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Boss RC-300 Test

PRAXIS

Bei den nur auf den ersten Blick zahlreichen Bedienelementen findet man sich sehr schnell zurecht und das zweizeilige Display mit Volltext-Anzeige hilft enorm, die Funktionsweise des RC-300 nach kurzer Eingewöhnung auch ohne den ständigen Blick in die Anleitung zu verstehen.
Es gibt vier Drehpotis für alle Audiopegel der physischen Ein- und Ausgänge (Master, Rhythm, Aux, Inst, Mic) und drei Schieberegler zur unabhängigen Pegelung der drei Spuren. Alle Eingangspegel zeigen mithilfe einer Peak-LED an, wenn sie übersteuert werden. Neben zahlreichen, aber immer selbsterklärenden und beleuchteten Tastern findet sich auch ein digitales Endlospoti zur Einstellung aller Parameter-Werte.

Die drei Spuren (Track 1, 2, 3) verfügen jeweils über zwei Fußtaster, von denen der linke die Loop-Modi steuert (Play, Rec & Overdub) und der rechte standardmäßig eine Stoppfunktion hat. Über eine umschaltbare Doppelbelegung kann man mit den Fußtastern der Spur 1 durch die Speicherplätze schalten und mit den Tastern der Spur 3 zwischen Effekttypen wechseln. Der mit Loop FX bezeichnete Fußtaster schaltet die Effekte an und aus und sorgt nach mindestens zwei Sekunden Drücken für das Umschalten der oben beschriebenen Doppelbelegung auf Spur 1 und Spur 3. Klingt kompliziert, ist es aber nach kurzer Eingewöhnung nicht.
Will man zwischen den Betriebsarten Record, Overdub und Play wechseln, funktioniert das wie bei den beiden kleineren Boss-Loop-Stations: Man tippt sich einfach mit einem Pedal von Modus zu Modus. Es können aber auch alle sechs Taster nach eigenen Vorlieben mit alternativen Funktionen belegt werden, eine individuelle Anpassung der Schaltreihenfolge von Record, Overdub und Play lässt sich ebenfalls vornehmen. Ein All Start/Stop-Fußtaster hält die ganze Loop-Bande auf Wunsch gleichzeitig in Schach, was bei drei Spuren auch nicht anders zu machen ist. Das ausreichend große Expression-Pedal findet man ganz rechts auf der Gehäuse-Oberseite. Das gesamte Layout ist funktional und geht trotz der Vielfalt an Bedienelementen noch als live-tauglich durch. Die Einbindung optionaler Fußtaster oder Expression-Pedale und deren Belegung mit bestimmten Funktionen ist ein Segen, um umständliche Doppelbelegungen von Tastern zu umgehen und sich die Bedienung der Kernfunktionen an die eigenen Vorlieben anzupassen. Diese Belegungs-Freiheit gilt übrigens auch für das interne Expression-Pedal.

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Weniger live-tauglich, aber dafür umso spannender sind die vielfältigen Möglichkeiten, auf zahlreiche Parameter im System Einfluss zu nehmen. Von einem sehr umfangreichen, komfortablen Audio-Routing bis zum Kopieren und Tauschen von Loops zwischen den Spuren befinden sich beim RC-300 zwar einige der interessantesten Funktionen in tiefer liegenden Menüebenen, dies tut dem Bastelspaß an einer wirklich individuellen Konfiguration aber keinen Abbruch. Zumal so relevante Parameter wie die gewählten Audio-Ausgänge, die Lautstärke, der Aufnahmepegel, die Play- und Stoppmodi und die Sync-Optionen mit den dazugehörigen Phrasen in den 99 Speicherplätzen abgelegt werden können. Die nötige Planung vorausgesetzt, lassen sich so auch extrem komplexe Song-Abläufe regelrecht „programmieren“.

Audio Samples
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Loop-Song

Auch die Auswirkung des Expression-Pedals auf verschiedene Parameter der Effekte kann man sehr detailliert festlegen, was durchaus den Spieltrieb weckt – wer steht nicht auf einen per Pedal modulierten Filter? Die Effektsektion in der RC-300 ist wirklich alltagstauglich und die einzelnen Effekte in den Kategorien Transpose, Modulation, Voice, Guitar und Other decken gekonnt den speziellen Bedarf nach interessanter Klangmanipulation ab. Gleichzeitig überfrachten sie den Nutzer nicht mit unverständlichen Detail-Parametern. Vom einfachen Delay und einem modulierbaren Panner bis zu Transpose- und Slicer-Effekten ist alles an Bord. Neben Chorus- und Flanger/Phaser-Presets findet man auch Distortion, Time-Bender und Lofi-Effekte, von denen sich jeder auf das Eingangssignal routen und mit aufnehmen lässt, sodass bei der Aufnahme jede Spur mit einem eigenen Effekt versehen werden kann. Aber auch bei der Wiedergabe lässt das flexible Routing eines Effekts auf einzelne Spuren und sogar bestimmte Ausgänge ausreichend Spielraum für kreative Soundgestaltung. Auf dem Main Stereo-Ausgang liegt zusätzlich zu den Effekten ein zwar nur sehr simpel von 0 bis 100 regulierbarer Hall, aber trotzdem schön, dass es ihn gibt.

