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Kustom Sienna 65 Pro Test

Der Kustom Sienna 65 Pro im bonedo-Test – Der amerikanische Hersteller Kustom (gegr. 1964) begeisterte die Fachwelt in den 70er Jahren mit Edelverstärkern auf Transistorbasis. Aber es war nicht nur die Technik, die schon damals im Gegensatz zu den üblichen Röhrenamps stand, auch ihre optische Erscheinung war bemerkenswert. Sie steckten nämlich in dicken, farbigen Kunstlederpolstern, die den Straßenkreuzer-Sitzen der damaligen Zeit nachempfunden waren. Inzwischen treten die Produkte der Marke wesentlich unauffälliger und bescheidener auf und halten sich angesichts der globalen Konkurrenz auch preislich im Rahmen. Auf der aktuellen Produktpalette finden sich neben Topteilen, Combos und Boxen für E-Gitarre und E-Bass auch PA-Systeme.

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Preis-/Leistungsverhältnis gut!


Unter dem Namen Sienna Pro präsentiert Kustom auch eine Serie mit Akustikcombos. Die drei Varianten Sienna 16 Pro, Sienna 30 Pro und Sienna 35 Pro geben mit ihrer Bezeichnung auch gleich ihr Leistungsvermögen an. Mit dem Flaggschiff Sienna 65 Pro reiht sich auch ein vierter, leistungsstarker Combo in die Phalanx ein, der mehr als ein Übungsverstärker sein möchte und auf die Bühne will. Und ihn haben wir etwas genauer unter die Lupe genommen.

Details

Der Sienna 65 Pro ist ein waschechter Fullrange-Verstärker, und mangelnde Flexibilität kann man ihm nicht unterstellen. Unser Kandidat verstärkt nämlich nicht nur akustische Instrumente mit piezokeramischen Tonabnehmern wie Westerngitarren oder Streichinstrumente, sondern auch Stimmen und Keyboards und mit Abstrichen sogar E-Gitarren. Dazu später mehr. Auch zwei Instrumente oder Instrument und Stimme können bei Bedarf gleichzeitig Verstärkung erhalten, denn der Sienna Pro ist mit zwei separat regelbaren Kanälen auf viele denkbare Situationen vorbereitet. Im Prinzip arbeitet der Amp wie ein kleiner 2-Kanal-Powermixer. Dass man die beiden Kanäle nicht per Fußschalter anwählen kann, wie das bei einem Röhrenamp für E-Gitarre in der Regel möglich ist, versteht sich von selbst. Ohnehin ist der Sienna 65 Pro nicht dazu vorgesehen, irgendwelche Zerrsounds zu produzieren. Im Gegenteil, er soll die Klangfarbe des Instrumentes bzw. der Stimme unverzerrt und naturgetreu übertragen, weshalb dieser Amp mehr Berührungspunkte mit einer Hi-Fi-Anlage als mit einem Röhrenverstärker hat, auch wenn er nicht stereo ausgelegt ist. Eine Transistorendstufe mit einer Gesamtleistung von 65 Watt treibt einen 12-Zoll Speaker (150 W) an, ein Hochtöner macht den Sound der Akustikgitarre komplett. Damit sollte sich der Bandmusiker auch in einem größeren Raum behaupten. Ob der Sienna Pro 65 sich auch Gehör verschaffen kann, wenn ein Drummer ins Spiel kommt, wird sich zeigen. Aber mit einem Line-Output, der auf der Rückseite des offenen Chassis auf Anschluss an eine PA wartet, wäre man auch in diesem Fall auf der sicheren Seite.
Doch betrachten wir unseren Kandidaten zunächst einmal äußerlich. Der Sienna 65 sieht einem E-Gitarrencombo verdammt ähnlich. Das rückseitig halb-offene Multiplexgehäuse ist mit einem weinroten, strukturierten Mantel aus Kunstleder überzogen. Die dünne Beschichtung ist sauber verleimt und wirkt optisch ansprechend, ist aber sehr empfindlich, zumal eine Schutzhülle o.ä. nicht mitgeliefert wird.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Gehäuse des Combos besteht aus Multiplex…

Das Bedienfeld

Das in Holzoptik gehaltene Bedienfeld befindet sich, wie schon erwähnt, an der Oberseite. Zwar erklärt die Beschriftung des Paneels die Funktion der einzelnen Potis, und sie ist auch lesbar, wenn man vor dem Amp steht. Sobald allerdings Scheinwerfer ins Spiel kommen, ist es damit vorbei.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Bedienpanel ist von oben zugänglich.

