht in der Stimmung bin, einen alten Godzilla-Film neu zu vertonen, wähle ich erst mal das Preset mit dem wenig angsteinflößenden Titel “Hi Perc” und versuche weiterhin ohne die Anleitung, den Hall loszuwerden. Nach dem Drücken der Setup-Taste ist das Prinzip der Menüführung schnell klar, denn der durch den Drehknopf auszuwählende Parameter blinkt im Display und kann durch Enter aktiviert werden. In diesem Fall wähle ich die Option Global und finde sehr schnell das Delay. Die Learning-By-Doing-Vorgehensweise erweist sich hier als gute Wahl und so braucht man das Bedienheft eigentlich nur, um kurz zu schauen, was die eine oder andere Abkürzung im Display wohl bedeuten könnte.
Folgende Möglichkeiten stehen nach der Betätigung der Setup-Taste zur Verfügung: Kit Edit, Advanced, System und Reset. Im Kit Edit kann man unter dem Menüpunkt Global Effekteinstellungen vornehmen, die sich gleichermaßen auf alle Pads des gewählten Sets auswirken. Die verfügbaren Effekte sind Chorus, Reverb und Delay. Im Pad-Kit-Modus lassen sich die einzelnen Schlagflächen konfigurieren. Jedes Pad ist wahlweise mit einem oder zwei Sounds zu belegen. Im Falle einer Doppelbelegung gibt es mehrere Optionen, welcher Sound bei welcher Schlagstärke erklingt. Hierfür legt man den dynamischen Anschlagpunkt fest und kann sich entscheiden, ob der zweite Sound ab diesem Punkt den ersten ersetzt oder ob und wie die Klänge ineinander übergehen sollen (Switch/Crossfade/Fade).
Fürderhin bearbeitet man hier Lautstärke, Panorama, Tonhöhe und Effektlautstärke der ausgewählten Klänge. Diese Parameter sind für jeden einzelnen Sound konfigurierbar. Sofern weitere Pads (Bassdrum, Snaredrum etc.) an die dafür vorgesehenen Eingänge angeschlossen sind, kann man diese auf dieselbe Weise über das Menu External bearbeiten. Unter der Rubrik Advanced gibt es die Möglichkeit, das grundsätzliche Anschlagsverhalten der einzelnen Pads den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Sowohl die Sensibilität der Ansprache als auch der Dynamikbereich werden hier festgelegt. Außerdem kann durch das Einstellen eines Gates bei möglichem, vibrationsbedingtem Auslösen nicht angeschlagener Pads Abhilfe geschaffen werden. Für die externen Triggerpads gibt es diese Einstellungen unter External.
Das alles sind generelle Einstellungen, die unabhängig von der Soundbelegung greifen. Ebenso generell sind die Parameter im Bereich System. Zum einen bietet sich hier die Möglichkeit, maximal zehn favorisierte Sets in eine Kette einzufügen, um sich einen schnellen Zugang zu schaffen und zum anderen wählt man die Funktionsweise des Fußschalters aus. Außerdem stößt man hier auf neun vorgefertigte Equalizereinstellungen, Festlegung der Masterlautstärke und des Master Tune, die Möglichkeit jeweils ein Pad einem MIDI-Kanal zuzuweisen und die Option auf die Erstellung benutzerdefinierter Effekteinstellungen. Insgesamt ist der funktionale Aufbau des DP-2000 sehr gut strukturiert und überschaubar. Das hintergrundbeleuchtete LC-Display ist zwar ausreichend groß, wird aber nicht optimal genutzt, weil dauerhaft sowohl die acht Pads als auch die fünf Symbole für die externen Pads abgebildet sind.

Die Schlagflächen haben einen angenehmen Rebound und spielen sich in etwa wie ein hochwertiges Practice-Pad. Zur völligen Kontrolle des Sounds muss man allerdings sehr genau mittig anschlagen. Obwohl die Bedienung und die Konfigurationsmöglichkeiten gut durchdacht sind, gibt es doch fragwürdige Einschränkungen. So kann man zwar innerhalb der vorformatierten Sets die Soundbelegung nach seinen Wünschen ändern, aber es ist nicht möglich, das neue Setup unter einem eigenen Namen abzuspeichern. Auch was die Auswahl der Sounds angeht, ist es wenig verständlich, dass unter den 914 verfügbaren Klängen nicht ein einziger Bass zu finden ist. Dafür gibt es unverhältnismäßig viele blubbernde Effektsounds, die sich eventuell zur Untermalung einer pantomimischen Slapstick-Performance betrunkener Schimpansen eignen könnten.

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Multipad Effektsounds Snare Sounds Kick Sounds

Auch akustische Drumsounds sind eher Mangelware, allerdings gibt es eine ausreichende Auswahl an größtenteils gut klingenden Perkussionsinstrumenten. Leider muss man lange am Rad drehen, wenn man etwas Bestimmtes sucht, denn sowohl im Display als auch in der Bedienungsanleitung sind diese als Perc001 bis Perc163 durchnummeriert. Einige wenige Samples sind unsauber geschnitten und enden mit einem Knacken.

