AudioEase Altiverb 7 Test

Seit Jahren ist die niederländische Firma AudioEase mit ihrem Software-Reverb Altiverb DIE Instanz, wenn es um die Reproduktion authentischer Raumeindrücke geht. Im Gegensatz zu algorithmischen Prozessoren, die mittels Abstraktionen in Form von Delays und Modulationen den Effekt des „Raumeinflusses“ nachzubilden versuchen und dabei gekonnt übertreiben, erzeugt Altiverb seine Resultate durch die mathematische Operation der Faltung.

Altiverb-01_Aufmacher

Zu Manipulationszwecken kommen zwar auch bei einem Faltungshall Algorithmen zum Einsatz, doch am Anfang steht immer eine aufgezeichnete Impulsantwort. Und dabei ist es egal, ob diese nun von einem „echtem“ Raum oder einem anderem Gerät im weitesten Sinne stammt. Der Altiverb-Untertitel ist daher sehr klug gewählt: „Sampled Acoustics Processor“. Nummer 7 kommt erwartungsgemäß voller netter kleiner Neuerungen, die das GUI vor allem intuitiver und schneller bedienbar machen sollen sowie natürlich – ihr habt es erraten – mit noch mehr Impulsantworten! Na das schauen wir uns doch mal genauer an.

DETAILS

Altiverb 7 ist ein 64-Bit-Software-PlugIn inklusive 32-Bit-Version zur Nachhallerzeugung in den Standardformaten VST, AU, RTAS, MAS und TDM (Altiverb 7 XL) für die Mac OSX Plattform. Als Kopierschutzsystem kommt der iLok zum Einsatz. Windows-Usern bietet sich bisher noch kein Update, es sollte aber folgen. Alle Käufer von Altiverb 6 der Jahre 2010 und später erhalten das Update übrigens kostenlos.


Bevor ich mich auf die wichtigsten Details und vor allem die Neuerungen stürze, möchte ich kurz darauf hinweisen, dass allgemeinere Sachverhalte bereits in unserem älteren Altiverb 6 Test erörtert wurden.

Altiverb in mehreren Ausbaustufen. Die XL-Variante richtet sich vor allem an die Profis der Post-Pro
Altiverb in mehreren Ausbaustufen. Die XL-Variante richtet sich vor allem an die Profis der Post-Pro

Traditionell erhält man Altiverb in mehreren Ausbaustufen: Altiverb 7 und Altiverb 7 XL sowie das All-In Bundle, was neben Altiverb 7 XL auch Speakerphone und den Wave-Editor Snapper enthält. 


Die XL-Variante richtet sich vor allem an die Profis der Post-Pro, da diese Version, neben exklusiver TDM-Unterstützung, vor allem die erhöhte Surround-Kanalanzahl bis 5.1 bietet. Die „normale“ Version hingegen beschränkt sich auf die nativen Schnittstellen sowie auf Stereo und bringt es auf maximal 96 kHz. Die „abgespeckte“ Version kostet aber auch nur rund die Hälfte und bietet sich vor allem für Musikproduzenten an. Die Library ist in beiden Fällen gleich groß.

Offensichtlichste Neuerung ist die jetzt schwarze und neu aufgeräumte, grafische Benutzerschnittstelle. Die Bedienelemente wurden neu gruppiert und übersichtlicher angeordnet. Spezielle Funktionen können in Ausklappmenüs verborgen werden, wodurch im Alltagsgeschäft alles schön übersichtlich bleibt. Der Library-Browser wurde ausgelagert und öffnet nun in einem zweiten Fenster, was allein schon aufgrund der neuen Größe mehr Übersichtlichkeit bietet. 

Die mittlerweile riesig gewordene Library von Impulsantworten in Altiverb bietet neben ausgefallenen und konventionellen Räumen traditionsgemäß auch das berühmte „Who-Is-Who“ weltweiter Top-Recording-Studios sowie Raumantworten vieler historischer Kathedralen, Kirchen und sonstiger „Tempel“, wozu ich unter anderem auch Bühnen und Stadien zähle. Aber auch allerhand „Gear“ a la Lexicon, EMT und Co fand ihren Weg in die Library. Kurz um: Altiverb ist mächtig!

Inhaltlich war die Library auch schon immer sehr liebevoll und umfassend gestaltet. So bot sie neben der eigentlichen Impulsantwort auch immer reichlich mehr an Informationen in Form von Text und Bild des Aufnahmeortes, der verwendeten Mikrofonierung und ähnlichem. Das bleibt auch bei der neuen Version so, allerdings wurde das Layout entsprechend geändert.

Der neue Button „Similar“ zeigt einem nun auch ähnlich klingende Räume zur bereits ausgewählten Impulsantwort auf. Komfortabel und neu ist auch die Stichwortsuche. Allerdings ist diese nur der englischen Sprache mächtig. Suchbegriffe wie „wooden“, „live“ oder „toilet“ bringen dann entsprechende Ergebniscluster. Nicht schlecht, und vor allem beim täglichen Einsatz sehr zeitsparend.