Die drei Eingänge mit den entsprechenden Potentiometern kann man sicher den beiden Kanälen zuordnen. Ganz links der XLR-Mikrofoneingang für niederohmige Mikrofone, der mit dem linken Kanalzug korrespondiert. Auch Kondensatormikrofone dürfen ihr Können zeigen, denn der XLR-Eingang wird mit Phantom-Power (15V) unterstützt. Der Eingang steht laufend unter Spannung, denn ein separater An-Ausschalter fehlt. Die Feinabstimmung wird beim Mikrofonkanal per Dreiband-EQ (Low, Mid, High) plus Gain 1 vorgenommen. Low senkt die ultratiefen Frequenzen unter 100 Hz am unteren Ende des Frequenzgangs bis 12 dB ab, High die hohen Frequenzen bei 3KHz am oberen Ende des Frequenzgangs, ebenfalls bis zu 12 dB. Diese beiden Regler arbeiten mit der sogenannten Kuhschwanzcharakteristik (Shelve). Bei Bedarf senkt der Mid-Regler die Mitten bei 1KHz bis zu 12 dB ab. Dieses Poti ist, wie bei den meisten Akustikverstärkern üblich, nicht parametrisch ausgelegt. Die Lautstärke wird mit Gain 1 bestimmt, der Taster Phase kehrt die Phasenlage des Signals um und wirkt damit Rückkopplungen im Mikrofonkanal entgegen.
Die beiden Klinkeneingänge (Piezo und Active) korrespondieren mit dem rechten Kanalzug, der für Instrumente bestimmt ist. Natürlich gehört das Instrument mit piezokeramischem Tonabnehmer in den Klinkeneingang, der auf den Namen “Piezo” hört. Eine E-Gitarre oder ein Keyboard kann man in den Eingang mit der Bezeichnung “Active” einklinken, allerdings sollte man die beiden Eingänge mit unterschiedlicher Impedanz nicht gleichzeitig belegen, zumal nur eine Klangregelung zur Verfügung steht. Mit den beiden Potentiometern Low und High richtet sich die Ausstattung auch eher an Minimalisten. Ob damit ein differenziertes Soundbild entworfen werden kann, werden wir noch hören. Die Lautstärke wird jedenfalls mit Gain 2 für den Instrumentenkanal und unabhängig von Gain1 geregelt. Das Master-Volume steuert den Gesamtausgangspegel des Verstärkers. Schließlich bietet der Sienna 65 Pro noch ein altbewährtes Hausmittel, um störende Frequenzen und Brummschleifen zwischen 50 Hz und 500 Hz zu unterdrücken. Dabei handelt es sich um den Feedback-Filter, einen speziellen EQ, mit dem sich ein extrem schmaler und tiefer Schnitt in den Frequenzgang vornehmen lässt. Dieser Filter wird mit einem Druck auf den Taster Feedback On/Off aktiviert bzw. deaktiviert. Die eigentliche Störfrequenz wählt das danebenliegende Poti. Der Feedback-Filter wirkt allerdings nur im Instrumentenkanal.

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Die Rückseite

Zusätzliche Effekte vermisst der Akustikgitarren-Purist erst mal nicht, zumal sich ein externes Effektgerät über den internen seriellen Effektweg an der Rückseite per Send- und Return anschließen lässt. In der rückseitigen Öffnung befinden sich nämlich fünf weitere Klinkenein- bzw. ausgänge, die man dort aber sehr leicht übersehen kann, weil sie nebeneinander aufgereiht praktisch in Richtung Boden zeigen.Der Vorteil liegt auf der Hand: Weil kein Stecker nach hinten absteht, kann der Combo nun direkt mit dem Rücken an der Wand geparkt werden und auf einer kleinen Bühne/Proberaum sind unter Umständen auch ein paar Zentimeter mehr Raumgewinn hoch willkommen. Außerdem sind die Stecker so vor dem Abknicken geschützt.

Fotostrecke: 3 Bilder Die offene Rückseite des Combos

Zwar gibt es eine Beschriftung an der Rückseite, aber direkt bei den Buchsen fehlt sie leider, weshalb man an dieser Stelle selbst die Initiative ergreifen sollte, um sich nervtötende Fehlversuche beim Aufbau zu ersparen. Mit dem ersten Klinkenausgang (ganz links) wird ein externer 8-ohmiger Lautsprecher verbunden. Der interne Lautsprecher schaltet sich in diesem Fall automatisch ab. Am nächsten Klinkenausgang Line Out wird die Summe abgegriffen und an einen Mixer oder ein Interface weitergeleitet, der Ausgangspegel wird mit Gain 1, Gain 2 und Master geregelt, wobei sich auch hier der interne Lautsprecher automatisch stumm schaltet. Leider kann der Combo dann auch nicht mehr als Monitor eingesetzt werden.
Die beiden Klinkenbuchsen Send und Return werden, wie schon erwähnt, zum Anschluss eines externen Effektgerätes benötigt. Der Pegel muss allerdings dann auch am externen Effektgerät geregelt werden, da es am Paneel des Combos keine Einstellmöglichkeiten gibt. Der fünfte Klinkeneingang (ganz rechts) wartet auf einen Fußschalter, der die internen Effekte ab- bzw. zuschaltet, und zwar separat für jeden Kanal.

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