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Kawai MP11 Test

Mit dem MP11 setzt der japanische Flügelbauer Kawai seine erfolgreiche Serie von Oberklasse-Stagepianos fort. Die MP-Serie ist unter anderem bekannt für ihre Tastaturen, die bei Kawai natürlich nicht von Fatar kommen sondern Eigenentwicklungen des Klavierbauers sind. Äußerlich ähnelt das MP11 auf den ersten Blick dem Vorgänger MP10. Im Inneren des Instruments, das der Hersteller als “Stagepiano für Pianisten” bewirbt, soll sich laut Kawai aber seit der letzten Ausgabe einiges getan haben.

Das Kawai MP11 ist zweifelsohne eine imposante Erscheinung
Das Kawai MP11 überzeugt mit guter Tastatur, gutem Pianosound und durchdachter Bedienung


Neue Tastatur, mehr Sounds, neue Effektalgorithmen, höhere Polyphonie, längere Samples, mehr MIDI-Funktionen – das MP11 geizt nicht mit Neuerungen. Geblieben ist aber das charakteristische, hohe Gewicht, das schon den Vorgänger zu einem Instrument für Überzeugungstäter machte. Diesmal sind es 32,5 kg geworden. Die Zielgruppe ist damit klar abgesteckt: ein Instrument für den anspruchsvollen Bandpianisten, der Wert auf eine gute Tastatur legt und Leute zum Mitanfassen hat.  

Details

Gehäuse

Eine besondere Eigenschaft der MP-Serie sind ihre hohen Aufbauten mit der typischen, „Klavier-mäßigen“ Stufe zwischen Tastatur und Bedienfeld. Auch das MP11 macht hier keine Ausnahme: Das Instrument ist sehr massiv gebaut, hat einen noch höheren Aufbau als das MP10 und an den Seiten die gleichen schönen Holzleisten. Damit strahlt es optisch eine Solidität aus, die man normalerweise akustischen oder elektromechanischen Instrumenten zuspricht. Man kann sich gar nicht richtig vorstellen, dass da etwas nicht funktionieren könnte, so mächtig und solide wirkt das MP11 von außen.
Das große Alleinstellungsmerkmal der Topmodelle der MP-Serie ist nun mal die Holztastatur und damit einhergehend das massive Gewicht. Kawai macht da dann auch den feinen Unterschied zwischen „Stage Pianos“ und „Portable Pianos“ und listet das MP11 unter die ersteren und nicht unter die Portables. Das soll nicht heißen, dass das MP11 nicht tragbar wäre, es ist ja keine Immobilie. Aber mal ganz im Ernst: Es gibt arbeitsrechtliche Bestimmungen am Flughafen und anderswo, wie schwer Sachen sein dürfen, die ein einzelner Mensch heben darf. Das MP11 ist ziemlich weit drüber und aufgrund seines Formfaktors auch nicht wirklich gut zu heben, obwohl man theoretisch auch alleine in die Griffmulden fassen kann. Ja, ein Rollkoffer hilft, aber dann gibt’s ja auch noch Treppen und in den Kofferraum muss das Ding ja irgendwie auch. Es muss bei der Kaufentscheidung einfach ganz klar sein: das MP11 kann und sollte man nicht alleine transportieren, möglichst noch nicht einmal aus der Kiste auf den Ständer. Mit dem mitgelieferten Dreifachpedal, einem Ständer und einem soliden Koffer sind wir locker bei über 45 kg.  

Fotostrecke: 5 Bilder Das MP11 soll ein “Stagepiano für Pianisten” sein

Auf dem Aufbau prangt, ganz wie bei einem Flügel, der Schriftzug KAWAI und will damit wohl noch einmal suggerieren, dass man es eigentlich doch nicht mit einem elektronischen Gerät zu tun hat sondern lediglich einer speziellen Variante eines Klaviers oder Flügels. Auf dem Aufbau finden wir dann eine relativ große, tiefe und plane Oberfläche, in die im vorderen Teil die zwei Wheels und die anderen Bedienelemente eingelassen sind. Nach hinten raus ist auf dem Bedienfeld noch recht viel Platz, ein kleiner Desktop-Synthesizer wie ein DSI Evolver oder Waldorf Blofeld hat da locker Platz. Sogar mein 13”-Laptop hat noch gut gepasst, wenn ich es so hingeschoben habe, dass es nicht direkt auf der “Panic”-Taste stand.
Das mitgelieferte Dreifachpedal ist ausgesprochen solide und steht sicher auf dem Boden. Das Sustainpedal ist Halbpedal-fähig, was bei genauerer Betrachtung bedeutet, dass es die 127 Schritte in Fünferschritten durchhüpft. Als wirklich stufenloser MIDI-Controller taugt es deshalb nicht, falls jemand das vorgehabt haben sollte. Ebenfalls mitgeliefert wird ein Notenhalter aus Metall, der oben aufgesteckt wird. Die Bedienungsanleitung kommt auf Deutsch und in gedruckter Form. Es gibt ja viele Fans von gedruckten Bedienungsanleitungen, aber die Nachteile sind natürlich die fehlende Durchsuchbarkeit und die Umweltverträglichkeit. Beim MP11 bekommt man gleich vier kleine Bücher in vier Sprachen, drei wandern also gleich in die Tonne.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Bedienelemente der Piano-Sektion