Audio Samples
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Bass und Chorus Filter Phaser Timestretch – 10 bpm Timestretch + 10 bpm Transpose

Die eingebaute Rhythmus-Sektion ist zum Tempohalten und Rumspielen schon sehr brauchbar, wirklich als Songbestandteil nutzen werden die zahlreichen Pattern in Takt-Ausführungen zwischen 2/4 bis 15/8 aber trotzdem wohl die wenigsten, dafür klingt es dann doch zu sehr nach Konserve. Die Audioqualität der eigenen Aufnahmen ist dank 16 bit Auflösung und einer Abtastrate von 44.1kH als gut zu bezeichnen, es wurden offensichtlich vernünftige Wandler verbaut, und die Signalrouting-Optionen des RC-300 erweist sich als wirklich vorbildlich. Benutzt man geschickt die Panorama-Regelung, lassen sich für alle ausgehenden und auch die eingehenden Signale quasi vier einzelne Mono-Ausgänge nach Wunsch beschicken, das ermöglicht z.B. im Live-Betrieb ein weiteres Bearbeiten und Pegeln der Loops am FOH-Platz und erweitert die professionellen Einsatzmöglichkeiten enorm.

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Beat-Examples

Einen interessanten praktischen Nutzen haben die unterschiedlichen gut ausgetüftelten Loop- und Sync-Modi. So wird z.B. für jede eingespielte Phrase auf Wunsch ein eigenes Tempo ermittelt, wobei der RC-300 dann die Möglichkeit bietet, dieses bei Bedarf zu Synchronisationszwecken zwischen den Spuren zu dehnen und zu stauchen, unter Beibehaltung der Tonhöhe natürlich. In Maßen angewandt arbeiten die eingesetzten Timestretch-Algorithmen ohne allzu deutliche Klangverschlechterung und verhelfen der Performance sogar mit einer „Quantize“-Funktion zu stets sauberen Loops. Die können nämlich so in ihrer Länge automatisch einer Taktart und dem Tempo angepasst werden. Einzelne Spuren lassen sich natürlich auch völlig von jeglicher Temposynchronisation ausschließen. Von Riesenvorteil ist auch, die Spuren in Takte einteilen zu können, ein geordnetes „Arrangieren“ und Synchronisieren von Phrasen macht so erst richtig Spaß. Die Möglichkeit, Loops rückwärts abzuspielen (REVERSE) und auf verschiedenste Arten in Abhängigkeit von anderen zu starten, zu stoppen oder sogar zu faden erweitert das Funktionsspektrum des RC-300 weit über das klassische Loopen hinaus.

Der Austausch von WAV-Files mit PCs und MACs oder das geniale Feature, die Loop-Station über USB im normalen Loop-Betrieb gleichzeitig wie ein Standard-Audio-Interface an einem Rechner zu betreiben, funktionieren tadellos und eröffnen neben einer Back-Up-Funktion eine Menge weiterer Möglichkeiten der Integration. So macht der RC-300 auch in professionellen Live- oder Studio-Setups eine gute Figur.
Eigentlich sprengen die unzähligen Einsatz- und Konfigurationsmöglichkeiten den Rahmen jeder Review – viele der Funktionen wollen genauer erforscht und dann an persönliche Bedürfnisse angepasst werden. Um ein Studium des Handbuchs wird die Zielgruppe der Power-User nicht herumkommen.

Kommentieren
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Ron sagt:

#1 - 03.02.2015 um 14:44 Uhr

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Das dieser Looper der best ausgestattete ist, kann nur einer schreiben, der noch nie einen echten Highend Looper gesehen hat. Theoretisch hat er viele Funktionen. Praktisch kann man nur wenige in einem Loop Song nutzen. Die Soundquali lässt ebenfalls dazu wünschen übrig. Viel Geld für ein schlecht durchdachtes Konzept.

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Jan sagt:

#2 - 28.05.2015 um 10:43 Uhr

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Ron welchen Lopper empfiehlst du?
Ich habe diesen Looper und arbeite schon eine ganze Weile damit. Aber ich habe einige Punkte die mich stören, deshalb halte ich ausschau nach neuen/anderen Produkten.

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