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Diverse Percussion Sounds Multipad knackende Problemsounds

Im Bereich der klanglichen Effekte sieht es ähnlich aus. Es stehen durchaus ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung, 26 Reverbs, 22 Chorus Presets (inklusive Phaser, Flanger und Tremolo) und vier Delays. Es gibt die Möglichkeit, jeweils einen eigenen Effekt zu konfigurieren, aber es ist zum Beispiel nicht möglich, Echo und Delay auf ein bestimmtes Tempo einzustellen. Immerhin bewegen sich die Effekte klanglich im erträglichen Bereich und sind einfach zu handhaben. Für viele Menschen ist die interne Klangerzeugung allerdings eher unwichtig. So bieten die meisten modernen Pads die Möglichkeit, Triggersignale und die Padsignale in MIDI-Befehle umzuwandeln und diese über die integrierte MIDI-Schnittstelle an eine externe Soundquelle zu senden. Das Millenium DP 2000 bildet hier glücklicherweise keine Ausnahme mit der kleinen Einschränkung, dass kein Midi-Clock-Sync möglich ist. Eine gängige Alternative zu den Preset-Sounds des Geräts bilden Programme wie EZ-Drummer oder Addictive-Drums, aber natürlich auch die verschiedensten Hardware-Klangerzeuger und Sampler.
Für den Test rüste ich das Pad mit Triggerpads für Hihat, Bassdrum, Snare und einem Ridebecken auf, für welche je ein gesonderter symmetrischer Klinkeneingang auf der Rückseite des DP 2000 vorhanden ist. Ganz selbstverständlich gibt es auch einen Hi-Hat-Control-Eingang, über den das Gerät per Klinke vom Hi-Hat-Trigger die Information erhält, ob die Becken geöffnet oder geschlossen sind. Mit einem Mal versteht sich das DP 2000 nicht mehr nur als Sample-Pad, sondern als E-Drum-Modul mit integriertet MIDI-Übersetzung. Für diesen Preis ist das ganz ordentlich, denn es lässt sich keine Latenz wahrnehmen und mit dem Standard von 127 Velocity-Stufen lässt sich ohne Einschränkung dynamisch trommeln – mit dem Unterschied, dass man nicht mehr auf die durchwachsene interne Soundlibrary angewiesen ist. Ein kleiner Tipp für ideales Spielgefühl: Wenn man in der Pad-Einstellung die Sensivität hochschraubt, nutzt man ganz entspannt den kompletten Dynamik-Umfang. Wenn man gerade kein Interface zur Hand hat, um das MIDI-Kabel einzudocken, genügt auch der USB-Slot am Gerät, der ausschließlich den Job hat, eine alternative MIDI-Übermittlung zu ermöglichen. Als letztes noch ein paar Takte zum Line-In: Wer zu Musik spielen möchte, schließe hier seinen MP3-Player an.
Abschließend gilt es noch herauszufinden, was es mit den Funktionen Phrase und G.Box auf sich hat. Eine Phrase bezeichnet hier das Ergebnis einer Aufnahme. Durch Drücken des Aufnahmeknopfes, kann man direkt mit dem aktuell eingestellten Set ein viertaktiges Pattern aufnehmen. Diese vier Takte laufen immer im Kreis und es lassen sich mehrere Sounds nacheinander einspielen. Aktiviert man im Phrase-Modus die Setup-Taste, kann man einige Parameter für die Aufnahme bearbeiten: mögliche Aufnahmelängen sind 4, 8, 16, 32 oder 999 Takte, die Taktart lässt sich über die Einstellung der Schläge pro Takt bestimmen, das Tempo kann genauso festgelegt werden wie die Metronomlautstärke – doch leider nicht der Metronomsound.
Des Weiteren werden zwei Aufnahmeverfahren angeboten: Overwrite und Overdub. Letzteres erlaubt das Hinzufügen von Parts, während der Overwrite-Modus innerhalb eines Taktes die vorhandene Aufnahme überschreibt. Neben eigens für das Recording zu bestimmenden Effekteinstellungen bietet das Gerät auch mehrere Begleitplaybacks verschiedener Stilistiken, die aber wenig Inspiration verbreiten. Bis zu 30 dieser Aufnahmen kann man speichern und entweder einmal oder als Loop abspielen. Soweit eigentlich alles wunderbar, aber wäre es nicht toll, wenn sich das Eingespielte irgendwie quantisieren ließe? Leider Fehlanzeige, die wohl wichtigste Funktion in Sachen Aufnahme und Looperzeugung wurde leider ausgespart.

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Phrase 1 Phrase 2 Phrase 3

Bei der Funktion G.Box handelt es sich um eine eher niedlich zu bezeichnende Performance-Möglichkeit. Es werden 20 vorgefertigte musikalische Strukturen angeboten, mit denen man sich spielerisch die Zeit vertreiben kann. Auf den oberen Pads liegen jeweils vier Variationen von vorgegebenen rhythmischen und begleitenden Patterns an, die sich durch leichtes Anschlagen wechseln oder durch hartes Anschlagen an- oder ausschalten lassen. Die unteren Schlagflächen sind mit scheinbar wahllos ausgesuchten Klängen belegt und dienen der Begleitung. Das Ergebnis dieser ja grundsätzlich kreativen Beschäftigung klingt dann aber aufgrund der Art der vorgegeben Musikteile in etwa so, als würde Gurki am Sonntagnachmittag im Seniorenheim Walsrode das Tortenbuffet musikalisch untermalen.
Dabei könnte das Prinzip durchaus interessant sein, wenn man die Parts selber erstellen könnte und auch die Sounds zur freien Wahl stünden. So aber ist dieses Feature nicht mehr als eine beschäftigungstherapeutische Spielwiese für… ja für wen? Man weiß es nicht.

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