Bedienfeld

Für alle Bedienelemente des MP11 gilt: Sie sind ausgesprochen komfortabel zu bedienen, groß, meistens beleuchtet und angenehm schwergängig. Überhaupt hat sich an der Oberfläche zwischen MP10 und MP11 nicht viel geändert, aber Bewährtes muss man ja auch nicht ändern.
Ganz links liegen die beiden Räder für Pitchbend und Modulation. Sie sind schön groß und gut zu bedienen. Allerdings muss man beim Modulationsrad erwähnen, dass es sowohl im unteren Bereich als auch im oberen Bereich nicht sofort anspricht. So weiß man nie ganz genau, wann die erste Änderung erfolgt. Neben den Wheels kommt erstmal eine Weile nichts – und das ist sehr schön: Echtzeit-Controller sollten alleine stehen, damit man im Eifer des Solos nicht versehentlich etwas anderes verstellt. Nach dem Nichts folgen dann zwei Volume-Slider: Einer für die interne Klangerzeugung, der andere für externe Geräte, die man auf der Rückseite durch den Audioeingang einschleifen kann.
Danach folgen die drei Instrumentalsektionen für Klavier, E-Piano und die anderen Sounds, die von Kawai als Sub-Sektion bezeichnet wird. Aufgebaut sind die Bereiche praktischerweise alle ganz ähnlich, jede Sektion verfügt über die folgenden Elemente:

  • Ein/Aus-Schalter und Lautstärkefader
  • Auswahl einer Klangkategorie und eines Klangs
  • Tastaturbereich in dem der Sound gespielt werden soll
  • An/Aus-Schalter für Effekte, Hall und ggf. Amp-Simulationen

Beim Signalweg gibt es aber ein paar Unterschiede: Bei den akustischen Klavieren gibt es einen Brilliance-Regler, einen Multieffekt und den vom Vorgängermodell bekannten “Virtual Technician”, mit dem man den Klavierklang verändern kann. Bei den E-Pianos stehen zwei Effekte und eine Amp-Simulation zur Verfügung, während die Sub-Sektion nur mit einem Effekt aufwarten kann.
In den drei Instrumentenkategorien kann man je einen Sound spielen und bestimmten Tastaturbereichen zuordnen, man kann aber natürlich auch alle drei Sounds stapeln. Außerdem gibt es Zonen für vier externe MIDI-Instrumente, denen man weitere Tastaturbereiche zuweisen kann.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Display leuchtet blau und wird von vier Drehreglern flankiert

Rechts von den Instrumenten kommt dann auch schon das mittig gelegene Display, und ein Block mit Druckknöpfen für die Menüführung wie Cursor- und Yes/No-Tasten. Das Display ist schön blau, gerade noch groß genug und recht pixelig. Es ist in üblicher Fasson von vier Drehreglern umrahmt und darunter sind fünf Druckknöpfe zu finden. Mit diesen Knöpfen wählt man aus, was man einstellen möchte, und bekommt dann vier Parameter angezeigt, die man mit den Drehknöpfen verändern kann. Für den Livebetrieb kann man die Regler frei mit diversen Parametern belegen, die man dann im direkten Zugriff hat. Die Anordnung der Regler rechts und links neben dem Display bringt es leider mit sich, dass man beim Einstellen bisweilen mit der Hand die Anzeige verdeckt.
Rechts vom Display kommen die Abteilungen für Presetauswahl und globale Einstellungen sowie ein Equalizer, der auf alle Sounds einwirkt. Mit ihm kann man das Instrument in aller Schnelle auf unterschiedliche Raumsituationen einstellen – das freut den giggenden Pianisten. Weiter rechts folgt der Recorder, der bis zu 90.000 Noten aufnehmen kann und ein kleines Metronom mit Klick und Rhythmen mitbringt. Ganz am Ende gibt es dann noch eine Panic-Taste und zwei Knöpfe für System- sowie USB-Einstellungen.  

