Boutique statt Musik: Die Veränderung der Tin Pan Alley

Es ist das Schicksal einer kleinen Straße in London, “nichts von zentraler oder gar globaler Bedeutung” – könnte man meinen. Jedoch ist es nicht irgendeine Straße, sondern es ist die berühmte Londoner “Tin Pan Alley”, die legendäre “Denmark Street”.

Copyright: © Andrew Davidson /Creative Commons 3.0
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Symbolträchtiger für die schwierige Situation der Musikerwelt könnte es kaum sein. Seit geraumer Zeit kündigte sich an, dass die komplette Umgebung der Londoner Tottenham Court Road Station Gegenstand umfangreicher Sanierungen und Immoblilien-Investionen werden wird. Unmittelbar damit einhergehend steht auch der Niedergang der Denmark Street bevor, der wohl berühmtesten Strasse, in der die gesamte britsiche Musikindustrie ihren Anfang nahm. 

Dort wo die ersten Musikverleger mit gedruckten Noten handelten, die Rolling Stones ihr erstes Album aufnahmen, die Sex Pistols probten, in den Enterprise Studios erschwingliche Proberäume vermietet wurden und im 12 Bar Club viele Karrieren ihre Initialzündung erfuhren, sollen nun “Rock’nRoll” Luxusappartments entstehen. Betroffen sind nicht nur zahlreiche Musikgeschäfte, sondern auch etliche Gitarrenbauer, Ampreparaturwerkstätten und weitere wichtige Menschen, die das tägliche Musikerleben begleiten und die bald ihre zentrale Wirkungsstätte verlieren werden.

Wie schon in vielen anderen Londoner Stadtteilen, waren es die Kreativen, die sie gestaltet, lebenswert und zu dem gemacht haben, was sie lange Zeit waren: Lebendige, kulturell vielfältige und blühende Lebenszellen. Natürlicherweise hat das andere Menschen dazu bewogen, auch dort leben zu wollen. In Folge dessen übernahm das natürliche kommerzielle Gesetz von Angebot und Nachfrage. Stadtteile, in denen früher Liveclubs und Pubs das Strassenbild bestimmten, säumen nun ganze Reihen von Immoblilien- und Investmentbüros und sehen derart geputzt und gestriegelt aus, als wären sie dem Erstbezug geweiht.

Als Folge dessen können sich jene Menschen, die Ihre Viertel einst so lebenswert gestaltet haben, selber nicht mehr leisten dort zu wohnen. Stattdessen siedeln sich dort solvente Menschen aus aller Herren Länder zu exorbitanten Kauf- und Mietpreisen an, und die einst so vitale Subkultur weicht Designershops und endlosen Reihen globaler Trendschuppen ala Starbucks, Costa, Caffe Nero, Pizza Expess, Vapiano, Pret a Manger, etc. etc…

Es scheint wie ein fortwährender Fluch zu sein: Die Künstler müssen die Koffer packen und weiterziehen und alles was bleibt, ist eine Mischung aus globalem Kaffeehausambiente, einigen Alibiexponaten mit Museumscharakter und einer gehörigen Portion “Shopping Mall Flair”, dafür aber mit jeder Menge Plasmabildschirmen, Hi Speed Internetzugang und sicher auch bald gezielter personifizierter Werbung per Gesichtserkennung….Wen wundert es da noch, das eines der Google Head Offices in London direkt um die Ecke von “Tin Pan Alley” liegt?

Die einzige Konstante im Leben ist Veränderung, das ist wohl wahr – aber muss der einzige Wegweiser, dem wir zu folgen wagen, ausschließlich mit Banknoten bedruckt sein?

Wer mehr zu diesem Thema erfahren möchte, sollte sich den “Save Tin Pan Alley” Report anschauen. Und das, was daraus werden soll könnt ihr hier nachlesen.

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