Es gibt für ein und denselben Raum oftmals auch mehrere Impulsantworten, da unterschiedliche Positionierungen des Aufnahmeequipments nun mal auch unterschiedliche Raumklänge zur Folge haben. Dazu zählen selbstverständlich auch unterschiedliche Stereo- und Mono-Versionen.

Wem auch das nicht genügt, sei verraten, dass AudioEase auf der eigenen Webseite regelmäßig neue Impulsantworten zur Verfügung stellt und die Library somit ständig kostenlos weiter wächst. Dem Folge getragen, findet sich nun auch direkt im Altiverb-PlugIn eine Möglichkeit, online nach neuen Antworten zu stöbern und sie auch entsprechend komfortabel herunterzuladen. Das macht Sinn.

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Wer sein eigenes Glück versuchen möchte, kann jetzt – viel komfortabler als vorher – eigene Impulsantworten laden. Prinzipiell lässt sich jedes beliebige Stück Audiomaterial verwursten, allerdings wird das Ergebnis dementsprechend mehr oder minder experimentell. Realitätstreue Impulsantworten erhält man am besten mittels Sinus-Sweep, über große und lineare Lautsprecher wiedergegeben. 

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Aber auch Impulse, wie die von einer Schreckschusspistole oder Filmklappe, eignen sich für die Generierung solcher Impulsantworten vorzüglich. Für einige dieser Methoden liefert Altiverb sogar firmenspezifische Korrekturfilter mit, was extrem realistische Ergebnisse bei minimalem Aufwand verspricht. Das ist vor allem für Filmleute interessant, die in der Post-Production trockene Studioaufnahmen ganz unkompliziert mit dem echten Raumklang des Locationsound mischen müssen. 

Wenn der „Knall“ einer Filmklappe im entsprechenden Raum mit aufgezeichnet wurde, kann daraus anschließend in der Dialogbearbeitung der entsprechende Altiverb-Reverb erzeugt, dem trockenen Signal hinzugemischt und so die Illusion erzeugt werden, als wäre das Ganze im gleichen Raum mit aufgenommen wurden. Wie genau das geht und was man dabei noch beachten sollte, erklärt  Arjen von AudioEase so gut, dass ich mir das schenken werde und euch stattdessen die beiden entsprechenden, englischsprachigen YouTube-Links präsentieren möchte:

Weiterhin kann, wie bereits auch in der älteren Version, die Impulsantwort gehörig verbogen werden. So werden gezielt die Moden einer Impulsantwort gedehnt oder gestaucht (Size), als auch – ganz wichtig – Hallfahnen verkürzt oder verlängert (Reverb-Time). Mit der Damping-Sektion kann eine unterschiedliche Dämpfung im Bass-, Mitten- und Höhenbereich vorgenommen werden. Erstreflexionen können wiederum über die Time-Parameter modifiziert werden, auch die Verhältnisse von Direkt-, Early- und Tail-Signal werden hier eingestellt. Über das neue GUI geht die Bedienung vor allem recht intuitiv und untechnisch vonstatten. Die flinke Visualisierung der Wellenform bzw. des Wasserfall-Diagramms erklärt im Zweifelsfall den Rest.

Neu ist eine Gated-Verb-Funktion, die sowohl mit absoluten Zeitangaben als auch mit relativen Notenwerten synchron zum Host-Tempo etwas anfangen kann. Auch neu hinzugekommen ist die Modulation-Sektion innerhalb der Time-Parameter, welche die Hallwolke, wie bei einem algorithmischen Reverb, andicken kann. Ein leichter Chorus auf den ersten Reflexionen sorgt so für eine frequenzspektrale Erweiterung, was wiederum Intonations-Unstimmigkeiten gekonnt schattieren kann und für „bigger-than-live“ unerlässlich ist.

Und für alle, die bisher den „Sparkle“ der teuren 19-Zoll-Hardware-Geräte vermisst haben, hält AudioEase noch eine weitere Überraschung parat. Bei den neuen Regler „Bright“ handelt es sich um einen algorithmischen Hallanteil, der dem Sample hinzugemischt werden kann. Das Ergebnis entspricht dabei nicht etwa der Wirkung eines EQs (Höhenverstärkung), sondern vielmehr der eines Exciters (Höhengenerierung).Die Library ist also erst der Anfang des ganzen „Wahnsinns“.

Altiverb ist nun außerdem voll automatisierbar und damit Total-Recall-fähig. Der ehemalige Umweg über Snapshots muss also nicht mehr zwingend gegangen werden. Er wurde zuliebe der Abwärtskompatibilität aber weiterhin an Board behalten.


Einen eingebauten EQ zur schnellen Anpassung der Klangfarbe des Wet-Signals befindet sich ebenfalls an Deck, bedarf, folgendem Screenshot nach zur Folge, aber keiner weiteren Erklärung.

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