Fotostrecke: 7 Bilder Das MP11 von hinten

Anschlüsse

Der Kopfhöreranschluss ist vorne links unten, prima. Eine Buchse für einen USB-Stick ist vorne rechts über der Seitenleiste angebracht, da sitzt sie gut. Auf dem Stick kann man Einstellungen und Aufnahmen als MIDI- oder Audiodatei (MP3 / WAV) speichern. Auf der Rückseite befinden sich der Stromanschluss (vorbildlich als Kaltgerätebuchse) und der Netzschalter. Des Weiteren gibt es ein MIDI-Trio, einen USB-to-Host-Anschluss, der ebenfalls MIDI überträgt, drei programmierbare Fußpedalanschlüsse, zwei sehr bühnentaugliche, symmetrische XLR-Ausgänge mit Ground-Lift-Schalter, zwei Klinkenausgänge und zwei Klinkeneingänge.

Kommentieren
Profilbild von Paul

Paul sagt:

#1 - 25.10.2014 um 23:55 Uhr

0

Ich besitze das MP11 seit zwei Wochen und mir gefällt das Mellow Grand Piano am besten. Anfangs hatte ich ebenfalls ein starke Abneigung gegen den Attack des Klangs. Einerseits MUSS man sich mit dem virtuellem Techniker beschäftigen UND eine "User-Velocity-Kurve" vom MP11 errechnen lassen!!! Wirkt wahre Wunder! Ausserdem habe ich die meisten Tasten in der Lautstärke abgesenkt.
Es lässt sich die (Ver-)Stimmung leicht stretchen, was das ganze natürlicher klingen lässt und kann den Filz der Hämmer nach Härtegrad austauschen. Wie gesagt nach der Arbeit kommt beim MP11 erst das Vergnügen. Die schweren Tasten geniesse sehr, zuletzt habe ich die schreckliche TP40 im NP2 gespielt und bin froh, es verkauft zu haben.
Kritik wird von vielen Seiten am 3erPedal laut, welches Aussetzer hat, bzw. gerne falsche Werte sendet.
Lieber Tester, ich empfehle sich Zeit zu nehmen :) Übrigens steh ich auch nicht auf die Subsounds, wobei der Kontrabass eigentlich sehr brauchbar ist. Das erste Epiano klingt MEGAFETT, die Ampsimulationen sind erste Sahne. Die Rhythmen und das Metronom kommen mir als Jazzschüler entgegen, ebenso die WAV/MP3/Midi Aufnahmefunktion. Beste Grüsse Pawelko.

Profilbild von Claus

Claus sagt:

#2 - 08.03.2015 um 02:06 Uhr

0

Habe das MP11 nun seit ein paar Tagen.Der Hauptgrund mir das Teil zu kaufen war, möglichst einem akk. Klavier ähnlich (auch an unterschiedlichen Orten) zu üben und das Gespielte zu hören.Ergebnis:Die Klaviatur ist klasse und kommt einer Flügel-Klaviatur bereits recht nahe (Habe jahrelang auf einem 1,8er Bechstein Flügel gespielt). Abweichungen gibt es trotzdem: 3 Sensoren hin oder her, die Tastatur verzeiht dann doch eher Anschlagfehler als ein akk. Klavier.Die Zugriffsmöglichkeit auf die Einstellmöglichkeiten und die Menus sind sehr zu loben. Die Beschränkung auf die 40 Sounds zeigt auch hier, dass weniger mitunter mehr ist. Teilweise ganz ordentliche Flächensounds.Hinweisen möchte ich jedoch auf eins: Die ohne Frage recht gut gemachten Piano-Sounds sind m.E. leider immer noch recht weit vom Originalklang eines akkustischen Instruments entfernt (kenne allerdings auch kein anderes Stage Piano, dass näher dran ist). Speziell klassische Stücke klingen steril.Am besten hören sich die Piano Sounds noch mit Kopfhörern an (z.B. Beyerdynamic DT880 Edition) an. Experientiere aktuell noch mit Boxen / Monitoren, allerdings bisher noch kein Treffer.Für alle, die speziell eine authentische Klaviatur haben wollen ist das MP11 ganz sicher eine Empfehlung.Beste Grüße, Claus

    Profilbild von heber

    heber sagt:

    #2.1 - 25.12.2015 um 12:03 Uhr

    0

    Hallo Claus. Ich sehe das mit den Klängen und Tastatur genau so. Hast du schon passende Boxen gefunden oder neue Erkenntnisse? Ich spielte bisher nur mit Kopfhörern (Beyerdynamic DT-880 Pro). Vom Pianoklang hätte ich mir mehr erhofft.

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